Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Statistikprojekt war plötzlich wichtiger als unsere Verkaufsprognosen, und durch ihre unberechenbare Launenhaftigkeit waren wir alle angespannt und gereizt. Unschön! Und dann begann sie, wegen Problemen mit der Tagesmutter später zu kommen und früher zu gehen.
Inzwischen habe ich das ganz bestimmte Gefühl, dass sie mich auf dem Kieker hat. Es kommt mir vor, als hätte sie mich schon zum Abschuss freigegeben. Man sollte annehmen, sie wäre nicht so blöd, gegen ihre beste Verkäuferin zu intrigieren; aber andererseits wäre das nur zu verständlich, weil ich die Einzige bin, die dahintergekommen ist, wie sehr sie momentan die Zügel schleifen lässt.
»Das war sicher bloß ein Versehen. Kathleen würde doch sicher nicht wollen, dass wir unsere Kunden über den Tisch ziehen, oder?« Dieses Miststück versucht garantiert, mich in die Pfanne zu hauen. »Keine Sorge. Ich rede mit ihr. Und jetzt gib mir den alten Vertrag, damit ich den schon mal in den Reißwolf stecken kann, während du einen neuen schreibst.«
Und dann schaue ich zu, wie meine neue Couch sich im Schredder in winzig kleine Schnipsel verwandelt, und würde am liebsten heulen.
Sollte es sich nicht eigentlich gut anfühlen, das Richtige zu tun?
Operation Mehr Geld verdienen ist in vollem Gange! Und wäre mir nicht kürzlich eine kleine Gepäckkrise in die Quere gekommen 41 , wäre mein Couch-Sparstrumpf inzwischen dick und fett, und zwar dank eines wahren Geniestreichs meinerseits; ein Geistesblitz, der mir Anfang des Sommers gekommen ist.
Gleich nach dem MNOW-Debakel 42 hielt ich meine millionste Präsentation bei einer unserer PR-Agenturen. Und zum millionsten Mal waren die vierundzwanzigjährigen PR-Tussen zu verkatert, um meinem Verkaufsgespräch aufmerksam zu folgen. Von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet und mit Silberschmuck behängt saßen diese magersüchtigen Püppchen mit leeren Gesichtern und ebenso leeren Köpfchen in meinem Meeting und bekamen rein gar nichts mit von meinen Bemühungen, sie in meine Anlegerpflege-Präsentation einzubeziehen. 43
»Also, Meagan, Bethany, Kirsten, Sasha, Lynsey und Monique 44 , versteht ihr, wie Produkt X es euch ermöglicht, euren Kunden den Zugang zu institutionellen Anlegern zu ermöglichen?«, fragte ich.
»Oh, Meagan musste mal schnell für kleine Mädels«, warf Bethany fröhlich ein. »Sie hat gestern Abend bei Uncle Julio ganz allein einen Krug Frozen Sangria getrunken, und ich glaube, sie muss kotzen.« Entnervt verdrehte ich die Augen.
»Iiiih, red bloß nicht von Sangria, sonst wird mir auch gleich schlecht. Casey und ich waren zum Dollar-Bier-Abend im Barleycorn, und wir sind so was von …«, setzte Lynsey an.
»Ja, es tut mir schrecklich leid, das zu hören«, fiel ich ihr ins Wort. »Wie ich gerade sagte, Produkt X kann …«
»Ähm, Entschuldigung?«, unterbrach mich Sasha mit dem Kleopatra-Pony.
»Ja, Sasha?«
»Ich wollte nur sagen, ich stehe total auf Ihre Armbänder.« Wie ein Schwarm Elstern werden diese Mädels von allem, was glänzt und glitzert, magisch angezogen. Würde ich den Vortrag mit Omas Sterlingsilber-Teeservice untermalen, hätte ich vermutlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit.
» Danke schön . Um fortzufahren, Produkt X ist ganz entscheidend, wenn euer Kunde …«
»Und die große Blume am Revers. Die ist sooo was von Sex and the City !”, fügte Kirsten hinzu.
Warum bloß kam ich mir vor, als müsste ich einen Sack Flöhe hüten?
»Super, danke. WIE ICH GERADE SAGTE …«
»Ich stehe total auf Sex and the City ! Carrie Bradshaw ist mein großes Vorbild!«, quiekte Monique, deren Stimme kaum den dichten Eternity -Parfümnebel durchdrang.
»Ich auch!«, stimmten die übrigen Mädels im Chor ein und schauten einander unter langen, mit diversen Lancôme-Produkten geschwärzten Wimper an.
Ich hasste diese Mädels aus tiefstem Herzen. 45
»Könnten wir jetzt bitte zum Thema zurückkommen . PR-Profis wie ihr haben entdeckt …«
»Ich habe Sie heute Morgen kommen sehen, als ich zum Rauchen draußen war. War das Ihr Mann, der Sie hier abgesetzt hat?«, wollte Lynsey wissen.
»Nein, das war mein Freund. Was institutionelle Investoren angeht …«
Völlig unbeeindruckt plapperte Lynyes weiter: »Der ist ja SO WAS von süß! Er sieht aus wie Ed Norton, nur mit dunkleren Haaren!«
»Ja, ein bisschen wohl.« Ich persönlich finde ja, er hat eher was von Ron Livingston in Swingers. Vielleicht liegt es an seinen buschigen Augenbrauen oder an den
Weitere Kostenlose Bücher