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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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besonders lange und intensiv an?
    Hirngespinste, wies er sich zurecht. Dennoch bemühte er sich um eine möglichst unbeteiligte Miene, als er fragte: »Und, wer war’s?«
    Nele schlug die Augen nieder. »Eine schlanke, schwarze Gestalt mit einem Kaninchen.«
    »Mit einem Kaninchen?« Die Verblüffung brauchte er nicht zu spielen, die war echt.
    »Vielleicht jemand, der sich mit ihr über Kaninchen unterhalten hat, oder der welche züchtet. Es ist im Moment schwer zu sagen, was Annabelle denkt.«
    »Oder es war jemand, dessen Haar sich wie das Fell eines Kaninchens anfühlt?«
    »Das wäre dann ja ein eindeutiger Hinweis auf dich!«, neckte Nele ihren Mann. »Sie hat immer gesagt, deine Haare fassen sich an wie Martin. Das ist der Rammler ihrer Freundin.«
    »Super. Also bin ich jetzt per Bildbeweis überführt!«, gab Mühlberg sich zerknirscht. Mit sportlichem Schwung sprang er auf. »Möchtest du auch ein bisschen Obst?«
    Nele schüttelte den Kopf. Als sie allein war, griff sie nach dem Mobiltelefon, das Richard Mühlberg auf dem Tisch zurückgelassen hatte.
    Zielsicher rief sie das SMS-Programm auf.

38
    »Ich weiß jetzt, was für ein Tier Annabelle gemeint hat!«, verkündete Nachtigall, als er zusammen mit Albrecht Skorubski das Büro betrat.
    Michael Wiener sah schlecht gelaunt von seinem Monitor auf. »Euch auch einen schönen guten Morgen!«
    »Es ist ein Wolf.«
    Wiener schnalzte mit der Zunge. »Ein Wolf? Also gibt es doch eine Verbindung zwischen den Taten.«
    »Wobei es nicht bedeuten muss, dass Annabelle Wolfgang Maul durchs Fenster gesehen hat«, mahnte Skorubski und dämpfte den Eifer des Kollegen merklich. »Das kann eine Beobachtung sein, die sie zu irgendeinem Zeitpunkt gemacht hat. Peter, diese Psychologin hat dich explizit davor gewarnt, all das überzubewerten.«
    »Ja, das habe ich nicht vergessen. Ich weiß, dass das Mädchen verwirrt ist. Dennoch können wir auch nicht ausschließen, sie habe ihr Bild gemalt, um mir konkret etwas mitzuteilen, was den Tod ihres Bruders betrifft. Gehen wir mal davon aus, sie wollte mir einen wichtigen Hinweis geben. Dann könnte es bedeuten, der Mann sei wie ein Wolf. Der Wolf in der Fabel ist gierig und schlau, aber nicht so klug wie sein Gegenspieler, der Fuchs. Oder sie bringt den Flüchtenden aus anderen Gründen mit dem Wolf in Verbindung – und da ist Wolfgang Maul perfekt. Er heißt Wolfgang, man nennt ihn Wolfi und er kämpft für die Lausitzer Wölfe.« Nachtigall machte einen sehr zufriedenen Eindruck. »Wir müssen herausfinden, wo er zum Zeitpunkt des Mordes an Maurice war, was er getan hat und ob es dafür Zeugen gibt!«
    »Das Motiv?«, fragte Skorubski nicht überzeugt.
    »Er wollte sich befreien. Ein neues Leben beginnen, weit entfernt von der Mutter und ihrem beherrschenden Einfluss. Dazu benötigte er Geld. Möglichst viel Geld. Er suchte nach dem geheimen Rezept, doch dabei stieß er unvermutet auf Maurice«, murmelte Nachtigall mehr vor sich hin, als dass er zu den Kollegen gewandt sprach. »Aber warum schleppte er die Pumpgun mit? Wozu brauchte er das Gewehr? Vielleicht nur als Staffage, weil es seiner Meinung nach dazugehörte, wenn man irgendwo einbrach. Und als er gestört wurde, war er froh, so umsichtig gewesen zu sein. Erst nach dem dritten Schuss kam er wieder zu sich, war schockiert und rannte kopflos aus dem Haus.« Er machte eine Pause, atmete tief durch und ergänzte: »Eine hübsche Theorie, mit einem echten Schönheitsfehler.«
    »Für mich klingt sie sehr stimmig«, erklärte Wiener und suchte unter den Papieren auf seinem Schreibtisch, bis er ein bestimmtes Dokument gefunden hatte.
    »Als ich mit ihm sprach, war er völlig natürlich. Kein bisschen besorgt oder schuldbewusst. Um mir das vorzuspielen, muss man schon ganz besonders abgebrüht sein – und das war Wolfgang Maul nicht. Nichtsdestotrotz, wir überprüfen sein Alibi. Jemand hat das Wort ›Mörder‹ auf ihn bezogen, damit wollte er eindeutig der Polizei einen Hinweis geben.«
    Wiener hatte inzwischen gefunden, wonach er gesucht hatte. »Hier! Wir haben doch die Konten der Beteiligten überprüfen lassen. Dabei stellt sich die Situation wie folgt dar.« Er hielt das Papier etwas weiter von sich, was Nachtigall nicht ohne Amüsement bemerkte. »Die Großeltern verfügen über ein beachtliches Guthaben, das Haus gehört ihnen und ist schuldenfrei. Die Kontobewegungen lassen keine unerklärlichen Regelmäßigkeiten erkennen. Johannes Gieselke sitzt weitgehend

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