Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre
nicht.
»Ich würde gerne versuchen, herauszubekommen, wie das Rauschgift in Ihren Wagen geschmuggelt wurde und von wem. Wahrscheinlich ist es passiert, während das Fahrzeug auf dem Hotelparkplatz stand. Wissen Sie noch, welcher Portier in der letzten Nacht Dienst hatte?«
Nein, das wusste sie nicht mehr. Sie sei ziemlich zerstreut und achte kaum auf andere Personen.
Na prima. Das war mir eine große Hilfe für unsere so genannten Ermittlungen.
»Ist Ihnen während Ihres Aufenthalts in Montenegro oder auf der Rückreise nach Italien außer dem Portier noch jemand aufgefallen? Haben Sie auf der Fähre jemanden gesehen, dem Sie in diesem Urlaub schon einmal begegnet waren, vielleicht im Hotel?«
Nein, ihr war niemand aufgefallen; nicht einmal der Mann, der in ihrem Hotel gewohnt und hinterher mit derselben Fähre zurückgefahren war. Sie meinte, ihr Mann hätte diesen Menschen bereits erwähnt, als er ihr von unserer Unterredung berichtet hätte, und sie gefragt, ob sie sich an ihn erinnere.
Aber sie erinnerte sich nicht an ihn, wahrscheinlich, weil sie ihn gar nicht gesehen hatte.
Ich hielt mich noch ein wenig bei der Sache auf, stellte weitere Fragen, bat sie, Details auszugraben, sofern ihr das gelänge. Auch Details, die ihr vielleicht unbedeutend erschienen, konnten unter Umständen nützlich sein. Mir schien, ein Ermittler müsse auf diese Art und Weise vorgehen. In Wahrheit hatte ich keine Ahnung, was ich tat, und imitierte im Grunde eine nicht näher definierte Figur aus irgendeiner Krimi-Serie.
Am Ende gab ich es auf, bat sie jedoch, weiter über die Sache nachzudenken. Sollte ihr die berühmte, scheinbar belanglose Nebensächlichkeit doch noch einfallen, möge sie mich anrufen.
Genau in dem Moment, in dem ich das sagte, packte mich plötzlich ein Gefühl der Nutzlosigkeit. Gemischt mit Scham. Diese ganze, so genannte Ermittlung war eine einzige Narrenposse. Ich würde überhaupt nichts herausfinden, ich versuchte in Wirklichkeit nur, Natsu zu beeindrucken, und was dabei herauskam, war, dass sie und dieser Bastard von ihrem Mann sich falsche Hoffnungen machten.
Ich musste diese Komödie so schnell wie möglich beenden. Ich sagte mir, dass ich noch Colaiannis Nachforschungen über Macrì und Tancredis Überprüfung der Passagierlisten abwarten würde, von denen mit Sicherheit nichts zu erwarten war, dann aber mit den Paolicellis reden und ihnen sagen würde, dass der Antrag auf Strafmilderung leider nicht zu vermeiden sei.
Ich würde ihnen sagen, ich könne natürlich verstehen, dass es schwierig sei, eine solche Lösung zu akzeptieren, wenn man sich unschuldig fühlt – unschuldig ist -, aber wir müssten realistisch sein. Bei der gegebenen Beweislage – bei der alles gegen ihn sprach und wir nicht den geringsten Anhaltspunkt für einen begründeten Zweifel hatten – sei es purer Wahnsinn, den Berufungsprozess regulär durchzuziehen, anstatt einen Antrag auf Strafmilderung zu stellen. Worauf es ankomme, sei, den Schaden so weit wie möglich zu begrenzen.
Ich stand auf, sie zögerte einen Moment und erhob sich dann ebenfalls.
»Sie sagten, Sie würden gerne einmal meine Küche probieren.«
»Verzeihung?«
»Morgen Abend wird eine Ausstellung eröffnet.« Während sie sprach, zog sie eine Karte aus rauem, weißem Papier aus der Handtasche. »Ich bin für das Catering der Vernissage zuständig. Alles japanische Speisen – mit der ein oder anderen von mir kreierten Variante.«
Sie reichte mir die Karte.
»Wenn Sie Lust haben – das ist eine Einladung für zwei Personen. Sie können Ihre Verlobte, eine Freundin oder sonst jemanden mitbringen. Die Veranstaltung beginnt um neun. Ich glaube, es wird ganz unterhaltsam; das Ganze findet in einer ehemaligen Tiefgarage statt, die jetzt als Ausstellungsraum dient.«
Ich dankte. Ein Blick auf die Einladung sagte mir, dass ich weder den Künstler kannte – was normal war – noch die Adresse. Was schon etwas weniger normal war, da es sich um eine Adresse in Bari handelte.
Ich meinte, ich würde auf alle Fälle versuchen, zur Vernissage zu kommen. Wenn ich es schaffte, einen anderen Termin abzusagen.
Natürlich hatte ich keinen anderen Termin, das sagte ich nur, um mich wichtig zu machen. Damit eins klar ist: Ich führe ein sehr turbulentes Nachtleben. Ich bin keiner, der seine Abende Akten büffelnd im Büro verbringt oder im Fitness-Studio am Boxsack oder, wenn’s hoch kommt, auch mal alleine im Kino, bestrebt, nicht an seine Freundin zu denken,
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