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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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Nachtigall unterhielt sich in seinem Büro mit der noch immer schluchzenden Mandy. Er schob ihr einen Becher dampfenden Kaffee zu. Sie umklammerte die Tasse fest mit beiden Händen und wärmte sich die Finger.
    »Ausgerechnet Wolfi! Er war immer nett zu jedermann, hat gerne geholfen, wenn jemand Unterstützung brauchte. Von Gartenarbeit bis Babysitting hat er alles übernommen.«
    »Sie gehen davon aus, dass der Mord mit seinem Engagement für die Wölfe zu tun hat?«
    »Womit denn sonst?«
    »Hatte er vielleicht Feinde? Oder Schulden bei Leuten, die beim Eintreiben der Gelder nicht zimperlich waren?«
    »Wolfi?« Mandy riss die Augen weit auf. »Nein!«
    »Wie können Sie sich da so sicher sein? Vielleicht war jemand eifersüchtig auf ihn?«, fragte Nachtigall nach.
    Mandy Klinger putzte sich laut prustend die Nase. »Ich kenne Wolfi seit vielen Jahren. Wir sind praktisch zusammen aufgewachsen. Er war weder reizbar noch schwierig. Nie habe ich ihn schlecht gelaunt erlebt. Wenn er nicht bei uns Wolfsfreunden ist, arbeitet er als Gärtner bei den Gieselkes. Seine Mutter passt in der übrigen Zeit so gut auf ihn auf, dass er gar nicht dazu kommt, sich Feinde zu machen!«, empörte sich die junge Frau.
    »Seine Mutter war wohl etwas overprotective?«
    »Das trifft es bestimmt. Sie hat ihn im wahrsten Sinne des Wortes gepampert. Das hatte seinen Preis. Die Freiheit. Aber es hat ihm nicht viel ausgemacht. Gut, manchmal hat es Dinge verkompliziert, aber Wolfi fand immer eine Möglichkeit.«
    »Von den Nachtwachen hat seine Mutter gewusst?«
    »Meistens. Eigentlich sollte er solche Aktionen langfristig ankündigen. Aber das geht eben häufig nicht. Sie bestand natürlich auch darauf, dass er mit einem Partner Wache hielt und über sein Handy ständig erreichbar war.« Sie machte eine kurze Pause. »Aber auch das war natürlich nicht in jedem Fall zu organisieren.«
    »Und was hat er seiner Mutter stattdessen erzählt?«
    »Er hat behauptet, es seien zwei Leute eingeteilt.«
    »Und der zweite …« Nachtigall ließ den Satz zwischen ihnen schweben.
    »… war ich!«, ergänzte sie nach langem Schweigen patzig. »Ich habe einfach, wenn seine Mutter mich übers Handy angerufen hat, behauptet, ich sei auch draußen auf Wache.«
    »Sie waren aber nicht einmal in Wolfgang Mauls Nähe.« Das war eine Feststellung, keine Frage.
    »Ja. Ich muss mich auf meine Prüfung vorbereiten. Da kann ich nicht meine Zeit im Wald verbringen. Wolfi hat das allein übernommen. Ich habe ihn gedeckt und er mich!«
    Tränen schossen ihr über die Wangen und sie nestelte hektisch an der Verpackung der Taschentücher herum. Entnervt gab sie irgendwann auf und zog das zusammengeknäulte Papiertaschentuch aus der Hose.
    »Haben Sie das oft so geregelt?« Nachtigall bemühte sich um einen gleichgültigen Tonfall. Seine Zeugin musste nicht unbedingt bemerken, wie sehr ihn ihre Antwort interessierte.
    »Oft, was heißt schon oft? Schon die Wachen überhaupt sind sehr selten, und noch seltener haben wir dieses Arrangement getroffen.«
    »Er hat also bei diesen Gelegenheiten seiner Mutter weisgemacht, alles liefe nach ihren Wünschen. Im Grunde hatte er aber dadurch eine ganze Nacht frei für seine eigene Gestaltung. Vielleicht hat er sogar öfter behauptet, mit Ihnen eine Wache zu übernehmen, als Sie davon wussten?«
    »Das kann ich natürlich nicht ausschließen«, antwortete Mandy gedehnt und runzelte dabei die Stirn. »Aber ich glaube nicht, dass er seine Mutter öfter angelogen hat als nötig. So war er nicht. Er liebte sie und wollte ihr keine Probleme machen. Nur deshalb gab es zwischen uns diese Regelung.«
    »Angenommen, seine Mutter hätte bei Ihnen angerufen und nach Wolfgang gefragt – hätten Sie Ihren Freund nicht gedeckt?«
    »Doch. Aber diese Kontrollanrufe waren eher eine Option. Sie hat praktisch nie davon Gebrauch gemacht. Sie hat ihrem Sohn vertraut.«
    »Und letzte Nacht? Da hat sie nichts von der Wache gewusst, nicht wahr?«, fragte Nachtigall leise. Mandy schüttelte den Kopf und begann wieder zu weinen.
    »Sie haben es ihr nicht gesagt.«
    Mandy wischte sich mit einem neuen Taschentuch über die Wangen und tupfte an der inzwischen kräftig geröteten Nase entlang. »Nein, sie wusste es nicht. Ich habe Wolfi abgeholt und zu Nagels Weide gefahren. Ich!«
    »Er hat sich heimlich aus dem Haus geschlichen.«
    »Ja«, bestätigte sie erstickt. »Es war sehr kurzfristig entschieden worden. Er wollte eine lästige Diskussion mit seiner

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