Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
würde ich in naher Zukunft wieder einen Job bekommen.«
Ich bin zur wöchentlichen Anprobe bei Dress Doctor. Soheila hat mein ganzes Hochzeitskleid quasi zur Probe einmal aus Musselin geschneidert, damit es nachher auch wirklich wie angegossen passt. Sitzt es erst einmal perfekt, zerschneidet sie den billigen Stoff, um ihn dann als Schnittmuster für die schwere Dupionseide zu benutzen, die wir für das eigentliche Kleid ausgesucht haben.
Draußen sind es ungefähr zweiunddreißig Grad, weshalb ich nur zu gerne aus meiner leicht klebrigen Straßenkleidung steige. Dann bleibe ich einen Moment in Unterwäsche in der Umkleide stehen, um mich ein bisschen abzukühlen. Etwas erfrischt ziehe ich mir schließlich den normalen BH aus und meine spezielle stützende Hochzeitunterbekleidung an. Als ich das letzte Mal hier war, hat Soheila auf meine Brüste gewiesen, kurzentschlossen nach meinen BH-Trägern gegriffen und ganz trocken erklärt: »Die hier? Sollten da oben sein«, womit sie dann alles umstandslos himmelwärts zerrte. In dem neuen BH, den ich mir auf ihr Geheiß zulegen musste, sehe ich aus wie eine vollbusige Galionsfigur, und theoretisch könnte ich mein Kinn auf meinem eigenen Vorbau abstützen. Aber bisher hat Soheila noch mit allem Recht gehabt, weshalb ich ihr blind vertraue. Wenn sie sagt, ich muss einen stahlversteiften BH tragen, dann soll es so sein. Sie reicht mir das Kleid aus gebleichtem Musselin, und ich schlüpfe hinein.
Als ich aus der Kabine komme, nimmt Soheila noch ein paar letzte Änderungen vor, ehe sie mich vor den dreiteiligen Spiegel führt. Ehrfürchtig besteige ich das Podest und mustere mein Spiegelbild, und mein zerzauster Pferdeschwanz und die verschmierte Wimpertusche sind plötzlich völlig nebensächlich.
Atemlos japse ich: »Ich sehe ja aus wie eine echte Braut!«
Solheila lächelt still vor sich hin. »Sie sind ja auch eine echte Braut, meine Liebe.«
»Ich meine, ich wusste, dass es perfekt sitzen würde, aber ich hätte nie damit gerechnet, dass der Musselin so hübsch aussieht. Eigentlich eine Schande, es wieder kaputt zu schneiden.«
»Warten Sie ab, das fertige Kleid wird Sie umhauen. In Schwarz verschlägt es Ihnen glatt den Atem.«
»Wenn es auch nur halb so schön ist wie das hier, dann ganz bestimmt.« Ich bewundere mich noch ein bisschen, drehe mich im Kreis und bestaune das Kleid aus jedem erdenklichen Blickwinkel. Ich bücke und strecke mich und halte einen imaginären Brautstrauß in den Händen, dann probiere ich diesen behinderten Schritt-zusammen-Schritt-zusammen-Gang, von dem ich geschworen habe, dass es auf meiner Hochzeit so was ganz sicher nicht geben wird. »Soheila, tun Sie mir bitte einen Gefallen?«
»Aber gerne.«
»Versprechen Sie mir, sollte meine Mutter noch mal anrufen, dann sagen Sie ihr bitte nicht, wie hübsch das Kleid in Weiß ausgesehen hat.«
In einer Woche ist meine Hochzeit, und streng genommen bin ich noch immer nicht verlobt. Fletch wird doch wohl nicht vergessen haben, meinen Diamanten fassen zu lassen, oder? In letzter Zeit steckt er eigentlich ständig bis zum Hals in Arbeit, weil sein reizender Boss auf die geniale Idee gekommen ist, Fletch an drei Tagen die Woche nach Milwaukee zu schicken. Obwohl er pro Strecke zwei Stunden braucht, erwartet Clark von Fletch, dass er morgens pünktlich zur normalen Bürozeit anfängt, weshalb er an diesen Tagen von sechs Uhr in der Frühe bis acht Uhr abends unterwegs ist. 92
Zum Glück hat Fletch jetzt erst mal zweieinhalb Wochen Urlaub und kann sich in dieser Zeit hoffentlich ein bisschen erho-len. Eben war er ganz komisch und aufgekratzt und hat mich richtig ausgequetscht, wo ich hinwolle und wann ich wiederkomme und so. Woraufhin ich ihm erklärt habe, dass ich heute Nachmittag einen Termin beim Friseur zum Haarefärben habe und zum Abendessen wieder zuhause bin und er sich gefälligst wieder abregen soll. Normalweise ist er ja ein unerschütterlicher Fels in der Brandung, weshalb nicht nur ich ganz kribbelig werde, wenn er sich aufregt, sondern die Hunde und die Katzen gleich mit. Tucker hat Fletch immer wieder angestubst, während Loki winselnd um ihn herumgelaufen ist.
Ich stehe gerade am Fuß des letzten Treppenabsatzes vor meiner Wohnung, als Maisys Kopf im Türrahmen auftaucht. Sie hat irgendwas Rosafarbenes in Schnauzennähe, und mir bleibt fast das Herz stehen, weil ich befürchte, dass es nur eine meiner Kate-Spade-Sandalen sein kann. In letzter Zeit ist Fletch
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