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Gut zu wissen (German Edition)

Gut zu wissen (German Edition)

Titel: Gut zu wissen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.W. Marchwell
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nicht.“ Jerry breitete die Arme aus und atmete tief ein. „Gar nichts. Nicht mehr.“
    „Kann ich dir Kaffee machen?“
    „Nein.“
    „Gut, Jerry. Ich bin gleich zurück, okay?“ David hatte in seinem Leben oft genug mit Betrunkenen zu tun gehabt, um zu wissen, dass die Situation leicht eskalieren konnte, wenn er nicht aufpasste.
    „Was zum Teufel willst du?“, brüllte Jerry. Sein Kopf sank zurück auf die Tischplatte und seine Arme legten sich daneben.
    Ohne zu antworten, lief David die Treppe hinauf, um nach William zu sehen. Als David die Schlafzimmertür öffnete, war William nicht in seinem Bett. Er brauchte einen Moment, um William zu finden, der mit den Knien unterm Kinn in seinem Schrank saß und die Arme um seine Beine geschlungen hatte. „William?“ David starrte in die Dunkelheit und wartete darauf, dass seine Augen sich anpassten. „Möchtest du rauskommen oder willst du, dass ich zu dir reinkomme?“
    Langsam bewegte sich William auf David zu und als er nah genug dran war, um Davids Jackett an den Aufschlägen zu packen, streckte er die Arme aus. „Geht es Onkel Jerry gut? Er hat die ganze Zeit gebrüllt, dass er nichts mehr davon wissen will, dass er niemanden da haben will, dass er niemals jemanden hätte an sich ran lassen dürfen. Ich habe Angst, David. Schickt er mich weg?“
    „Schhh, William, er ist nicht bei Verstand. Er sagt Sachen, die er nicht so meint. Bald geht es ihm ... wieder besser. Bald, William, bald.“ David ging zum Bett, den zitternden Körper in seinen Armen wiegend. „Was für eine Nacht, hm?“ David streichelte Williams Haar. „Ich zittere immer noch.“
    „Ich glaube, das bin ich.“ Williams blaue Augen linsten David müde an.
    David lachte und ließ William ein paarmal auf seinen Knien auf und ab hüpfen. „Wir können es uns ja teilen.“
    „Ist er sauer auf mich?“
    „Nein, er ist nicht sauer, William.“ David versuchte, die richtigen Worte für einen Zehnjährigen zu finden. „Er ist nur müde und verwirrt. Du weißt, wie das ist, oder?“ David fühlte das Nicken an seiner Brust. „Morgen früh geht es ihm besser.“ David ging zur anderen Seite des Bettes, wo William schlief, legte den kleinen Körper auf die Matratze und zog ihm die Decke bis zum Kinn. „Möchtest du heute mal ein anderes Schlaflied?“
    „Welches?“
    „Es heißt Schlaf, Kindlein, schlaf und meine Oma hat es mir immer vorgesungen, wenn ich sie auf der Farm besucht habe.“ William gähnte und nickte zustimmend.
    „Vielen Dank für dein Vertrauen.“
    David begann zu singen. Seine Stimme zitterte und der Text stimmte nicht ganz. Er war sich sicher, dass Williams Kopf sich spätestens beim Refrain vom Kissen heben und seine Aussprache kritisieren würde. Nach Ende des Liedes rührte William sich nicht; er atmete tief und seine Wangen waren gerötet. David konnte nicht anders, als ihm einen kleinen Kuss auf die Stirn zu geben, bevor er vorsichtig aufstand.
    Als er sich umdrehte, stand Jerry in der Tür. David wappnete sich gegen den betrunkenen Zorn, der vielleicht noch in ihm steckte – bitte nicht vor William – aber er kam nicht. Jerry drehte sich einfach um und ging davon.
    David sah William noch ein letztes Mal an und folgte Jerry dann die Treppe hinunter, wobei er sicherheitshalber auf Distanz blieb.
    „Ich will dich nicht mehr hier haben.“ Jerry sah aus dem Küchenfenster. „Nie mehr.“
    „Es tut mir leid, aber William hat angerufen und seine Stimme war so –“
    „Nie mehr. Bitte geh. Ein sauberer Schnitt. William wird lernen, damit zu leben.“
    „Ich muss mal telefonieren. Mein Auto ist im Graben am Tor gelandet.“
    „Du weißt, wo das Telefon ist.“
    „Sagst du mir, warum?“ Jerrys Stimme klang leise und traurig, resigniert und flehend.
    Ganz kurz war David verwirrt. „Warum was?“
    „Warum du es getan hast?“
    „Ich verstehe nicht?“ David versuchte wirklich, dem Gedankengang zu folgen, aber Jerrys wachsender Ärger zeigte sein Unvermögen. Als er sah, wie Jerry die Faust ballte, konnte David nur denken: Bitte lass William das nicht sehen.
    „Ist es so leicht, mich zu vergessen?“
    Plötzlich wurde David klar, was er meinte. „Nein.“ Nach einem Moment fügte David hinzu: „Ich habe nie aufgehört, an dich zu denken.“
    „Warum hast du dann aufgegeben?“ Jerrys Augen suchten die Dunkelheit jenseits des Küchenfensters ab, als könnten sie dort die Antwort finden. Als ob er, wenn er nur genau genug hinsah – lange genug – verstehen

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