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Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder

Titel: Guillou, Jan - Coq Rouge 05 - Der ehrenwerte Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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finnlandschwedische Riese zwischen zusammengebissenen Zähnen.
    »Oh, Verzeihung, ich werde gleich den Fuß wegnehmen, wenn ich nur diese Bestellung losgeworden bin«, erwiderte der Kriminologe, um nach einem kurzen Seitenblick auf den Riesen, auf dessen Fuß er stand, etwas schneller seinen unglücklich plazierten Fuß wegzunehmen. Bei seinem kurzen Zögern wich der Barmann zurück, um wieder Bier zapfen zu können, und gleichzeitig wurde am Tisch des Kriminologen gejubelt, denn dort knallte der erste Champagnerkorken.
    »Ihr seht, man braucht nur loszugehen und jemandem auf den Fuß zu latschen, dann klappt die Bedienung«, sagte der Kriminologe halb entschuldigend. Dann entdeckte er plötzlich etwas, als er in das Gesicht des Riesen blickte, worauf er dem zweiten Mann einen schnellen, forschenden Blick zuwarf, dessen Gesicht sich ein wenig unter seinem befand.
    »Aber das ist ja sehr interessant«, fuhr er dann freundlich fort.
    »Sehr interessant. Aber da die Herren Jäger sind, würde es mir eine außerordentliche Freude sein, wenn ich diesen kleinen Zwischenfall mit einem Glas Dom Pérignon am Tisch hinter mir wiedergutmachen dürfte.«
    »Wir sind für Jagdgeschichten in Kneipen nicht sehr zu haben, aber weshalb glaubst du, wir seien Jäger?«, entgegnete der normal große Schwede schnell und wachsam.
    »Mich täuscht ihr nicht«, lächelte der Kriminologe glücklich. Und dann zeigte er vielsagend auf die Augenbrauen, zunächst des einen und dann des anderen.
    »Entweder habt ihr ganz verteufelt viel geschossen oder auch sensationell schlecht, vor allem im Hinblick darauf, daß ihr eure Fehlschüsse wiederholt habt«, sagte der Kriminologe, der sich danach durch das Gedränge zu seinem Tisch zurückpflügte, wo er gerade rechtzeitig zum Eingießen ankam.
    »Es sind diese Abdrücke von den Zielfernrohren. Es gibt nicht viele, die so was sehen«, stellte der Schwede leise und fast flüsternd fest.
    »Na schön, dann sind wir eben Jäger«, sagte der Finnlandschwede trocken. »Aber, wenn ich fortfahren dürfte?«
    »Also schön, nach der Schlacht bei Suomalainen wurde dein Vater Nazigegner. Und?«
    » Suomussalmi. Er wurde nicht, er war Nazigegner, unter anderem, weil er mit einer Jüdin verheiratet war.«
    »Das kann in Ekenäs nicht sehr üblich gewesen sein?«
    »Wir, ja, das heißt er und seine Frau wohnten damals in Helsinki. Nein, das war ganz gottverdammt ungewöhnlich. Aber so wie die Dinge lagen, wanderte er nach Schweden aus und wurde schnell schwedischer Staatsbürger, als sich die Fortsetzung des Krieges abzeichnete.«
    »Ein Berufsoffizier im Krieg? Das geht doch wohl nicht?«
    »Nein, natürlich geht das nicht. Aber es geht auch nicht, jemanden, der das Freiheitskreuz bekommen hat, vor ein Kriegsgericht zu stellen.«
    »1941 zog er also nach Schweden und wurde Schwede?«
    »Ja.«
    »Und hat dann wieder geheiratet, eine jüngere Frau, die vielleicht Finnlandschwedin war?«
    »Ja.«
    »Aber dann mußte er wieder nach Finnland ziehen und nahm seinen Wohnsitz in Ekenäs?«
    »Ja.«
    »Und da wurdest du geboren, zwar in Finnland, aber mit einem schwedischen Vater, so daß du Schwede wurdest?«
    »Ja.«
    »Gute Art, ein Gespräch zu führen, so geht es viel schneller.
    Als du also deinen Wehrdienst ableisten solltest, konntest du dich als Auslandsschwede entweder weigern oder…«
    »Wie du weißt, konnte von Verweigerung keine Rede sein.«
    »Nein, ein paar von uns können sich ja daran erinnern. Aber dann seid ihr wieder nach Schweden gezogen?«
    »Ja.«
    »Gut, ausführlicher Bericht entgegengenommen. Aufgrund der Einsätze deines Vaters bei Suom…«
    »Suomussalmi.«
    »Ja, genau. Du wurdest also Schwede, obwohl du Finnlandschwede bist. Höchste Zeit zu gehen, sonst stellt sich noch einer auf deinen Fuß, oder, was noch viel schlimmer wäre, auf meinen.«
    »Ja.«
    Sie fühlten sich erschöpft, und der Rauch brannte ihnen in den Augen, so daß ihnen die Frühlingskälte, die ihnen vor dem Eingang entgegenschlug, wie eine Befreiung vorkam. Es war kein besonders geeignetes Lokal gewesen, um einen sonst so angenehmen, persönlichen und notwendigen Abend abzuschließen. Sie hatten fast nie Zeit gehabt, sich privat miteinander zu unterhalten, obwohl sie einander im Dienst sehr nahe waren. Es war ein gutes Gespräch gewesen, das früh am Abend im Restaurant Reisen unter etwas stilleren Funktionären irgendeiner Volksbewegung begonnen hatte.
    Weiter weg, am Standbild Karls XII., gab es Krach und Lärm,

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