kaufe mir nämlich demnächst Steppschuhe.
»Schön, dass wir uns endlich mal kennengelernt haben!« Die Rache ist mein, spricht der Nachbar unter Ihnen. Als er die Tür aufmacht, springt mir die zwei Meter hohe Bong auf dem Wohnzimmertisch ins Auge. Wie nett.
Die Hunde und ich trotten die Straße entlang, und als uns ein anderer Hund entgegenkommt, drehen wir ab und laufen an dem Mietshaus vorbei. Dort scheuchen wir einen Schwarm Vögel auf, der sich flatternd erhebt. Mein Blick wandert zum Menüangebot des heutigen Abends, und ich muss mit Entsetzen feststellen, dass sie sich um einen Haufen Hühnerknochen geschart hatten, was nur eins bedeuten kann – die Vögel in unserer Nachbarschaft sind Kannibalen!
Ehrlich, das reicht. Hier kann ich nicht bleiben.
Zeit für drastische Maßnahmen.
An: Sandy Case
Von:
[email protected]Datum: 8. März 2003
Betreff: Leiter Abteilung Kundenbetreuung
Sandy,
wie ich sehe, sucht Birchton & Co. einen neuen Chef für die Abteilung Kundenbetreuung. Vielleicht erinnern Sie sich noch, dass ich vor einiger Zeit für genau diese Stelle zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen war, und zwar am 9. September 2001. In Anbetracht der Ereignisse dieses Tags habe ich mich damals dazu entschlossen, lieber unseren Termin abzusagen, statt das unwägbare Risiko einzugehen, in die Innenstadt zu fahren.
Aufgrund meiner Absage haben Sie sich damals entschlossen, keinen Ersatztermin für das ausgefallene Vorstellungsgespräch mit mir zu vereinbaren. Wenn ich heute, eineinhalb Jahre später, auf diesen Tag zurückschaue, bin ich restlos davon überzeugt, damals die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Meines Erachtens habe ich die vernünftigste, umsichtigste Entscheidung getroffen, die mir zu dieser Zeit mit den mir zur Verfügung stehenden Informationen möglich war. Und ich stehe auch heute noch hinter meiner Entscheidung. Nun müssen Sie entscheiden, Sandy. Sie können einfach hingehen und die E-Mail dieser aufdringlichen Schnepfe löschen, oder sie können die Frau zu einem Vorstellungsgespräch einladen, die auch für Ihre Kunden dieselben scharfsichtigen, überlegten Urteile fällen würde.
Sollten Sie sich für Variante zwei entscheiden, erreichen Sie mich über die unten stehenden Kontaktdaten.
Herzliche Grüße
Jennifer A. Lancaster
Heiliger Strohsack, sie haben mich eingeladen.
»Wie ist es gelaufen?«, fragt Fletch von seinem Platz auf der Couch. Gleich neben ihm liegt ein kleiner Haufen zerknüllter Bonbonpapierchen von einer Box Minischokoriegel, daneben steht ein halbes Glas Bourbon. Ich schwöre Ihnen, ich weiß nicht, warum sich das zuständige Erwachsenenschutzamt noch nicht eingeschaltet hat.
»Ganz gut, glaube ich. Sandy möchte, dass ich in ein paar Tagen noch mal wiederkomme, damit ich mich mit einem der Teilhaber unterhalten kann.« Womit ich meine Aktentasche auf den Küchentisch werfe und mich in den Sessel neben dem Fernseher fallen lasse. »An einem Punkt habe ich gedacht, ich habe sie völlig umgehauen. Sprichwörtlich, bumms, umgekippt.«
»Wie war denn die Frage?«
»Das übliche ›Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?‹-Geschwafel. Was Sandy nicht weiß, ist, dass ich gerade erst einen Artikel von Peter Drucker im Harvard Business Review gelesen habe mit dem Titel Managen Sie Ihre Karriere. 147 Statt also lang und breit zu er-klären, dass man wie alle anderen auch von A nach B nach C möchte, habe ich Druckers Worte vollkommen aus dem Zusammenhang gerissen und erklärt: ›Es ist kaum möglich, mehr als achtzehn Monate in die Zukunft zu schauen und eine halbwegs klare und realistische Prognose abzugeben. Stattdessen konzentriere ich mich lieber darauf, hier und heute etwas zu bewegen, was sich innerhalb der nächsten eineinhalb Jahre auf meine Gesamtsituation auswirken wird. Danach bin ich offen für alle Veränderungen und Verbesserungen, die diese Ergebnisse zeitigen werden.‹ Ich sage dir, die hat mich mit offenem Mund angestarrt, ehe sie schließlich meinte: ›Das ist die aussagekräftigste Antwort, die ich je auf diese Frage bekommen habe.‹«
»Hat Sie eine Ahnung, was für eine Labertasche du sein kannst?«
»Noch nicht. Und, wie sieht’s hier aus?« Skeptisch beäuge ich seinen Drink. »Hast du was zu feiern?«
»Habe ich. Ich habe einen Anruf bekommen von ISP, und die wollen, dass ich zu einem zweiten Interview nach New York fliege.«
»Das ist ja fantastisch! Wann?«
»Vermutlich am Freitag.«
»Wie toll wäre das