Gute Beziehungen
kann, und die Weisheit, um den Unterschied zu erkennen. Stellen Sie sich eine Welt vor, in der die Menschen dieses Gebet in die Tat umsetzen. Wie sähe sie aus? Ich denke, es wäre eine Welt, in der es sehr viel weniger Probleme gäbe, sehr viel mehr Liebe, in der sehr viel weniger Energie für unwichtige Dinge vergeudet würde und sehr viel mehr Übereinstimmung in fast allen wichtigen Fragen herrschte. Kein schlechter Ort zum Leben, oder?
In einem früheren Buch habe ich geschrieben: »Woher kommt die Fähigkeit, jemanden auch dann noch zu lieben, wenn er sich entschieden hat, anders zu sein als ich?« Mancher mag anderer Meinung sein, doch ich bin der festen Überzeugung, dass wir alle Akzeptanz lernen müssen, wenn wir eines Tages eine Gesellschaft mit wahrhaft demokratischen Beziehungen haben wollen. Sie wird nicht nur Freiheit für die anderen bringen, sondern auch für uns selbst. Oder, wie eine Frau am Ende eines unserer Seminare schrieb: »Akzeptanz befreit vom Urteilen, und wenn du vom Urteilen befreit bist, bist du freier, als du dir je vorstellen konntest.«
Das Werte-Fenster
Unser Verhaltensfenster ist in der Abbildung unten um zwei Aspekte erweitert worden. Auf der linken Seite die drei Faktoren, die Einfluss darauf haben, wo die Linie zwischen akzeptablen und nicht akzeptablen Verhaltensweisen verläuft. Bei einigen Menschen liegt diese Linie von Natur aus niedrig. Das heißt, sie akzeptieren die meisten Leute und Verhaltensweisen, sind nicht leicht aus der Fassung zu bringen und kommen gut mit sich und anderen zurecht. Bei anderen verhält es sich genau umgekehrt. Sie finden Menschen und Ereignisse im Allgemeinen nicht akzeptabel. Sie regen sich leicht auf, haben, was sie »anspruchsvolle Maßstäbe« nennen, und sind schwer zufrieden zu stellen. Ihre Linie verläuft weit oben. Alle anderen ordnen sich irgendwo dazwischen ein.
Doch gleichgültig, wie weit unten die Linie eines Menschen verläuft, sogar ihm wird gelegentlich die Fähigkeit zur Akzeptanz abhanden kommen. Ich nehme an, selbst Heilige haben ihre Grenzen. Und gleichgültig, wie weit oben die Linie eines anderen Menschen verläuft, auch er wird hin und wieder zur Akzeptanz fähig sein. Selbst Geizhälse haben schwache Momente. Es geht einfach darum,dass die Akzeptanz-Linie beweglich ist und dass sich der »Ich-besitze-Bereich« unter dem Einfluss von drei Faktoren ausweitet oder zusammenzieht. Den ersten Faktor habe ich beschrieben. Der bin ich: Wie ich mich gerade fühle, wie es in meinem Leben läuft, wie groß meine Bereitschaft zur Akzeptanz ist.
Der zweite Faktor ist der andere. Hier machen sich Stereotype und Vorurteile bemerkbar. Unter Umständen stelle ich fest, dass ich eher bereit bin, Menschen zu akzeptieren, wenn sie mir ähnlich sind, als wenn sie sich von mir unterscheiden. Oder ich mag korpulente Menschen lieber als dünne, ruhige lieber als laute, kleine lieber als große und so fort. Wie auch immer, aus ganz persönlichen Gründen kann ich nicht alle Menschen gleichermaßen akzeptieren.
Der dritte Faktor, der die Linie verschiebt, ist die Umgebung. Zwei Leute, die während eines Films schwatzen, sind nicht akzeptabel, wenn sie in meiner Nähe sitzen, während es mir nichts ausmacht, wenn sie es im Foyer des Kinos tun.
Es geht hier lediglich darum, dass niemand immer oder nie zur Akzeptanz fähig ist. Wir verändern uns. Je nach Zeit, Situation, Ort verhalten wir uns unterschiedlich. Wir sind inkonsequent. Wie einer meiner Professoren gerne sagte: »Wir sind beständig unbeständig.« Es hat keinen Sinn, Akzeptanz zu heucheln, wenn Sie sie nicht empfinden, und genauso töricht ist es, Nichtakzeptanz vorzutäuschen, wenn Sie sich nicht gestört fühlen. Allerdings können wir immer ehrlich sein, was unsere Gefühle angeht. Damit kommen wir zu einer weiteren wertvollen Verwendung der Ich-Sprache, der Sprache der Selbstöffnung. Wenn ich mich selbst öffne, bin ich ehrlich, täusche ich nichts vor. Beziehungen sind sehr viel leichter herzustellen und zu bewahren, wenn sie sich auf mein wahres Selbst gründen und nicht auf eines, das ich glaube verkörpern zu müssen.
Eine zweite Erweiterung des Fensters findet sich im unteren Teil der Zeichnung und heißt Werte-Beratung. Sie enthält die vier Regeln effektiver Beratung.
Damit ist das Fenster komplett, umfasst alle Teile und zeigt das vollständige Modell.
11. KAPITEL
Gründe für Optimismus
Im fortgeschrittenen Alter hat der Ingenieur Richard Buckminster Fuller
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