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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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deprimiert und kraftlos über der linken Schulter hinab. »Ich weiß eigentlich gar nicht, wie es ohne ihn weitergehen soll«, fügte er flüsternd hinzu.
    »War es auch Wolfgang Mauls Idee, die Wölfe mit Lärm zu vertreiben?«
    Flockes Gesicht wurde wieder lebhafter. In seinen seltsam fahlblauen Augen loderte ein Funke auf. »Aber natürlich. Konditionierung. Kennen Sie die Versuche mit den Pawlowschen Hunden?«
    Wiener verneinte.
    »Egal. Also er wollte erreichen, dass die Tiere unsere
Gegend mit unangenehmen Erfahrungen verknüpfen – besonders das Reißen von Schafen. Das sollte dazu führen, dass der Wolf diese Gegend meiden würde und keinen Appetit mehr auf Schafe hat. Im Idealfall hätte das gesamte Rudel sein Verhalten in die von uns gewünschte Richtung verändert. Hätte es funktioniert, wäre es eine tolle Methode gewesen«, erklärte Flocke mit vor Begeisterung blitzenden Augen und wilder Gestik.
    »Wieso hätte?«, fragte Wiener erstaunt.
    Flocke verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Na, der Wolf war doch da und hat Schafe gerissen. Also hat es eben am Ende doch nicht geklappt!«
    »Vielleicht konnte Wolfgang Maul ihn gar nicht mehr vertreiben.« Michael Wiener beobachtete, wie der junge Mann diese Information langsam verstand. Erst wurde er rot, plötzlich war alle Farbe aus seinem Gesicht verschwunden und die Lippen bebten. Flocke räusperte sich. Dreimal.
    »Heißt das, also ich meine, soll das bedeuten, dass Wolfi schon tot war, als der Wolf kam?«, ächzte er.
    »Ja. Wäre doch möglich.«
    Flocke schluckte schwer. »Aber ich dachte, ein Bauer hat ihn erschlagen! Weil der Wolf eben doch wieder ein echtes Blutbad angerichtet hatte. Deshalb auch das Wort ›Mörder‹ an den Bäumen.« Er schluckte erneut. »Aber wenn Wolfi zu der Zeit schon tot war, kann das ja nicht stimmen!«
    »Trauen Sie den Wolfsgegnern tatsächlich einen brutalen Mord zu?«
    »Denen traue ich alles zu«, beteuerte Flocke. »Einfach alles!«

30
    Peter Nachtigall fiel auf den Beifahrersitz. »Wir haben ein Bild vom mutmaßlichen Täter«, verkündete er.
    »Was? Na dann können wir ihn ja zur Fahndung ausschreiben!«, freute sich Skorubski.
    »Deine Begeisterung kommt zu früh. Hier, sieh mal.« Damit reichte Nachtigall die Zeichnung Annabelles an seinen Freund weiter.
    »Na gut. Als Phantombild ist es weniger geeignet. Meinst du, sie hat den Mörder wirklich gesehen? Oder bildet sie sich das nur ein?«
    »Die Frage konnte ich ihr nicht stellen – und wahrscheinlich hätte sie mir ohnehin nicht geantwortet. Die Ärztin meint, es sei möglich, dass sie mir wirklich bei den Ermittlungen helfen will. Oben steht ›Für den Vogelmann‹. Sie hat es also extra für mich gemalt. Es ist immerhin denkbar, dass sie wirklich jemanden hat fliehen sehen.«
    »Wir müssen ins Büro zurück. Michael hat die Wolfsfreunde einbestellt. Vielleicht erfahren wir ja was über Mauls privaten Hintergrund. Feinde, eifersüchtige junge Männer, denen er die Freundin ausgespannt hat …«
    Albrecht Skorubski bog aus der Leipziger Straße auf die Thiemstraße ab.
    »Oh je. Was ist denn hier los?«, schimpfte Nachtigall, als sie direkt in einen Stau fuhren. »Irgendwo gibt es heute etwas umsonst und ich weiß nichts davon?«
    »Nein. Das ist nachmittags hier die Regel. Entspann dich. Es geht ja dennoch voran, nur eben langsam.«
    Nachtigall zog sein Handy aus der Tasche und checkte das Display. Keine Anrufe, die er während seines Besuchs im Klinikum verpasst hatte, dafür eine SMS. Er öffnete die Mitteilung und lächelte. Sie war von Conny. Liebesgrüße aus der Hauptstadt und das Versprechen, morgen wieder nach Hause zu kommen. Erleichtert stellte er die Lautstärke wieder ein und steckte das Mobiltelefon zurück.
    »Albrecht! Wir haben gar nicht gefragt, ob die Kinder Handys haben!« Er schlug sich mit der Hand vor die Stirn. »So könnte es doch auch gewesen sein: Jemand ruft den Kleinen an und verabredet sich mit ihm. Vielleicht im Garten. Danach nimmt Maurice den Fremden, den er ja nun schon kennt, mit ins Haus, brüstet sich, unbeaufsichtigt zu sein, zeigt dem ›Freund‹ den Waffenschrank. Er bringt ihn ins Arbeitszimmer des Großvaters und bietet ihm etwas zu trinken an, weil er beobachtet hat, dass die Erwachsenen das so machen. Als er wieder zurückkommt, ertappt er den Kerl dabei, wie er in den Schubladen nach etwas sucht. Deshalb muss er sterben.«
    »Wir können die Eltern einfach anrufen und danach fragen«, schlug Skorubski

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