Gut reicht voellig
Beste! Wer sagt denn, dass um die nächste Ecke nicht das noch Bessere lauert?
Und schon haben wir das klassische Bild vom Hamster im Rad: Er läuft und läuft und läuft … und kommt nie an. Und gönnt sich deshalb viel zu selten Pausen. Und das ist ungesund. Perfektionisten, die den Punkt nicht finden, an dem es auch mal genug ist, sind deshalb nicht selten auch besonders anfällig für den Griff zu Alkohol und Tabletten, um entweder das Gefühl des Angestrengt-und-Überfordert-Seins zu betäuben oder aber um noch leistungsfähiger zu werden.
Perfektionismus schränkt ein
„Entweder mach ich’s ganz und dann richtig oder gar nicht!“ Diesen Satz kennen Sie sicher, nicht wahr? Wasaber bedeutet das in letzter Konsequenz? Heißt das zum Beispiel …
… wenn ich keine Zeit dafür habe, die vierstöckige Buttercremetorte und den Baumkuchen zu backen, sage ich den Kaffeeklatsch mit Freundinnen ab?
… wenn mir auch nur eine Sekundärliteratur zu dem Artikel fehlt, verschiebe ich den Abgabetermin?
… wenn ich mich nicht absolut perfekt auf die Präsentation vorbereiten kann, dann lasse ich sie lieber einen Kollegen übernehmen?
… bevor ich nicht wieder die absolute Traumfigur habe, gehe ich nicht auf Männersuche?
Wie schade eigentlich! Wenn ich nur in schwarz und weiß denke, sehe ich all die vielen Farbabstufungen dazwischen nicht. Bei „entweder perfekt oder gar nicht“ verschenke ich viele Chancen dazwischen, die mir sicher auch Freude, Erfolg oder Anerkennung bringen würden.
Vielleicht würde der Kaffeeklatsch gerade dieses Mal besonders lustig – auch wenn es Fertigkuchen aus der Tüte gibt?
Vielleicht hätte gerade dieser Artikel gerade heute besonders für Furore gesorgt (und tut es nächste Woche lang nicht mehr so gut)?
Vielleicht wäre genau diese Präsentation der Anlass für Ihren Chef gewesen, sich mal näher mit Ihren Leistungen und Verdiensten zu beschäftigen?
Vielleicht steht Ihr Traummann, der da draußen irgendwo auf Sie wartet, ja ausgerechnet auf Frauen mit ein paar Kilos mehr auf den Hüften?
Perfektionismus ist langsam und lähmt
Eine ehemalige Studienkollegin – eine wirklich sehr kluge und ehrgeizige Frau – hat doch tatsächlich den Abgabetermin für ihre Magisterarbeit verpasst, weil sie nicht fertig wurde mit ihrem Werk. (Erst nach intensivem, engagiertem Bitten wurde ihr eine Woche Verlängerung gewährt.) Wie konnte das passieren? Sie hat gewiss nicht getrödelt und stattdessen dem faulen Studentenleben gefrönt. Sie war sicher nicht so einfallslos, dass die Arbeit die erforderliche Mindestseitenzahl noch nicht erreicht hatte. Nein, sie war schlicht und ergreifend zu perfektionistisch! Und konnte deshalb kein Ende finden im Immer-weiter-nach-Sekundärliteratur-Recherchieren, wühlte sich vom hundertsten in den tausendsten Hinweis – fand keinen Schlusspunkt fürs Materialsichten und begann somit zu spät mit dem eigentlichen Schreiben.
Ein anderes Beispiel:
Beispiel: Perfektionismus lässt das Ziel verfehlen
In meinen Workshops zur Teamentwicklung in Unternehmen gibt es häufig für die Teilnehmer diverse Gruppenspiele, in denen es darum geht, als Team in einer bestimmten Zeit (erste Voraussetzung!) eine Lösung für ein vorgegebenes Problem zu finden (zweite Voraussetzung!). Die Teams formieren sich also und legen eifrig los. Interessant und bezeichnend dabei ist, dass sich die Teams in der Regelderart bemühen, eine möglichst perfekte Lösung zu finden, dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Zeit fertig werden. Selbst wenn es also eine Lösung gibt – 50 % der Anforderungen wurden somit nicht erfüllt.
So ist es doch z. B. im Projektalltag oft: Es gibt Deadlines, bis zu denen etwas fertig sein muss , weil dann andere daran weiterarbeiten sollen. Wenn der allzu Akkurate und Perfektionistische dann sagt: „Halt, Stopp, noch nicht weiterreichen, es ist noch nicht perfekt!“, kommt sofort der gesamte Ablauf ins Stocken. Es ist keine große Kunst, mit aller Zeit der Welt perfekte Ergebnisse zu liefern – allerdings ist es in der heutigen Berufswelt unrealistisch. Wir haben nun mal Deadlines! Darum gilt es, innerhalb der Zeit die bestmöglichen Ergebnisse zu liefern.
Henry Ward Beecher (1813–1887), US-amerikanischer Geistlicher
„Ich hasse diese kalten, genauen, perfekten Leute, die, um nicht falsch zu sprechen, überhaupt nicht sprechen, und um nichts falsch zu machen, nie etwas tun.“
Perfektionismus verleitet dazu, sich im kleinsten Detail zu verlieren
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