Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
Ding, die abscheuliche Vereinigung von angehäuften Sünden und Schmerz und Leid, bewegte sich auf Linda und Ronnie zu.
Es wollte ein letztes Abendmahl.
Mama Bet blickte das Ding an, das sein eigener Vater war, das Ding, das sie mehr an der Nase herumgeführt hatte, als irgendjemand anderen, und die Wut begann, sie von innen zu verzehren. Es begann in ihrer Brust, wo sich der kleine Schlammklumpen eingenistet hatte, und breitete sich auf ihre Haut aus. Ihr Kopf fühlte sich an, als ob er glühte, als ob eine Macht aus dem Jenseits ihre Haare in Brand gesteckt hätte.
Kraft floss in ihre altersschwachen Glieder, eine Kraft, die von Selbstverachtung gespeist wurde.
Opfer waren die Währung Gottes.
Und verdammt sollte sie sein, wenn sie nicht wusste, was Opfer bedeuteten.
Ronnie trat vor seine Mutter, um sie zu schützen, obwohl der unheimliche Berg aus Schlamm der schlimmste Alptraum war, den es jemals gegeben hatte.
Mom versuchte, ihn zurückzuziehen, aber er schüttelte ihre Hände ab. »Ich muss das tun, Mom«, sagte er vergeblich darum bemüht, dass sich seine Stimme nicht überschlug.
»Nein, Ronnie«, sagte sie.
»Wenn ich mich ihm ausliefere, genügt es vielleicht. Das ist alles, was es will.«
Das hoffe und bete ich. Denn wenn es mich aufnimmt und ich bin voll mit Jesus, dann wird es auch voll mit Jesus sein.
Obwohl er vor Tränen kaum etwas sehen konnte, wusste er, dass er das Richtige tat. Nach all den Sünden des Herzens, all den selbstsüchtigen Taten, war dies etwas, das er für die ganze Welt tun konnte. Er würde sein Leben geben, damit die Welt leben konnte. Und wenn ihn Mom stark genug liebte, würde sie ihn auch aufgeben.
Sein Herz, das aus Furcht zusammengeschrumpft war, fühlte sich nun leicht und warm in seiner Brust an. Er wurde von einer seltsamen Ruhe übermannt. Das Ding konnte ihn essen, ihn ersticken, ihn zerreißen, was auch immer es wollte, aber es konnte niemals sein wirkliches Ich berühren.
Den Teil von ihm, der sich in seinem Herzen befand.
Gemeinsam mit Jesus.
Denn Jesus war dort, groß und glücklich und mutig. Jesus war immer dort gewesen, nur wurde Ronnie jetzt klar, dass man ihn manchmal nicht sehen konnte, weil man zu sehr von seinem eigenen Kummer und Sorgen und Träumen abgelenkt wurde. All die kleinen egoistischen Dinge.
Aber Jesus blieb ganz fest dort in einem, egal was passierte.
Und Ronnie wusste, dass Jesus nicht eingreifen und ihn vor dem Monster retten würde.
Denn Jesus hatte ihn bereits gerettet.
Er riss sich von Mom los und trat vor, um der Umarmung des Monsters zu begegnen, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Der Schmerz in seiner Nase und seinem Herzen war nun so weit entfernt, wie der Himmel nah war.
Mama Bet hob das Gewehr auf.
Sie zweifelte nicht daran, dass Archer sterben konnte, ja, sterben würde . Und nur sie, die ihm das Leben geschenkt hatte, konnte ihn befreien. Schließlich war ihr Opfer das größte von allen. Sie gab ihren eingeborenen Sohn auf.
Ihre vom grauen Star gezeichneten Augen fixierten den Schlammhaufen, der nur noch Zentimeter von dem Jungen entfernt war.
Natürlich, der Junge bedurfte der Reinigung – in ihm floss das furchtbare und befleckte Blut der Days –, aber die Sünden der alten Familien waren nichts in Anbetracht der gotteslästerlichen Karikatur eines Engels, die da vor ihr herumschlurfte.
Engel fielen nicht aus dem Himmel. Sie erhoben sich aus der Substanz der Erde.
Ihre Eingeweide schmerzten beim Gedanken daran, dass sie dieses Ding in ihrem Bauch beherbergt hatte, dass es wuchs, während es von ihrer Kraft zehrte, und schließlich unter dem Deckmantel eines Wunders auf die Welt gekommen war.
»Archer«, rief sie mit der ganzen Kraft, die sie aufbringen konnte. Ihre zuckerkranken Beine zitterten, als sie mit dem Gewehr zielte. Der Schlammhaufen drehte sich um, die Schwarte seines Gesichts wogte. Der Schlamm veränderte sich und nahm Archers menschliche Züge an.
»Mutter?«, sagte er mit großen Augen, flehend und so verdammt unschuldig. Als ob er niemals in seinem Leben einen bösen Gedanken gehabt hätte. Als ob Gott seine Augen aufleuchten ließ, ein heiliger Glühfaden, der in diesem herrlichen, hübschen Kopf brannte.
Mama Bet zögerte. Sie hatte dieses Ding gestillt. Hatte ihm Gute-Nacht-Geschichten erzählt. Es mit Dutzenden von wertlosen Sündern gefüttert. Bestimmt gab es zumindest einen guten Aspekt an ihm, eine Sache, die die Liebe einer Mutter wert war.
»Archer«, flüsterte sie.
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