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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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verhindern. Die Füße waren gefesselt und die Taube so zur Bewegungslosigkeit verdammt. Über die blutverschmierte Brust zog sich ein langer Schnitt.
    »So eine grausame Tat«, röchelte Andermatt erstickt, als er neben den Hauptkommissar trat.
    »Sie war zu jedermann zutraulich?«
    »Ja. Isolde wusste um ihre Schönheit. Sie mochte es, wenn man sie bewunderte. Misstrauen kannte sie nicht, Gewalt war ihr fremd.«
    »Die Kollegen werden sicher gleich hier sein und Fotos vom Tatort machen. Ich hoffe, wir finden heraus, wer das getan hat.«
    »Verblutet. Die arme Kleine ist jämmerlich verblutet«, jammerte der Züchter und wischte sich verstohlen über die Augen.
    »Wenn Sie abends schlafen gehen, zählen Sie Ihre Tiere?«
    »Na ja, nicht immer. Aber natürlich habe ich gesehen, dass Isolde fehlt. Ich habe nach ihr gerufen, aber sie ist nicht gekommen. Sogar ihre Freundinnen habe ich noch eine Runde drehen lassen, in der Hoffnung, Isolde könnte sich ihnen auf dem Heimflug anschließen. Nichts. Und als ich gegen 2 Uhr früh noch einmal nachsehen wollte …« Er wandte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht ab. »An dem Gerede über die Vogelgrippe jedenfalls kann es nicht liegen. Keiner spricht mehr davon. Jetzt sind die Schweine dran!«
    »Warte bitte einen Moment. Ich muss hier noch etwas erledigen«, schäumte Nachtigall und ließ den ratlosen Skorubski am Auto zurück. Als er ein kleines graues Haus inmitten eines ungepflegten Gartens erreichte, klingelte er rücksichtslos so lange, bis jemand den Summer betätigte.
    »Sie sind wohl vom wilden Affen gebissen!«, empfing ihn der Hausherr zornbebend im Rippenhemd und hastig übergezogener Trainingshose. »Es ist Wochenende!«
    »Kriminalpolizei Cottbus. Für uns gibt es kein Wochenende. Bei Mord schon gar nicht.«
    »Mord?«, fragte der schlaftrunkene Hausherr entsetzt.
    »Ich möchte sofort Ihren Vater sprechen!«
    »Vater hat jemanden umgebracht? Hören Sie, das muss eine Verwechslung sein. Mein Vater ist ein sehr alter und von zunehmender Demenz betroffener Mann.«
    »Dennoch möchte ich ihn sprechen. Jetzt!«, beharrte Nachtigall.
    »Gut. Da müssen Sie sich aber ein bisschen gedulden. Ich muss ihn erst wecken.«
    »Rede nicht solch ein dummes Zeug!« Walter Zesch stand urplötzlich hinter seinem Sohn, der wie ertappt zusammenfuhr. »Ich leide an seniler Bettflucht. Das weißt du sehr genau. Mach lieber Frühstück. Wenn jetzt schon alle wach sind, möchte ich auch mein Brötchen haben!«
    Kopfschüttelnd kehrte der Sohn ins Haus zurück.
    »Vergiss nicht mein Ei! Pflaumweich!«, rief der Vater ihm nach.
    »Herr Zesch, ich glaube, Sie erinnern sich an mich.«
    »Ja, natürlich. Sie sind von der Polizei.«
    »Genau. Und ich werde mich mit Ihnen jetzt über eine brutal ermordete Taube unterhalten!«
    »Was wollen Sie? Es wäre eigentlich Ihre Aufgabe, weitere Morde zu verhindern. Aber ich sehe nichts davon. Niemand sperrt diesen Andermatt endlich ein, niemand zieht die Vögel aus dem Verkehr. Ohne den Andermatt und seine Viecher, die den Tod herbeirufen, wäre der kleine Junge nicht gestorben!«
    »Die Vögel sind für den Tod des Kindes nicht verantwortlich!«, polterte Nachtigall.
    Ein schlauer Zug flog über Walter Zeschs Gesicht. »Die Vögel haben nicht geschossen, das ist wahr. Aber sie haben den herbeigerufen, der es tat.«
    »Wer soll das gewesen sein?« Es kostete Nachtigall große Mühe, seinen Zorn zu beherrschen. Dieser aufgeblasene Wichtigtuer, dem sich niemand zu widersetzen traute!
    »Der Schwarze persönlich. Und er wird es so lange immer wieder tun, bis die Vögel nicht mehr rufen.«
    Hatte Walter Zesch tatsächlich jemanden gesehen?
    »Der Schwarze persönlich? Das ist ein Märchen.«
    »Aber nicht doch. Am Mittwochnachmittag lief er durch den Garten davon. Genau in die Richtung von Andermatts Taubenverschlag. Der Schwarze ist mit den Todesvögeln im Bunde und er wird erst gehen, wenn sie ihm kein weiteres Opfer mehr geben wollen.«
    »Sie haben Isolde an die Tür genagelt!«, schnaubte Nachtigall empört.
    »Ja«, lächelte der Greis versonnen. »Erst wenn es keine Vögel mehr gibt, kehrt Ruhe ein.«

37
    »Ist es das wirklich wert?«
    »Was?« Olaf Gieselke warf seiner Frau über den Rand seiner Kaffeetasse einen ungehaltenen Blick zu. Sie wusste doch genau, dass er vor der dritten Tasse nicht gestört werden wollte, warum konnte sie sich nur an eine so einfache Regel nicht halten? Nicht einmal beim Frühstück gönnte sie einem ein bisschen Ruhe,

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