Guardian Angelinos: Die zweite Chance (German Edition)
und stieg auf der Fahrerseite ein.
»Verfolgt er uns?«
Er trat so kräftig aufs Gas, dass ihr ganzer Körper gegen den Rücksitz geschleudert wurde. »Bleib einfach nur unten, Sam, und komm erst hoch, wenn ich es dir sage.«
Im Schutz der Dunkelheit im Garten nebenan betete der Zar so inbrünstig, wie er noch nie zuvor gebetet hatte. Und seine Gebete wurden erhört. Die Schritte wurden schneller, der Motor eines Autos wurde gestartet – und zwar war es dem Klang nach ein gutes, deutsches – und die Reifen quietschten beim Anfahren.
Von seinem Versteck aus konnte er nichts sehen, aber das alles verriet ihm, dass die Arschlöcher ihr Ziel verfehlt hatten.
Die Wichser versuchten, seine Zeugin umzubringen, damit sie ihm nichts zahlen mussten. Das gefiel Levon nicht. Das gefiel Levon ganz und gar nicht. Er würde sie lange vor ihnen in die Finger kriegen.
Er schüttelte sich vor Abscheu angesichts dieses stümperhaften Versuchs. Wie ein Haufen Gangster in einer Seitenstraße herumballern. Wie würdelos! Da hatte er Besseres auf Lager! Und jetzt hatte er einen hübschen kleinen Köder, den zu benutzen die viel zu blöd waren.
10
Zach drehte sein Kopfkissen um und versetzte ihm einen leichten Faustschlag. Er presste sein vernarbtes Gesicht auf die kühle Baumwolle und sehnte sich nach Linderung. Selbst sechs Monate nach der letzten Operation war der anhaltende Schmerz wie von tausend spitzen Nadeln nicht wirklich verschwunden.
Außer, wenn etwas Kühles, Weiches und Trockenes es berührte.
Das Kissen verschaffte ihm für den Bruchteil einer Sekunde Erleichterung, dann begannen die glühend heißen Spieße wieder zu brennen. Eigentlich brannte alles an ihm. Er schlief in Boxershorts, die Laken hatte er von dem völlig sinnlosen Doppelbett geworfen, die Fenster seines Schlafzimmers im ersten Stock waren weit geöffnet. Trotzdem kitzelte der Schweiß auf seiner Haut, und er dachte daran, wie angenehm es wäre, eine dritte eiskalte Dusche in dem einzigen Badezimmer auf dem Flur gegenüber zu nehmen.
Die Nacht draußen war still, das Arbeiterviertel Jamaica Plain morgens nach drei Uhr war relativ ruhig. Das eine oder andere Auto, ein Hund. Keine wirklichen Bedrohungen.
Noch nicht.
Er hatte Sam davon überzeugt, dass sie sicher waren und ihr gerade so viel über seinen Cousin Gabe erzählt, dass sie dieses Haus, wenn es seine Ansprüche erfüllte, auch in ihren Augen sicher genug war. Er hatte das Haus von oben bis unten überprüft, an den üblichen und unüblichen Stellen nachgesehen und war sich gewiss, dass es sauber war. Vor allem, weil er wusste, dass Gabes Leute es gefunden und wahrscheinlich auch schon gründlich abgesucht hatten.
Und er war sich ganz sicher, dass ihnen niemand von Somerville aus gefolgt war.
Oder?
Scheiße. Warum stellte er immer wieder seine Fähigkeiten infrage? Vielleicht, weil er in ihrem Garten gestanden und sich wie ein erbärmlicher Blödmann benommen hatte und in Selbstmitleid versunken war, während sie geradewegs in die Schusslinie gelaufen war. Hätte Marc das geschehen lassen?
Nein, hätte er nicht.
Und trotzdem hatte Zach sich stur dagegen gesperrt, einen Job abzugeben, den er anfangs gar nicht gewollt hatte.
Warum?
Leise fluchend drehte er sich wieder um. Brennen. Ins Kopfkissen drücken. Linderung. Und wieder Brennen.
Warum weigerte er sich dagegen, Sam dem wachsamen Auge – den wachsamen Augen – eines anderen zu überlassen? Warum hatte er sie überhaupt gehen lassen? Er hatte sich so erfolgreich eingeredet, dass es das Richtige war, aber wenn er in ihre tiefblauen Augen blickte … konnte er sich nur fragen, was bloß in ihn gefahren war, als er diese schwerwiegende, endgültige, selbstsüchtige Entscheidung getroffen hatte.
Aber wenn er in den Spiegel schaute, wusste er, dass es richtig gewesen war, selbstsüchtig oder nicht.
Er hörte ein Geräusch von oben, stützte sich auf die Ellenbogen und lauschte. Vielleicht ein kleiner Seufzer von ihr. Ein Erschaudern nach dem Weinen?
Eine Erinnerung überfiel ihn, erschreckend deutlich. Er sah seine eigene Hand vor sich, wie sie in der Dunkelheit vor Sonnenaufgang Sams Dusche aufdrehte. Er hatte im Bad kein Licht angemacht, um sie nicht zu wecken. Aber er konnte ihre erstickten Schluchzer hören, durch das Kissen gedämpft. Er wusste, dass er in dieses Schlafzimmer gehen sollte, sie in die Arme nehmen, ihr sagen …
Aber er konnte es nicht. Stattdessen drehte er das kalte Wasser auf und stand einfach nur unter
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