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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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vor.
    »Ja. Dabei müssen wir auch gleich noch in Erfahrung bringen, wer die Telefonnummern der Kinder hatte oder wie leicht man sie herausfinden kann.«
     
    Nachtigall verschwand sofort in seinem Büro. Albrecht Skorubski sah von einem der wartenden Wolfsfreunde zum anderen und winkte eine junge Frau heran. »Albrecht Skorubski«, stellt er sich knapp vor.
    »Evi Mandel.«
    »Hallo, Frau Mandel. Nett, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Kommen Sie doch bitte gleich mit, wir suchen uns einen freien Raum.«
    Er klopfte an eine der Türen auf dem langen Gang. Als keine Antwort zu hören war, trat er ein und Evi Mandel eilt ihm nach.
    »Nehmen Sie doch bitte Platz. Das alles war für Sie ein ziemlicher Schock, nicht wahr?«
    Die junge Frau nickte und wischte sich Tränen aus den Augen. »Es ist ja nicht nur schlimm, dass überhaupt jemand Wolfi getötet hat – es ist nicht nur eine unfassbar grausame Tat, nein, sie ist auch noch komplett sinnlos und unverständlich«, schniefte sie.
    »Sinnlos?«
    »Wolfi hat bloß Wache geschoben, um Korbinian Nagel zu beruhigen. Der Ferdinand Kramstätter hatte den Nagel ganz wuschig gemacht. Immerzu nur noch vom Wolf und den Gefahren, die mit ihm kommen, geredet. Wir haben ja nie geglaubt, dass tatsächlich ein Wolf die Schafe gerissen hat«, erklärte sie stockend.
    »Davon haben wir gehört: Die Hundetheorie.«
    »Das ist keine Theorie!«, widersprach Evi Mandel vehement. »Wir haben ein paar Haare gefunden! Nie und nimmer sind die von einem Wolf! Schäferhund, würde ich eher vermuten.«
    »Warum sollte jemand seinen Schäferhund in eine Schafherde hetzen? Ich glaube, Sie müssen mir das erklären.«
    »Die Schafzüchter sind sich uneinig, was die Einschätzung der Gefahr angeht, die Wölfe darstellen. Und seltsam: Genau die Herden der Bauern werden angegriffen, die noch immer pro Wolf sind. Auch Korbinian Nagel sieht im Wolf nicht nur ein blutrünstiges Raubtier. Er war somit ein potenzielles Opfer, falls jemand ihn ›umdrehen‹ wollte. Deshalb hat Wolfi sofort vorgeschlagen, er könne die Herde bewachen. Er wollte nicht riskieren, dass Nagel sich auf die Seite der Gegner stellen könnte.«
    Albrecht Skorubski schüttelte ungläubig den Kopf. »Die Besitzer der Schafherden fürchten um ihre Tiere, weil Wölfe Schafe reißen könnten. Deshalb hetzen sie ihre Hunde auf die Schafe, nehmen Verluste in Kauf, um so zu erreichen, dass der Wolf zum Abschuss freigegeben wird? Es erscheint im ersten Moment nicht logisch!«
    »Mag sein. Vielleicht ist es das ja auch nicht. Wenn Schafe gerissen werden, kommt die Presse in Scharen. Alle zeigen die furchtbaren Bilder. Die Menschen sind schockiert, schließen sich denen an, die Wölfe für eine Bedrohung halten. Die latente Angst vor dem Raubtier wächst. Es dauert gar nicht lange und man darf den Wolf ebenso medienwirksam zur Strecke bringen!«
    Skorubskis Miene spiegelte seine Skepsis.
    »Sehen Sie, das ist keine Diskussion, die auf einer rationalen Basis geführt wird. Es geht nur um große Emotionen! Panik, Angst und Liebe. Da die logischen Argumente nicht zu finden sind, muss man sie eben erschaffen. Wir versuchen, den Wolf positiv darzustellen. Dazu nutzen wir Bilder, die das friedliche Familienleben der Tiere zeigen. Die Gegner kreieren ihre eigenen Schreckensfotos. Und nun hat Wolfi mit seiner Idee die Pläne gestört. Also musste man zuerst den Wächter töten und danach konnte man den Hund auf die Schafe hetzen.«
    »Nein! Niemand tötet einen Menschen aus so einem Grund!«, protestierte der Kripobeamte, wohl wissend, dass das so nicht stimmte. Menschen wurden aus den nichtigsten Anlässen ermordet, manchmal einfach nur, weil sie im Weg waren – vielleicht wie Wolfi.
    »Ich gehe jeden Tag mit diesen Menschen um. In meinem Maileingang finde ich regelmäßig die unglaublichsten Drohungen. Von ›Wir werden dich schon zurechtprügeln‹ bis ›warte, bis es dunkel wird‹ oder ›du bist wohl sexuell nicht ausgelastet. Wir helfen dir bei diesem Problem‹. Selbst so was wie ›wenn du alte Schlampe nicht endlich mit dem Blödsinn aufhörst, wirst du wohl deinen nächsten Geburtstag nicht mehr erleben.‹« Evi Mandels Gesicht hatte sich vor Zorn gerötet und ihre Augen blitzten vor unterdrückter Wut.
    »Bekommen die anderen Wolfsfreunde auch solche Mails?«, fragte Skorubski fast flüsternd.
    »Aber natürlich. Wir alle bekommen Morddrohungen.«
    »Wegen der Wölfe?«
    »Oh ja. Der Wolf polarisiert.«
     
    Peter

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