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Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre

Titel: Guido Guerrieri 03 - Das Gesetz der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Untersuchungshaft.
    Hätte mich auch gewundert, wenn er anders entschieden hätte, dachte ich. Aber auch das sagte ich nicht laut.
    Macrì legte jedoch erneut Beschwerde ein, diesmal beim Kassationshof, mit der Begründung, es liege ein – nicht näher definierter – Verfahrensfehler vor, der ihm Anlass zu der Hoffnung gebe, Paolicelli könne doch aus der U-Haft entlassen werden.
    Die Hoffnung stellte sich als unbegründet heraus, denn der Kassationshof bestätigte nur das erste Urteil. Macrì freilich verbreitete weiterhin Optimismus. Er meinte zu Paolicelli, und auch zu dessen Frau, sie sollten sich keine Sorgen machen, mit ein wenig Geduld werde sich alles regeln. Der Ton, in dem er das sagte, klang – wie Paolicelli mir erklärte – vielsagend. So, als hätte er ein As im Ärmel, das er im geeigneten Moment auszuspielen gedachte.
    Der Prozess begann, Macrì schärfte Paolicelli noch einmal ein, keinerlei Aussage zu machen, und beantragte in der ersten Verhandlung ein so genanntes abgekürztes Verfahren. Wie es ausgegangen war, wusste ich bereits.
    »Und was hat Macrì dann gesagt?«
    »Er meinte wieder, ich solle mir kein Sorgen machen, er würde alles in Ordnung bringen.«
    »Sollte das ein Witz sein?«
    »Nein, er meinte, es sei abzusehen gewesen, dass es in erster Instanz so ausging – dabei hatte er mir in den Wochen davor immer wieder versichert, ich käme schlimmstenfalls mit vier, fünf Jahren davon. In zweiter Instanz würde er alles wieder hinkriegen. Als er mir dann allerdings seine Berufungsschrift präsentierte, eine knappe Seite, auf der so gut wie nichts gesagt wurde, bin ich in die Luft gegangen.«
    »Und?«
    »Ich sagte ihm, er spiele mit meinem Leben. Und ich wisse genau, wer ihn geschickt habe. Und dann meinte ich noch, ich hätte jetzt die Schnauze voll, ich würde den Richter anrufen und ihm alles erzählen.«
    »Was wollten Sie dem Richter denn erzählen?«
    »Ich hatte nichts Bestimmtes im Sinn. Dieser Satz war mir in meiner Wut einfach so herausgerutscht. Ich glaube, ich wollte ihn rütteln, irgendeine Reaktion auslösen. In Wahrheit habe ich bis heute keine Ahnung, wer ihn mir geschickt hat. Aber er muss mir geglaubt haben, er muss gedacht haben, ich hätte dem Richter wirklich etwas Wichtiges zu erzählen.«
    »Wie hat er reagiert?«
    »Sein Ton änderte sich schlagartig. Er meinte, ich solle gut aufpassen, was ich tat und vor allem, was ich sagte. Leuten, die sich falsch benähmen, könne im Gefängnis Schlimmes passieren.«
    Ich merkte, dass Paolicelli kurzatmig geworden war. Er keuchte und musste Luft holen, bevor er weitersprach.
    »Es gab nichts, was ich dem Richter hätte erzählen können. Außer, dass diese Drogen nicht mir gehörten. Und das hätte er mir nicht abgenommen, ebenso wenig, wie Sie es mir abnehmen.«
    Ich wollte ihm schon widersprechen. Dann sagte ich mir jedoch, dass er Recht hatte, blieb still und ließ ihn weiterreden.
    »Jedenfalls meinte dieser Mensch, wenn ich kein Vertrauen mehr zu ihm hätte, sei es sinnlos, dass er mich weiter verteidige. Er lege das Mandat nieder, ich dürfe aber nicht vergessen, was er mir gesagt hatte. Wenn ich verlangte, mit dem Richter zu sprechen, würden sie es sofort erfahren. Dann ging er.«
    Jetzt war ich es, der eine Zigarette gebraucht hätte. Das kam inzwischen nur noch sehr selten vor, überwiegend in Momenten, in denen die Dinge unklar wurden. Und wenn Paolicelli die Wahrheit sagte, war diese Geschichte unklar, das war zumindest sicher.
    »Ach, zwei Dinge habe ich noch vergessen.«
    »Ja?«
    »Das eine: Er ließ sich nicht bezahlen. Er wollte keinen Heller, obwohl er doch bestimmt hohe Ausgaben gehabt hatte, Reisekosten, Spesen. Aber es war nichts zu machen: Jedes Mal, wenn ich zu ihm sagte, ich wolle ihn bezahlen, meinte er nur, ich solle mir deshalb keine Sorgen machen. Wenn wir alles in Ordnung gebracht haben – er sprach immer davon, alles in Ordnung zu bringen -, könne ich ihm ja ein kleines Geschenk machen. Und das andere: Als der Staatsanwalt die Freigabe des Wagens anordnete, der im Übrigen auf meine Frau angemeldet ist, bestand Macrì darauf, ihn persönlich abzuholen. Dieses Verhalten ist doch nicht normal für einen Rechtsanwalt, oder?«
    Nein. Das war es tatsächlich nicht.
    Die ganze Sache mit dem Anwalt war höchst suspekt. Zu verwickelt, um erfunden zu sein. Deshalb wusste ich nicht recht, woran ich war. Ich versuchte, das Ganze zu verstehen, und das merkte Paolicelli, denn er unterbrach mich nicht. Was

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