Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Lachfältchen, die er um die Augen bekommt, wenn er lächelt.
Sasha bohrte nach: »Habt ihr euch hier kennengelernt?«
»Nein, auf dem College.«
Ich konnte mich gerade noch so beherrschen, nicht jede Einzelne dieses Hühnerhaufens mit dem spitzen Ende meiner klassischen Chanel-Kamelienbrosche zu erstechen. Ich war doch nicht hier, um über mein Privatleben zu plaudern. Ich wollte über Anlegerpflege reden! Aber wenn ich sie anbrüllte, würden sie auf keinen Fall irgendwas bei mir kaufen.
»Wie?«
»Wie bitte?«
»Wie haben Sie ihn kennengelernt?«
Völlig ungläubig fragte ich: »Nur, damit wir uns recht verstehen – ihr möchtet lieber hören, wie ich meinen Freund kennengelernt habe, als zu lernen, wie ihr mit Hilfe dieser Produkte einen effektiveren Service gewährleisten könnt? Ihr interessiert euch mehr für eine sieben Jahre alte alberne, peinliche College-Geschichte als dafür, eure Kundenbetreuung zu optimieren?«
»Ja!« »Auf jeden Fall!« »Bitte!« Da jegliche Chance, den Mädels irgendwas beizubringen, spätestens nach der dritten Runde im John Barleycorn buchstäblich davongespült worden war, entschloss ich mich, ihnen den Gefallen zu tun, um irgendwie an sie ranzukommen.
»Okay, wir schreiben das Jahr 1994, und wir haben beide einen Job in einem kleinen Restaurant mit Bar auf dem Campus bekommen. Nach der großen Eröffnungsfeier gingen etliche von uns zusammen aus, als teambildende Maßnahme sozusagen. Nachdem sämtliche Kneipen irgendwann dichtgemacht hatten, landeten wir schließlich bei mir zuhause, weil ich eine Terrasse hatte. Fletch, so heißt er, und nein, er ist nicht nach dem Film mit Chevy Chase benannt«, fügte ich schnell hinzu, ehe ein der Mädels die Frage einwerfen konnte, »mixte furchtbare Martinis, von denen er dann viel zu viele trank. Daraufhin hat er sich in meiner Dusche übergeben und anschließend völlig weggetreten das Bewusstsein verloren. Als er am nächsten Morgen wieder zu sich kam, war ihm die ganze Sache schrecklich peinlich, und er wollte es irgendwie wiedergutmachen. Also habe ich ihn dazu verdonnert, mir dabei zu helfen, ein paar Regale zusammenzubauen. Anschließend hat er mich zum Essen eingeladen, und seitdem sind wir zusammen. Ende.«
»Ooh! Das ist ja totaaaal romantisch!«, kreischte Bethany schrill.
»Ja, genau, Bethany«, entgegnete ich, »denn jedes romantische Märchen endet damit, dass der Traumprinz blaue Nachos auf den billigen geblümten Duschvorhang der Prinzessin kotzt.«
Aber egal, mir war klar, wollte ich mehr Geld verdienen, dann musste ich mir irgendwas einfallen lassen, um diese Hohlköpfchen davon zu überzeugen, meine Produkte zu benutzen. Aber da mein Publikum sich mehr für meine Accessoires interessierte, wusste es leider nichts mit den Produkten anzufangen und würde sie daher auch nicht kaufen.
Also überlegte ich mir, wie ich die Spatzenhirne in einem etwas weniger förmlichen Rahmen für meine Produkte begeistern könnte. Ich entwickelte ein After-Hour-Seminar, in dem es nicht nur eine Vorführung mit praktischen Übungen gab, sondern auch eine Bar mit Freigetränken, sodass die Mädels sich beim Arbeiten gleichzeitig einen hinter die Binde gießen konnten. Was, so dachte ich mir, ihrer damaligen Lernsituation im College wohl am nächsten kam.
Keine Ahnung, ob es an den anschaulichen Präsentationen lag oder am Chardonnay, aber das Seminar zeigte Wirkung. Denn im Anschluss daran torkelten betrunkene PR-Äffchen auf wackeligen Stilettos begeistert auf mich zu und lallten: »Heeey! Rufen Sie mich doch am Montag an! Mein Kunne kann dasss Zeugsss SO WAS VON gut brauchn! Wir sssin im Gschäffft!!« Um es kurz zu machen, innerhalb von zwei Wochen stiegen die Verkaufszahlen meiner Produktlinie um fünfunddreißig Prozent. Unsere Vertriebschefin war derart beeindruckt, dass sie mich losschickte, damit ich mein Programm landesweit unter die Leute bringe. (Aus unerfindlichen Gründen war Kathleen nicht ganz so begeistert angesichts meines Erfolgs, aber WAS SOLL’S. Die ist doch bloß neidisch.)
Und darum habe ich den ganzen Sommer damit zugebracht, auf dem Rücksitz diverser Taxen zu sitzen und zu schwitzen wie ein dicker Finne in der Sauna.
»Himmel, ich kann mich gar nicht entscheiden«, stöhne ich, während Sylvie, das Dior-Mädel, und ich hochkonzentriert die neue Lipgloss-Sommerkollektion begutachten, die in all ihrer Herrlichkeit auf dem Verkaufstresen vor uns ausgebreitet ist. Ooh, ich LIEBE es, im echten Saks
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