Guardians of Eternity 10 - Gefaehrtin der Ewigkeit
darum zählte sie jede Stufe, die nach unten führte. Sie befanden sich hier mindestens einen Meter achtzig unter dem Boden, vermutete sie, als der Weg endlich wieder eben wurde und nach Norden führte.
Sie liefen noch fast eine Stunde weiter, bevor Roke schließlich langsamer wurde und anhielt.
Sally stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Trotz ihres zermürbenden Dranges, sich von Styx’ Versteck zu entfernen, schwand die Energie, die nötig war, um Roke durch ihren Zauber zu fesseln, immer mehr dahin.
Jeden Moment würde er ihrer Kontrolle entgleiten, und dann …
Sally zitterte. Sie durfte überhaupt nicht daran denken.
»Stimmt irgendwas nicht?«, fragte sie und entzog sich vorsichtig seinem Griff, um sich gegen die Lehmwand des Tunnels zu lehnen.
»Das ist das Ende des Tunnels«, erklärte Roke und legte den Kopf zurück, um forschend die enge Öffnung direkt über ihnen zu betrachten. »Über uns befindet sich ein leer stehendes Gebäude.«
Sie presste eine Hand auf ihre Flanke, wo sie das Seitenstechen am stärksten spürte. »Bist du sicher, dass es leer steht?«
»Ja.«
»Gott sei Dank«, murmelte sie. »Wie weit sind wir von dem Haus weg?«
Er hielt inne und warf einen Blick zurück durch den Tunnel. »Einige Kilometer.«
»Ich nehme an, das wird reichen müssen.«
Sie biss die Zähne zusammen und zwang sich, sich von der Wand abzustoßen. Allerdings hatte sie kaum einen Schritt gemacht, als Roke schon direkt vor ihr stand und mit seinen Händen über ihre Arme strich.
»Lass mich zuerst gehen. Ich möchte mich vergewissern, dass wir hier in Sicherheit sind«, sagte er.
Ihr Herzschlag setzte für einen Moment aus, als sie den Blick aus den hellsilbernen Augen erwiderte. Es flatterte bei seiner Berührung so herrlich in ihrer Magengrube, aber darüber hinaus empfand sie auch ein Gefühl der – Richtigkeit.
Als kenne sie seine Berührung aus einer anderen Zeit, von einem anderen Ort.
»Nein«, entgegnete sie, wobei die schroffe Zurückweisung eine Entgegnung sowohl auf ihre eigenen albernen Gedanken als auch auf sein Angebot war.
Gott. So viel zum Thema »Stockholm-Syndrom«. Als Nächstes würde sie noch davon träumen, seine Gefährtin zu sein.
Fast so, als könne er ihre dämlichen Gedanken lesen, beugte er sich zu ihr und streifte mit seinen Lippen über ihre gefurchte Stirn. »Ich werde nicht lange fort sein, versprochen.«
»Roke.« Sie packte die Aufschläge seiner Lederjacke. »Bitte hör mir zu.«
Seine Lippen glitten über ihren Nasenrücken, bevor er sie auf den Mundwinkel küsste. »Später, mein Liebling.«
Sie verstärkte ihren Griff um seine Jacke und wünschte sich, ihn mit einem Ruck noch enger an sich ziehen zu können, sodass er sie richtig küssen konnte. Verdammt, sie waren allein in der Dunkelheit, und im Moment schienen sie doch mehr oder weniger in Sicherheit zu sein. Warum sollten sie es sich nicht gönnen, einen schnellen …
Moment mal.
Was dachte sie denn da?
»Nein«, brachte sie krächzend hervor. »Ich muss jetzt mit dir reden.«
Er hob den Kopf, blieb aber so nahe bei ihr, dass sie das Aufblitzen seiner voll ausgefahrenen Fangzähne selbst in der tiefen Dunkelheit sehen konnte. Das hätte sie eigentlich daran erinnern sollen, dass er ein tödliches Raubtier war. Stattdessen war alles, woran sie denken konnte, die Tatsache, dass er offensichtlich so erregt war wie sie.
»Was gibt es denn?«, fragte er. Der raue Klang seiner Stimme jagte ihr einen Schauder der Vorfreude über den Rücken.
Oh, sie musste von diesem Mann weg.
Bevor sie etwas wirklich Dummes tat.
»Ich will, dass du zum Haus zurückgehst.«
Er stutzte, und sein Gesichtsausdruck war in der Dunkelheit kaum zu erkennen. »Hast du dort etwas zurückgelassen?«
Sie stieß einen Laut des Selbstekels aus. »Meinen gesunden Menschenverstand.«
»Sally?« Sanft ließ er seine Hand unter ihr Haar gleiten, um ihr den Nacken zu massieren. »Erzähl mir, was hier vor sich geht.«
Als ob sie das wüsste …
Einen panikerfüllten Moment lang weigerte sich ihr Verstand zu funktionieren. Sie musste Roke unbedingt loswerden, sodass sie ihren nachlassenden Bindungszauber freisetzen konnte und hoffentlich dann noch genügend Kraft übrig hatte, um ihr verborgenes Amulett zu aktivieren. Dadurch sollte sich ihre Anwesenheit eigentlich lange genug verbergen lassen, sodass sie aus der Gegend verschwinden konnte.
Aber wie?
»Wir können nicht vor Styx’ Wachen wegrennen, während meine
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