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Gut genug - Erzählung

Gut genug - Erzählung

Titel: Gut genug - Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rotbuch-Verlag
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anderes gemacht haben. Manche Leute regeln das übers Fernsehen, immer ist irgendwo ein Krieg oder etwas, worüber sich reden läßt, eine Bombe geht hoch, ein Atomwerk oder ein Faschismus drohen und brechen aus, und man kann besprechen, ob es eine Zukunft gibt oder doch vielleicht lieber nicht, und manchmal benimmt sich in einer Talkshow jemand schlecht und schüttet einem anderen sein Bier ins Gesicht, worüber sich anschließend sprechen läßt, und wenn du es eine Weile gemacht hast, merkst du nicht, daß du in deinem Leben nicht mehr vorkommst, und also kommst du in dem, was du redest, nicht vor, alles geht weiter, aber immerhin tut gar nichts weh.
    Ich habe gesagt, es ist vollkommen sinnlos, ein Kind zu haben. A.C. hat gesagt, also was schlägst du vor. Ich habe gesagt, für eine Abtreibung ist es zu spät.
    Ich weiß nicht, was Sie machen, wenn Sie mitten in einer Sache stecken, die vollkommen sinnlos ist, Ihnen geht die Puste aus, aber Sie kommen nicht wieder raus.
    Was wir gemacht haben, ist folgendes: erst habe ich angefangen zu glauben, ich hätte Krebs. Es hat eine Weile geklappt, weil November mit Buß- und Bettag war, Volkstrauertag, alles mit einheitlich schlechtem Wetter. Ich habe gesagt, A.C., ich bin sicher, ich habe Krebs. Er hat gesagt, wie ist es, und ich habe gesagt, nichts Bestimmtes, aber ich bin ziemlich sicher. Wir müssen aufs staatliche Heiratsamt. A.C. hat zwar nicht geglaubt, daß ich Krebs habe, aber er hat es zum Glück nicht gesagt. Aufs Heiratsamt wollte er trotzdem nicht. Er hat gesagt, gut. Nehmen wir an, du stirbst, weil es das war, was ich die ganze Zeit dachte. Was hat das damit zu tun. Ich habe gesagt, wenn ich sterbe, darfst du das Kind nicht behalten. A.C. hat gesagt, wer will es haben, weil er sich nicht vorstellen konnte, daß irgend jemand Flo will, wenn schon die eigenen Eltern kämpfen. Ich habe gesagt, meine Mutter sagt dauernd, sie will mir das Kind abnehmen. A.C. hat trotzdem nicht gewollt. Ich habe gesagt, meine Mutter hat noch niemals mit dir ein Wort gesprochen. Mein Vater weiß, glaube ich, nicht, wie du heißt. A.C. hat gesagt, von wem denken sie, ist das Kind. Irgendwer muß der Vater sein. Wir haben noch eine Weile über den Heiligen Geist und die unbefleckte Empfängnis gesprochen, und ob meine Eltern daran glauben, und ich war der Meinung, daß sie ungefähr daran glauben, aber A.C. wollte trotzdem nicht. Ich war sicher, ich habe Krebs und sterbe, und dann tun sie das Kind ins Heim. Später ins Internat. Hypochondrie im November hilft ein bißchen gegen die Sinnlosigkeit, aber auf die Dauer hat sie mich nicht überzeugt, also bin ich schließlich gesund geworden. Als nächstes haben wir es mit Trinken probiert. A.C. hatte in den Hotelbars mit seinen Gangstern nicht nur Whisky getrunken, obwohl das auch schon Trinken ist, sondern verschiedenes anderes Zeug. Das meiste auf der Basis von Wodka und Gin und mit zersplittertem Eis. Wir haben Eiswürfel in Küchenhandtücher gepackt und mit dem Hammer draufgehauen, bis sie zerkrachten, und haben ein paar Abende lang versucht, wie es ist, und es ist ganz gut gewesen, weil dir betrunken gleich sehr viel mehr einfällt, als wenn du die ganze Zeit nüchtern bleibst. Das beste am Suff ist, daß du denkst, du hast glasklar begriffen, wie alles im Leben geht. Und am Ende wirst du demnächst auch noch reich. Auf völlig legale Weise. Ohne nur irgend etwas zu machen, was man nicht machen darf, wenn man durchkommen will und am Leben bleiben. Wenn man Orangensaft dazuschüttet, schmeckt es sogar nicht schlecht. Wir haben es auch mit Tomatensaft ausprobiert, und es hat auch geschmeckt. Aber dann sind die Nächte furchtbar gewesen, weil Flo trotzdem wach wurde, einmal hat A.C. seine Aushilfsorgel am nächsten Morgen verschlafen, und danach haben wir es nicht mehr sehr oft gemacht.
    Kurz vor Weihnachten habe ich gesagt, am besten, wir machen gleich noch ein Kind. Einfach eins hinterher. A.C. hat gesagt, nur über meine Leiche. Außerdem hatten wir vergessen, wie es geht. Sicherheitshalber ist er trotzdem ein paar Tage weggefahren und hat einen Freund besucht, der in München wohnte und den er von früher kannte. Oder wen.
    Gut.
    Danach war Weihnachten. Es gab einen Weihnachtsbaum. Bea war aus Paris gekommen. Sie sollte von ihrer Firma nach Tokio geschickt werden, um bei einer Tochterunternehmung mitzumachen, die sie eröffnen würden. Niemand hat mehr nach ihrem Freund gefragt, dafür hat sich herausgestellt, daß meine Eltern

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