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Gut genug - Erzählung

Gut genug - Erzählung

Titel: Gut genug - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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ein paarmal im Radio den Londoner Müttern gesagt, wie es geht und daß man die Kinder sehr gut aufs Land schicken kann in die Ferien zu anderen Leuten, wenn es größere Kinder sind, nur die kleineren und die ganz kleinen müssen die ganze Zeit bei ihren Müttern bleiben. Gerade jetzt ist es wieder so: die Welt hat aufgehört, so zu tun, als wäre sie rund und bunt und ein einziger Selbstbedienungsverein, jemand hat die unterste Flasche rausgezogen, und es fängt an zu scheppern, aber als das Atomwerk in Rußland hochging, war es noch ungewohnt, daß es scheppert, obwohl man seit dreißig Jahren dauernd davon geredet hat und manchmal von fast nichts anderem, aber trotzdem war es ungewohnt, und also haben die Leute wie immer den Fernseher eingeschaltet und die Zeitung gelesen und sich alles, was vorkam, gemerkt und, so gut es nur ging, behalten, aber selbst wenn sie es auswendig konnten, war es nur so als ob, weil sie gewöhnt waren, außer bei Glatteis an Naturkatastrophen nicht zu glauben. Und wenn es so ist, als ob, dann spielt man es nur. Als Spiel ist es amüsant, wenn es sonst nicht viel Abwechslung gibt. Es ist nicht sehr abwechslungsreich, jeden Tag auf den Spielplatz zu gehen. Den einen Tag gibt es Mohrrübenbrei und den anderen Milchreis mit Zucker und Zimt und zwischendrin eine Pizza.
    Wobei Reproduktion heißt: das Kinderhaben, die tägliche Wiederholung.
    Flo hatte laufen gelernt und wollte nicht mehr ins Museum. Ich hatte den Winter lang überlegt, ob ich Liebermann mag, und dann habe ich gewußt, ich mag ihn, sogar sehr, aber ich mußte nicht mehr die ganze Zeit ins Museum, um es herauszufinden. Also bin ich mit Flo auf den Spielplatz gegangen. Manchmal ich und manchmal A.C., und man braucht nicht sehr oft hinzugehen, um zu wissen, es sind diese Plätze, die zum Orkus dazugehören. Wenn Sie ein Kind haben, wissen Sie, wie sie sind, und wenn nicht, wollen Sie es nicht wissen. Die Kinder bekommen bunte Plastiksachen, und wenn alles gut geht, macht jedes Kind mit seinen bunten Plastiksachen irgend etwas mit Sand, aber meistens geht es nicht gut, weil das eine Kind die Sachen von einem anderen Kind nimmt, und entweder das Kind gibt sie nicht her, sondern klammert sich an seinen Eimer und schreit und kratzt und tritt und beißt und spuckt und so weiter, oder das Kind gibt sie freiwillig her, aber dann sagt die Mutter von dem einen Kind, gib schön dem Mädchen die Schippe wieder, und also beginnen die üblichen Verwicklungen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und Schadensersatz Schmerzensgeld Ratenzahlung, alle diese Prozesse und Strafsachen hinterher. Manchmal sagt auch die eine Mutter zu ihrem Kind, du mußt dir nicht alles wegnehmen lassen, und das etwa sind die Varianten, und es ist klar, daß sie dir auch ohne Marx und die Seeräuberjenny nach zwei, drei Tagen zum Halse raushängen, aber wenn die Sonne scheint, machst du die Augen zu und döst der vergangenen Nacht hinterher und der künftigen Nacht entgegen, es ist Frühling geworden, und du merkst, du hattest nicht mehr daran geglaubt. Und dann ist es eine Abwechslung, wenn man es etwa seit März gemacht hat, und Ende April geht in Rußland dieses Atomwerk hoch. Dann haben sie Europa doch noch nicht evakuiert, und nur die Salatköpfe mit Zellophan zugedeckt. Einer hat dem anderen in den Garten geguckt, um zu sehen, ob dort die Salatköpfe zugedeckt sind, und wenn sie es waren, hat er es auch gemacht, aber wenn sie nicht zugedeckt waren, war es ihm peinlich, und er hat seine Salatköpfe uneingepackt weiter wachsen lassen, und sie sind ziemlich schnell und kräftig gewachsen nach dieser Sache in Rußland. So ist der Sommer vorbeigegangen, und als er vorbei war, haben alle noch weitergelebt und es langsam wieder vergessen, weil eine Abwechslung nur eine Weile ein Spiel ist, dann wird sie fad und belästigt. Nach dem Sommer habe ich gesagt, ich möchte jetzt nicht wieder Winter, weil Flo gewachsen war, und meine Wohnung war nicht gewachsen, sondern noch immer sehr klein. Meine Wohnung war hauptsächlich Flos Wohnung. Der Schrank gehörte noch immer der Katze, auch wenn sie keine Kinder mehr hatte. Wenn sie schrie, ließ ich sie nicht aus dem Haus. Flo hatte sich beigebracht, Auto zu sagen. Bagger. Hammer. Aua. Flugzeug war noch zu schwer. Von da an hat er sich jeden Tag neue Wörter beigebracht, und irgendwann ja und nein. Wenn er sich ein Wort beigebracht hat, hat er vorher geübt, wie es geht. Für Hammer hat er sehr lange geübt, und solange er Hammer

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