Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
und murmelt: »Na, das war ja ein schöner Nachmittag.«
Ich schäume vor Wut. »Wie kann dieser Frankophile unsere Hunde beschuldigen, aggressiv zu sein? Die haben Angst vor Katzen und vor dem Staubsauger. Und warum sind im Churchill Park nur arrogante Schnösel unterwegs? Warum sind da keine netten, coolen Leute wie meine Freunde im Walsh Park?«
»Das liegt an der Gegend – die hat sich verändert in letzter Zeit. Als wir hergezogen sind, wohnte hier noch eine bunte Mischung aus Dot-Commern, Künstlern und Immigranten. Jetzt zahlen Investoren und Bauträger fette Kohle für die wenigen Baugrundstücke, und die mexikanischen und polnischen Familien ziehen weg. Die Preise schießen derart in die Höhe, dass es sich bloß noch Unternehmensberater und Broker leisten können, hier zu wohnen. Außerdem reißen die sich auch sämtliche frei werdenden Buden der Dot-Com-Flüchtlinge unter den Nagel, weil die alle wieder raus in die Vorstadt zu ihren Eltern ziehen mussten.«
»Ich finde es ätzend, wie alles sich verändert hat.«
»Ich auch. Die ganze Nachbarschaft wirkt so klinisch rein. Weißt du noch, wie gefährlich es früher war, nachts vor die Tür zu gehen? Wenn ich heute spätabends mit den Hunden noch eine Runde drehe, stolpere ich über Yuppie-Familien mit kleinen Kindern auf der Schulter, die ein Eis schlecken. Die ganze Gegend sieht aus wie Disneyland, und das Schlimmste ist, dass wir es uns auch kaum noch leisten können.«
»Meinst du« – ich versuche, den Kloß im Hals runterzuschlucken -, »meinst du, es wird Zeit, dass wir umziehen?« Schweigend gehen wir eine Weile weiter, bis wir vor unserer Haustüre stehen. Wir warten mit dem Reingehen, bis eine Mutter – die gerade in ihr Handy plappert – ihren Hightech-Kinderwagen, darin ihr Sprössling in Goretex und angesagten Schneeclogs, an uns vorbeimanövriert hat. Ein unangeleinter schokobrauner Labrador trottet folgsam an ihrer Seite.
Fletch seufzt. »Vielleicht.«
8
Zeitweilig unzurechnungsfähig
»Es bringt dich bestimmt nicht um«, meint Shayla.
»Vielleicht doch«, entgegne ich.
»Du stellst dich an wie ein Baby. Gegen Ende meines Studiums habe ich das jeden Sommer gemacht, und es war leicht verdientes Geld. Warum versuchst du es nicht einfach? Könnte die Lösung all deiner Probleme sein. Und du hättest nicht nur wieder ein Einkommen – es könnte sich vielleicht sogar eine Festanstellung daraus ergeben.«
»Aber ist das nicht erniedrigend?«
»Nein, eigentlich nicht. Aber mal angenommen, es wäre so, was wäre auf lange Sicht erniedrigender: ein Zeitarbeitsjob, mit dem du dir ein paar Kröten verdienen kannst, oder nachmittags um drei im Pyjama auf der Couch rumhängen, rumjammern, dass du keinen Job hast, und Wein aus dem Tetrapak trinken?«
»Das ist kein Pyjama. Das ist ein Freizeitanzug. « Ich streiche mir das Hosenbein glatt und rücke den Reißverschluss meines grauen Kapuzenpullis zurecht. »Zugegeben, es ist eine bordeauxrote Flanellhose mit Eisbär-Druck und Eingriff, in der ich hin und wieder auch schon mal schlafe, aber ich gehe damit auch in den Supermarkt und mit den Hunden in den Park.«
»Nur weil du behauptest, es sei kein Schlafanzug, heißt das noch lange nicht, dass es tatsächlich keiner ist.«
»Egal. Und außerdem ist dieser Wein aus der Tüte viel besser, als man denkt. Probier doch auch mal ein Schlückchen.«
»Würde ich ja gerne, aber ich muss morgen früh unterrichten. Da bleibe ich lieber beim Tee, danke.« Shayla hat ihren Doktor gemacht und ist inzwischen Assistenzprofessorin, und trotzdem findet sie noch die Zeit, in einer alternativen Countryband namens Brother Lowdown zu spielen und gelegentlich nachmittags ein Gläschen Wein mit mir zu kippen. Shayla ist in mehr als einer Hinsicht der Hammer.
»Wann habt ihr denn mit Brother Lowdown euren nächsten Gig?«
»Wir spielen am Freitag im Abbey Pub.«
»Cool. Wenn wir’s schaffen, sind wir bei dem Konzert dabei.«
»Benimmst du dich diesmal bitte, wenn du kommst? Die reden da noch immer über dich.«
Was nicht allein meine Schuld ist. An dem fraglichen Tag hatte ich einen kleinen Nervenzusammenbruch wegen einer exorbitant teuren Reparatur an meinem Auto, weshalb ich ein, zwei Pillen eingeworfen und nicht mehr daran gedacht habe, dass ich später noch ausgehen wollte. Aus mir unerfindlichen Gründen waren Brother Lowdown bloß eine halbe Stunde auf der Bühne, sehr zu meinem Missfallen. Eine andere Band aus der Gegend, Butterside Down,
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