Guardian Angelinos (03) – Sekunden der Angst
schrieb:
Sehen Sie sich heute Abend die Oscar-Verleihung an?
Ihre Antwort war schnell wie der Blitz.
Natürlich!
Haben Sie der neuen Mandantin Ihren Kokolores verkaufen können?
Er drückte etwas zu kraftvoll auf Senden, als könnte er sie damit zum Antworten bewegen. »Scheiße«, knurrte er.
Kokolores!
J
Was zum Teufel sollte das bedeuten? Bevor er nachhaken konnte, schrieb sie wieder.
Muss mich beeilen, Lang. Schön zu wissen, dass Sie mich vermissen. Bis bald.
Vielleicht,
tippte er, dann löschte er das Wort wieder. Er hatte einen besseren Plan.
3
»Ich muss dir was sagen, Vivi.« Cara Ferrari beugte sich in dem großzügigen Innenraum der Limousine zu ihr hinüber, und die weiche LED-Beleuchtung warf einen bläulichen Schimmer auf ihre blasse Haut.
»Was denn?«
»Ich habe Angst.« Ihre Stimme brach unter diesem Eingeständnis, und sie schloss die Augen, lediglich geschmückt von einem Paar violetter Ringe und noch größer wirkend in dem schmalen angespannten Gesicht, weil sie ihr Haar am Hinterkopf zu einem nachlässigen Pferdeschwanz zusammengebunden hatte.
Seit sie in der Garage von Caras Haus in Brentwood in die Limousine gestiegen waren, hatte die Schauspielerin geschwiegen. Hinter ihnen fuhr eine zweite Limo mit dem Rest der Entourage. Dazu gehörten Bridget, die Stylistin, die sich alle Mühe gegeben hatte, Vivi in eine Kopie von Cara Ferrari zu verwandeln, Marissa, die Assistentin, und ein Publizist namens Leon, der Cara überallhin folgte. Ein drittes Fahrzeug war voller Bodyguards.
Nur Joellen Mugg leistete Vivi und Cara in der ersten Limousine Gesellschaft, die unerlässliche Klettenschwester, die, wie Bridget gewarnt hatte, die meiste Zeit ziemlich fertig herumhing. Jetzt fläzte sie sich in einer Ecke, mit Stöpseln in den Ohren, einem iPod in der Hand, die Augen geschlossen. Sie benutzte immer noch den weniger glamourösen Nachnamen, mit dem die beiden auf die Welt gekommen waren, und sie nannte Cara weiterhin bei ihrem Geburtsnamen, Karen.
Sie sahen sich überhaupt nicht ähnlich, aber Joellen nutzte jede Gelegenheit, die Worte »meine Schwester« einzuflechten, wenn sie über Cara redete. Doch meistens versteckte sie sich hinter einer Flasche und einem iPod, und Vivi war ihr bisher möglichst aus dem Weg gegangen.
»Hab keine Angst«, antwortete Vivi auf Caras Geständnis. »Wir haben einen Plan, und er ist gut. Du bist in Sicherheit.«
Cara blickte zweifelnd und wirkte verletzlicher als in den letzten Tagen, fand Vivi. »Und was ist mit dir?«
»Ich bin Profi«, sagte Vivi. »Wir werden uns in Nantucket verschanzen und nur ein paar sporadische Auftritte hinlegen, um die Paparazzi in dem Glauben zu lassen, sie hätten dich vor der Linse.«
»Was, wenn der … Mörder auftaucht?«
Sie bezweifelte wirklich, dass einer auftauchen würde, aber für eine Million Mäuse war ihr logischerweise daran gelegen, dass Cara glaubte, dass sie ihr Geld wert war. »Dann fassen wir ihn«, versicherte Vivi ihr mit einem Lächeln.
»Um noch mal auf unseren Plan zurückzukommen …«, begann Cara, eine Hand auf Stellas Fell, die sich lang ausgestreckt an Caras Oberschenkel drückte und die Schnauze in deren Schoß ruhen ließ. Mit der anderen Hand hielt sie immer noch die kleine Goldstatue fest. Die musste schon ganz heiß sein vom fast vierundzwanzig Stunden langen Nonstop-Festhalten. Cara hatte das Scheißding nicht mehr abgestellt, seit man es ihr auf der Bühne überreicht hatte.
»Was ist damit?«, forschte Vivi.
»Ich werde den Plan ändern.«
Vivi blieb ganz ruhig, trotz des Ganzkörperunbehagens, das durch die Extensions ausgelöst wurde, die an ihren Haaren ziepten, den falschen Wimpern, die an den Augenlidern zwickten, den Stöckelschuhen, die ihr zunehmend die Zehen zerquetschten, und jetzt meldete sich auch noch ihr sechster Sinn, dass ihr diese Änderung vermutlich nicht gefallen würde.
Laut Plan folgte nun Vivis Testlauf als Cara, es war die schwierigste Feuerprobe von allen: der Spießrutenlauf durch die Phalanx von Paparazzi und Fans, eingekreist von Bodyguards und den Leuten aus dem anderen Wagen. Cara sollte als eine von den anderen in der Gruppe untertauchen, während alle Augen auf Vivi gerichtet wären, ausstaffiert mit dem Outfit, das Cara zuletzt bei Interviews getragen hatte, und einem Hut mit kleinem Gesichtsschleier, den sie im Film getragen hatte. Und natürlich würde sie mit dem Oscar winken, damit die ganze Welt ihn sehen konnte.
Dann wollten sie alle zusammen
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