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Gun Machine

Gun Machine

Titel: Gun Machine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Warren Ellis
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ein Mittelding aus Enttäuschung und Verachtung über sein Gesicht huschte, bevor er sich doch dazu herabließ, seine Kippe an dem Flämmchen anzustecken.
    » Danke. «
    » Kein Problem. «
    Der Penner sog den Rauch ein und hielt ihn in der Lunge. Als der Rauch schließlich aus Mund und Nase kroch, fuhr der Mann mit den Fingern durch die aufsteigenden Schwaden, fing sie in der hohlen Hand, ließ die Finger durch die Rauchwölkchen flattern.
    Er leckte sich die Lippen. » Es ist nicht mehr wie früher. Zu viele… wie sagt man? Zusatzstoffe? « Seine Zungenspitze glitt über die Lippen, als wollte sie Rückstände erschmecken. » Honig. Benzol. Ammoniak. Schmeckst du das nicht? Sogar Kupfer. «
    » Bald hör ich wieder auf « , meinte Tallow.
    » Gut. Tabak sollte nur zu besonderen Anlässen genutzt werden. Tagein, tagaus zu rauchen, setzt seinen Wert herab und mindert die Wirkung. « Beim nächsten Ausatmen stieß der Penner die Finger in den Rauch, als wollte er den silbernen Kringeln in den Himmel hinaufhelfen.
    Tallow fragte sich sofort, was für einen besonderen Anlass der Typ heute zu feiern hatte. Doch er sparte sich die Frage. Er hatte keine Kraft für Diskussionen mit verrückten Straßenbewohnern. Deshalb trat er bloß seine Kippe aus, sagte » Viel Glück « und ging über die Straße zum Mietshaus.
    » Ja, dafür bete ich « , antwortete der Penner seinem Rücken. » Für ein bisschen Glück. «

Zwölf
    Der Jäger sog am Tabak und schickte seine Gebete gen Himmel, während er zusah, wie der Mann im schwarzen Anzug das Gebäude mit seinem Werk betrat. Zunächst hatte er sich verflucht, weil er nicht selbst reingegangen war, sobald der Truck mit einer weiteren Ladung seiner gestohlenen Werkzeuge verschwunden war. Doch inzwischen hatte er sich beruhigt. Wäre er sofort reingegangen, wäre er vermutlich entdeckt und womöglich von dem Mann im schwarzen Anzug in die Enge getrieben worden– seine Art zu gehen und der Fall seines Sakkos ließen erkennen, dass er eine Waffe an der Hüfte trug. Nun hatte der Jäger die Oberhand. Die Beute war in Sichtweite und ahnte nicht, dass sie belauert wurde.
    Doch leider mangelte es dem Jäger am richtigen Werkzeug. Er hatte nichts, das mit der Aufgabe harmoniert hätte. Für einen Moment malte er sich aus, in seiner Tasche etwas Passendes zu entdecken, etwa einen alten kurzläufigen .38er Polizeirevolver oder eine Waffe, die als Polizistenschreck verschrien war. Doch er hatte nur sein Jagdmesser.
    Der Jäger überlegte. Die Schuhe, die er im Sommer angefertigt hatte, waren inzwischen so weit eingelaufen, dass er sich anpirschen konnte wie im Wald. Solange er sich vorsah, solange er sicherging, dass er nicht in den großen freien Flächen des Gebäudes gestellt wurde…
    Langsam sog der Jäger den Rauch ein und blies ihn himmelwärts. Er sah zu, wie sich die Reihen der Passanten ausdünnten, und las die Sekunden an seinem Pulsschlag ab, während am Rand seines Blickfelds vorzeitliche Äste wucherten.

Dreizehn
    Als Tallow im Mietshaus die Treppe hinaufstieg, musste er sich ermahnen, die Finger von der Waffe zu lassen. Er hatte nichts zu befürchten. Das sagte er sich bei jedem Schritt. Doch jeder Schritt wurde von Erinnerungen begleitet.
    Auf dem Treppenabsatz, wo Jim Rosato und Bobby Tagg gestorben waren, blieb er stehen. Und dort, an diesem Ort, an dem Blut und Schwarzpulver noch immer in der Luft zu hängen schienen, kapierte er endlich, dass sein Hirn den ganzen Tag nicht richtig funktioniert hatte.
    Er hatte einen Menschen getötet. Egal was sonst noch los war, er hätte nicht mehr auf der Straße unterwegs sein dürfen. Egal wie viele ungelöste Fälle es gab, er hätte bezahlten Urlaub machen müssen. Man hätte ihm die Pistole wegnehmen müssen. Er hätte mit Psychologen reden müssen. Mit der internen Ermittlung, wahrscheinlich auch mit der Staatsanwaltschaft. Niemand würde behaupten, dass er widerrechtlich von der Dienstwaffe Gebrauch gemacht hätte, und da es einen Polizistenmörder erwischt hatte, würde ein Teil der üblichen Komplikationen sicher gar nicht erst auftreten oder im Papierkram » verloren gehen « . Er hatte von Typen gehört, die jahrelang auf ein Urteil über ihren Schusswaffengebrauch warten mussten, doch er sollte wenige Tage nach Beginn des Verfahrens ein positives Urteil auf dem Tisch haben. Alles schön und gut, aber er hätte trotzdem nicht mehr im Dienst sein dürfen.
    Außer man hatte ihn auf eine Harakiri-Mission geschickt. Außer er

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