Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
manchmal so verpeilt, wenn er aus dem Haus geht, dass er vergisst, die Schranktür zuzumachen. Und während ich nebenan seelenruhig schlafe, richtet Maisy ein Lederwarenmassaker an. Bisher habe ich drei Taschen, einen Koffer und vier Paare meiner teuersten Schuhe eingebüßt sowie, obwohl die nicht aus Leder war, meine Gucci-Sonnenbrille. Daraufhin haben wir ein Anti-Kau-Spray mit Extrakten aus Apfelbitterstoffen gekauft, was Maisy allerdings recht wenig beeindruckt hat: Sie hat die ganze Flasche mit dem Zeugs einfach aufgefressen. 93
Wie ein geölter Kugelblitz flitze ich die fünf Stufen hinauf und stürze in die Wohnung. »Oh nein, Maisy, was hast du denn jetzt schon wieder angestellt?«, jammere ich und packe sie am Halsband, um den Schaden zu begutachten. Aber Maisy hat keinen Schuh in der Schnauze. Nein, sie hat mit einer Karoschleife ein Blatt rosa Papier um den Hals gebunden, auf dem in ungelenker Blockschrift zu lesen steht: LiEbe MammA, Biete heiRAte mEinEn PapPA …
»Fletch? Fletch, wo bist du? Was ist denn hier los?«, rufe ich. Woraufhin Loki hereingetrottet kommt, der ebenfalls ein Schild um den Hals trägt. Ich bücke mich und lese: … WiR wOllEn nähmlich keInE hUreNKindER mEhr SeiN.
Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, was hier gerade passiert.
Wie süß ist das denn? Da ist mein langersehnter Antrag! Jetzt bin ich verlobt! Juhu! Bloß scheint mein Verlobter gerade unauffindbar zu sein.
Und der dazugehörige Ring genauso.
Wo ist der Ring?
Wieder nehme ich Maisy ins Visier, und mir fällt auf, dass ihre Schleife ganz nass und durchgekaut ist. Lieber Gott, bitte, sag mir nicht, dass ich jetzt zwölf bis vierzehn Stunden warten muss, ehe ich meinen Verlobungsring zu sehen bekomme. Ist ja schon schlimm genug, mit ansehen zu müssen, wie Teile meiner Lieblingsaccessoirs aus ihrem Hintern geschossen kommen. Müssen wir sie jetzt die ganze Zeit beäugen und in ihren Häufchen herumstochern, bis wir die Sache offiziell machen können?
»Fletch, WO STECKST DU?« Ich höre ein verräterisches Rauschen, und gleich darauf kommt Fletch mit schuldbewusster Miene aus dem Badezimmer.
»Du bist früh dran. Es war nicht geplant, dass ich im Bad bin, wenn du nach Hause kommst.«
»Rory hat mir nur ein paar einzelne Highlights gesetzt, das dauert nicht so lange.«
»Du hast die Zettel gesehen?«
»Habe ich, und die Antwort lautet Ja.«
»Das hatte ich mir irgendwie schon gedacht, wo wir doch in zwei Tagen nach Las Vegas fliegen und so.« Dann fällt Fletch wohl auf, dass ich nicht wie eigentlich erwartet einen Freudentanz aufführe und in Jubel ausbreche. »Jen, freust du dich denn gar nicht? Du hast gesagt, du wünschst dir eine Überraschung, und da ist sie. Warum also das lange Gesicht?«
Mein Kinn fängt an zu zittern. »Ich war ja auch glücklich, bis ich gemerkt habe, dass Maisy den Ring gefressen hat.«
»Nein, hat sie nicht.«
»Hat sie wohl – guck doch!« Und damit zeige ich ihm das ausgefranste Schleifenband.
»Nein, hat sie nicht«, widerspricht er mir sanft und zieht mich zu sich heran. »Sie hat deinen Ring nicht gefressen. Sie hat es versucht, aber sie ist nicht drangekommen. Siehst du?« Und damit zieht er ein kleines Samtbeutelchen aus der Tasche und schüttelt es, bis der Inhalt herausfällt. Ein Ring aus Weiß- und Gelbgold mit dem wunderschönen runden Diamanten meiner Nanny in einer Chanel-Fassung in der Mitte funkelt in seiner Handfläche. Ich schnappe ihn mir ohne weitere Umstände. Nicht, was ich erwartet hatte, aber genau mein Stil.
»Wieso hast du gewusst, was mir gefällt, obwohl ich immer nur über dicke, klotzige quadratische Klunker und Baguetteschliff geredet habe? Hat eine meiner Freundinnen dir geholfen?«
»Nein, den habe ich ganz alleine ausgesucht. Ich habe mir Hunderte von Fassungen angesehen, doch bei der hier musste ich gleich an dich denken, also habe ich sie genommen. So, möchtest du jetzt vielleicht ein Glas Champagner, damit wir ordentlich anstoßen können?«
»Wir haben keinen. Ich glaube, wir haben bloß noch die eine klebrige alte Baileys-Flasche im Kühlschrank, die schon seit Weihnachten da drin steht.«
»Jen, wir haben Champagner.« Er zieht eine Flasche Moët & Chandon aus einem Sektkübel im Gefrierschrank.
»Und auch noch meine Lieblingsmarke!«, rufe ich begeistert.
Diamanten und Champagner? Ich sollte öfter heiraten.
Nach einer langen, stressigen heißen Woche sind wir endlich in Las Vegas angekommen. Meine Eltern, Fletch und
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