Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
und seine Augen leuchteten auf eine merkwürdige Art. »Hexe.«
»Ich habe Euch schon tausendmal gesagt, dass es ›Sally‹ heißt«, fuhr sie ihn an, bevor sie die impulsiven Worte unterdrücken konnte. »So schwer ist es nicht, sich das zu merken.«
Der Vampir zuckte mit den Achseln. »Dein Name tut nichts zur Sache.«
Sally holte tief Luft und ignorierte den starken Vampirgeruch, der in der nach Moschus riechenden Luft lag. Gab es da nicht irgendein Sprichwort, dass man mit Honig mehr Fliegen fing als mit Essig?
»Nein, wahrscheinlich nicht«, murmelte sie und setzte ein steifes Lächeln auf. »Hört mal, es tut mir leid, okay? Ich hätte nicht zu Styx gehen sollen, aber ich …« Ihr Lächeln wurde breiter, als ihr plötzlich ein Einfall kam. »Ich habe mir Sorgen um Euch gemacht.«
Das schmale Gesicht blieb völlig ausdruckslos, aber das Glühen in Gaius’ Augen leuchtete auf. Es wirkte, als habe er Hunger. »Wie überaus ungewöhnlich, dass du meinen Wirt kennst«, meinte er.
»Wirt?« Sally umschlang sich selbst mit den Armen, als ein Schauder ihren Körper erbeben ließ. »Ich verstehe nicht.«
Gaius benahm sich, als habe er sie nicht gehört. Sein verstörender Blick glitt über ihr blasses Gesicht. »Vielleicht sorgte allein das Schicksal dafür, dass du verfügbar warst, als ich dich benötigte.«
»Ihr benötigt mich?« Stirnrunzelnd sah sie den männlichen Vampir an, der der regungslos dastehenden Frau nicht von der Seite wich und so tat, als höre er dem Gespräch nicht zu, obwohl seine Anspannung fast greifbar in der Luft lag. Er verhielt sich nicht wie ein eifriger Komplize. Das hatte er noch nicht einmal getan, als er sie aus ihrem Schlafzimmer entführt hatte. Aber das konnte auch alles Theater sein. Vorerst musste sie davon ausgehen, dass er zur Feindesseite gehörte.
Schließlich blickte sie ihn wieder an. »Ihr habt mich nicht herbringen lassen, um mich zu bestrafen?«
Er legte mit einer Geste den Kopf auf die Seite, die Gaius ganz und gar nicht entsprach. »Dich bestrafen?«
»Dafür, dass ich zu Styx gegangen bin.«
Ein Lächeln, das eher erschreckend als beruhigend war, kräuselte seine Lippen. »Du bist nicht hier, um bestraft zu werden.«
»Nein?«
»Nein.«
Unter dem glühenden Blick trat sie von einem Fuß auf den anderen und hatte das Gefühl, er wühle in ihr herum.
Noch schlimmer war allerdings die Ahnung, dass es sich bei dem Glühen in seinen Augen um mehr als nur Wahnsinn oder einen Zwang handelte, wie sie zuerst angenommen hatte. Er wirkte – besessen. Als ob er von einem anderen Wesen übernommen worden sei.
Das war verdammt unheimlich.
»Und warum dann?«
Unvermittelt drehte Gaius (oder wer zum Henker er jetzt auch sein mochte) sich um, um auf das Loch zu zeigen, das Roke in die Wand geschlagen hatte. »Deshalb.«
Sally fühlte sich für einen kurzen Moment orientierungslos, einerseits wegen der plötzlichen Erkenntnis, dass sie Roke trotz der Entfernung tatsächlich durch ihr Band der Verbindung spüren konnte – wenn sie nicht bis zum Hals in Schwierigkeiten gesteckt hätte, hätte sie sich vielleicht gefragt, was seine fieberhafte Verzweiflung ausgelöst hatte. Andererseits musste sie erst mit der Tatsache fertigwerden, dass Gaius sie aus einem anderen Grund als dem der Vergeltung, dass sie ihn an Styx verraten hatte, entführt hatte.
»Der Safe?«, fragte sie verwirrt. Dann sah sie ihn plötzlich erstaunt an. »Nein. Das Buch.«
»Ja.«
Sie zögerte und hoffte, dass ihr träger Verstand die sich schnell verändernde Situation irgendwann einholte. »Ihr wollt, dass ich den Zauber breche?«
Gaius stieß einen angewiderten Laut aus. Als sei sie unsäglich dumm.
Da würde sie ihm nicht widersprechen.
»Es gibt nur einen Weg, um den Zauber zu brechen und das Buch zu vernichten.«
Sally runzelte die Stirn. »Nur einen?«
Gaius nickte. »Du stirbst.«
Diese Worte wurden mit einer solchen Gleichgültigkeit ausgesprochen, dass Sally eine Sekunde brauchte, um zu reagieren.
»Nein.« Sie machte taumelnd einen Schritt nach hinten und fragte sich, ob das hier irgendein scheußlicher Albtraum war. »Nein, ich braue gerade den Gegenzauber in Styx’ Versteck.«
Gaius machte eine Handbewegung. »Ein wertloses Gebräu.«
Sally presste eine Hand auf ihr heftig schlagendes Herz und versuchte verzweifelt, ihre Panik zu unterdrücken. »Woher wisst Ihr das?«, zwang sie sich zu fragen. »Ich kann Euch versprechen, dass meine Zaubertränke wirkungsvoller sind als
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