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Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition)

Titel: Gruppenbild mit Dame: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Böll
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bestätigt, und sie verbringt nun viel Zeit bei Ärzten, läßt sich »von oben bis unten und kreuz und
     quer« untersuchen, weil sie dem Baby »ein gutes Heim bereiten will« (Leni wörtlich nach Sch.). Die Befunde des Internisten,
     des Zahnarztes, des Orthopäden, des Urologen sind hundertprozentig negativ; lediglich der Psychiater macht einige Einschränkungen,
     er hat eine gänzlich unbegründete Schädigung des Selbstbewußtseins und eine erhebliche Umweltverletzung festgestellt, hält
     das alles aber für heilbar, sobald Lev aus dem Gefängnis entlassen ist. Sie soll dann – »und das ist wie ein verordnetes Medikament
     zu betrachten« (der Psychiater lt. Sch.) – sooft wie möglich Arm in Arm mit Mehmet Şahin und Lev offen spazierengehen. Was
     der Psychiater nicht begriffen hat, ebensowenig wie Schirtenstein, sind die Alpträume, in denen Leni offenbar von einer Egge,
     einem Brett, einem Zeichner und einem Offizier heimgesucht wird, auch wenn sie in Mehmets tröstenden Armen eingeschlafen ist.
     Es wird dies – zu simpel und gänzlich unzutreffend, wie der Verf. beweisen könnte – als »Witwenkomplex« bezeichnet, auch –
     und ebenfalls unzutreffenderweise – auf die Umstände zurückgeführt, unter denen Leni Lev empfing und gebar. Diese Angstträume |447| haben keineswegs, wie auch Klementina weiß, mit Grüften, Bombenangriffen, Umarmungen während derselben zu tun.
     
    Langsam, indem der Verf. erst in Mainz, dann in Koblenz, ein drittes Mal in Andernach Station machte, in einem wohlabgewogenen
     Stufenplan den Übergang erleichternd, gelang es dann schließlich doch, Klementina nach »Nordmainien« zu entführen. Neben der
     landschaftlichen wurden auch die menschlichen Begegnungen vorsichtig abgestuft; zunächst Frau Hölthohne, ihrer Bibliothek,
     der kultivierten Atmosphäre und der Fast-Nonnigkeit ihres Milieus wegen; auch gebildete Menschen haben Anspruch auf Rücksicht.
     Ein gelungenes Treffen, das Frau Hölthohne mit einem heiser geflüsterten »Ich gratuliere« beendete (Wozu? Der Verf.). Als
     nächster B. H. T., der durch eine phantastische Zwiebelsuppe, vorzüglichen italienischen Salat und gegrilltes Steak glänzte
     und begierig jedes, aber auch jedes Detail über Rahel Ginzburg, Gerselen etc. aufsog; der, da er Zeitungslektüre verachtet,
     nichts von dem inzwischen sicher beigelegten Skandal wußte, der dann beim Abschied flüsterte: »Sie Glücklicher«. Grundtsch,
     Scholsdorff und Schirtenstein waren wahre Bombenerfolge: der erstere wegen seines »natürlichen Gebarens«, wohl auch, weil
     die verführerische Tristesse von alten Friedhöfen nie ihre Wirkung verfehlt; Scholsdorff, weil er nun einmal eine wahre Charmebombe
     ist: wer könnte ihm widerstehen? Er ist so gelöst, seitdem er eine reale Basis gefunden hat, Leni dienlich zu sein, außerdem
     ist er als Philologe ja Klementinas Kollege, und die beiden verfielen rasch bei Tee und Makronengebäck in eine leidenschaftliche
     Auseinandersetzung über eine russisch-sowjetische Kulturepoche, die K. Formalismus, Scholsdorff Strukturalismus nannte. Schirtenstein
     dagegen fiel ein wenig ab, er klagte |448| allzusehr über das Intrigieren und den Wagnerianismus gewisser pseudo-jugendlicher Komponisten, beklagte auch offen, mit einem
     schmerzlichen Blick auf K. und einem noch schmerzlicheren in den Hof hinein, daß er sich nie an eine Frau, keine Frau an sich
     gebunden habe; er verfluchte das Klavier und die Musik, ging in einem Anfall von Masochismus ans Klavier und hämmerte fast
     schon selbstzerstörerisch »Lili Marleen« herunter, entschuldigte sich dann und bat mit trockenem Schluchzen, ihn »mit seinem
     Schmerz allein zu lassen«. Wes Art dieser Schmerz sein könnte, wurde bei dem unvermeidlichen Besuch bei Pelzer klar, der inzwischen
     – innerhalb der etwa fünf Veitshöchheimer, Schwetzinger oder Nymphenburger Tage – fürchterlich abgemagert ist; in Gegenwart
     seiner Frau Eva, die mit müder, aber sympathischer Melancholie Kaffee und Kuchen servierte, ein paar generell resignative
     Bemerkungen machte, in ihrem recht bekleckerten Malerkittel nicht ganz echt wirkte, elegische Konversation trieb – über Gegenstände
     wie Beuys, Artmann, die »sinnvolle Sinnlosigkeit der Kunst«, wobei sie reichlich aus einer seriösen Tageszeitung zitierte
     –, dann aber zu ihrer Staffelei zurückmußte, »ich muß einfach, entschuldigen Sie mich bitte!« Pelzer sah besorgniserregend
     aus. Er sah Klementina an, als

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