Gut geküsst ist halb gewonnen: Roman (German Edition)
die zu den Schlafzimmern führte. »Und wenn du weg musst –«
»Ich gehe nicht weg.«
Sie sah ihn ein letztes Mal an und verschwand.
Quinn warf das Handtuch auf die Theke und ging ins Wohnzimmer. Statt die Lampen anzuschalten, zog er die Gardinen auf und ließ die Sonne herein. Er schnappte sich seinen Matchbeutel vom Boden und warf ihn auf die Couch. Dann holte er ein Paar Gummihandschuhe heraus und zog sie über. Er nahm den Brief, der auf dem Tisch lag, und schlitzte eine Seite mit dem kleinen Universalmesser auf, das er in der Hosentasche trug. Er zog den Brief aus dem Umschlag und setzte sich auf die Couch. Diesmal war kein Zeitungsausschnitt dabei.
Irgendwo im Haus wurde das Wasser angedreht. Er faltete das Papier auseinander und las:
Tja, ich bin sehr enttäuscht, Lucy. Ich hab Sie mit ihm gesehen. Mit dem Cop. Der mit den dunklen Haaren und Augen. Er hat sie angegafft, als würde er Sie sich nackt vorstellen. Mieses Schwein.
Ich dachte, wir hätten eine Abmachung. Ich dachte, ich könnte Ihnen vertrauen. Ich habe durch Ihre Bücher eine so tiefe Verbindung zu Ihnen verspürt. Ich dachte, Sie fühlten es auch. Durch Ihre Bücher habe
ich gelernt, mich selbst zu verstehen. Ihre Worte sprechen zu mir und geben mir Kraft. Als Gegenleistung habe ich Ihnen ein paar meiner Geheimnisse erzählt und meine geheimsten Gedanken mitgeteilt. Quid pro quo – wissen Sie noch? Sie haben mich verraten. Ich weiß, dass Sie ihm meine privaten Briefe an Sie gezeigt haben.
Was wird jetzt? Ich weiß nicht. Ich muss darüber nachdenken. Sie haben mich so enttäuscht. Sie haben mir ein Messer in den Rücken gejagt.
Soll ich mich revanchieren?
Seine Nackenhaare sträubten sich, was ihm nicht mehr sehr oft passierte. Quinn ließ Brief und Umschlag in eine durchsichtige Beweistüte gleiten, versiegelte sie und zog die Handschuhe von seinen Händen. Er pfefferte sie auf den Couchtisch und überflog den Brief noch einmal. Er musste Lucy darüber informieren. Er durfte es ihr nicht verschweigen. Sie musste wissen, dass Breathless sie offen bedrohte.
Als Lucy ihn wegen des letzten Briefes anrief, hatte er gewusst, dass sich die Spielregeln geändert hatten; nur nicht, in welchem Maße. Jetzt war er schlauer. Lucy musste eine Weile woanders wohnen oder einwilligen, zwei verdeckte Ermittler in ihrem Haus zu dulden, die sie rund um die Uhr bewachten. Es gab bloß diese zwei Möglichkeiten – er konnte nur hoffen, dass sie einer davon zustimmte.
Er schlug sein Notizbuch auf und fuhr den Laptop hoch. Breathless hatte ihn und Lucy zusammen gesehen. Sie wusste, dass Quinn ein Cop war. Entweder kannte sie ihn aus einer Pressekonferenz im Fernsehen oder er hatte sie persönlich
befragt. Quinns Bauchgefühl sagte ihm, dass Letzteres der Fall war.
Als Erstes schrieb er alle Orte auf, an denen er gemeinsam mit Lucy gewesen war. Die Liste begann mit Starbucks und enthielt diverse Restaurants und »Barnes and Noble«. Sie endete mit seinem letzten Besuch bei ihr zu Hause.
Als Nächstes blätterte er in seinen Notizen und schrieb die Namen aller auf, die er seit dem ersten Mord befragt hatte. Er zog die Profile und das Mitgliederverzeichnis der Krimifrauen aus dem Notizbuch und umkringelte die drei Mitglieder, die bei »Barnes and Noble« arbeiteten und die Opfer möglicherweise getroffen hatten. Dann umkringelte er die vier Peacock-Ortsgruppen, die sich in Buchläden trafen, und die Vorsitzenden der Gruppen, die er bereits befragt hatte. Er verglich die drei Angestellten und Peacock-Mitglieder mit den Telefonaufzeichnungen und E-Mails der Opfer. Das Ergebnis war eine dicke, fette Null.
Irgendwo im Haus wurde das Wasser abgestellt, und er kramte die Fotokopien des anderen Briefes heraus und legte sie nebeneinander auf den Couchtisch, um nachzuprüfen, ob ihm irgendwas entgangen war. Fehlanzeige. Seine Stirn war vor Frustration ganz angespannt. Eine eindeutige Verbindung nachzuweisen, wäre zu einfach gewesen. Und an diesem Fall war nichts einfach. Er blätterte in seinem Notizbuch, bis er auf die Befragungen stieß, die er mit den Angestellten der Buchläden durchgeführt hatte, in denen alle vier Opfer Kunden gewesen waren.
Die einzige Verbindung zwischen allen vier Opfern waren Bücherquittungen. Es gab zwar noch andere, aber die Quittungen schienen einen größeren Teil des Puzzles auszumachen,
als Quinn ursprünglich geglaubt hatte. Wenn Breathless nicht online mit Männern kommunizierte, riss sie sie wahrscheinlich in Buchläden
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