gute freunde - boese freunde
was sehen darf: Eine für alle meine Freunde, eine für alle in meiner Klasse, eine nur für die Mädels und dann gibt es noch eine für den Inner Circle. Da sind nur die drin, denen ich hundert Prozent vertrauen kann.
Darüber sollten wir in ITG aber auch noch mal reden: Was es heißt, sich auf andere verlassen und ihnen vertrauen zu können. So sicher kann man sich scheinbar doch nicht immer sein. Betty zum Beispiel sagt, sie hätte die Excel-Tabelle nicht weitergeleitet. Es kann ja auch ein Versehen gewesen sein. Ein kleiner zufälliger Klick genügt. Ich bin da jetzt auf jeden Fall vorsichtiger. Nicht mehr schnell, schnell, sondern hinschauen und lesen.
Am härtesten trafen uns die Jungs, die wir ja eigentlich mochten. Sie grölten über den Schulhof und lästerten sich eins ab. Sie stellten uns öffentlich als die größten und blödesten Schlampen dar. Jeder Tag wurde zu einem Spießrutenlauf. Gott – ich sag euch – es war die Hölle.
|200| Ich Till (16). Mein Thema: Community und Kommerz – ein Paar Stiefel
Ich bin bei Facebook. Bin schon lange bei Facebook. Nur gab es eine Zeit, in der mich die Community überhaupt nicht mehr interessierte. Was mich interessierte, war Farmville, das Spiel, das man so nebenbei inhaliert, ob man will oder nicht. Natürlich war das anfangs ganz anders. Es hat Spaß gemacht mit Freunden, die man im Netz angequatscht hatte, eine Runde Farmville zu zocken. Dann wurde es immer länger.
Anfangs hat sich vor allem meine Mutter über die langen Spielzeiten aufgeregt. Bis ich ihr sagte, dass, wenn sie mich immer stört, ich dann für teures Geld Hühner kaufen muss und nicht auf der Farm arbeiten kann. Meine Mutter ist unkompliziert. Sie fand das total lustig, dass ich mich als Bauer betätige und dann noch im Netz. Zwar rieb sie mir unter die Nase, dass ich ja nicht mal meinen Hamster richtig versorgt hätte. Aber sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben. Für sie war das ein Zeichen, dass ich mehr Verantwortung übernehme – also fürs Leben lerne. Und wo kann man das besser als auf einem Bauernhof? Mir hat es einfach Spaß gemacht. Es war ein Spiel. Also ließ mich meine Mutter in Ruhe. Und ich kaufte Kühe, Felder, baute Ställe und kaufte Maschinen.
Wenn der Acker besät und alle Hühner hübsch angeordnet waren, habe ich mich auch mal umgesehen, was für Onlinespiele es noch so gibt. Ich war schon neugierig geworden und mein Farmerdasein ließ mir ja immerhin auch noch ein bisschen Zeit übrig. Die Firma, die Farmville betreibt, und die in Communities gut platzierte Spieleindustrie hatten da einiges zu bieten.
|201| Als Erstes sprang mir eine Karriere als Mafioso ins Auge. Bei Mafia Wars läuft das eigentlich ganz ähnlich wie bei Farmville, nur dass man eben auf der dunklen Seite des Geschäfts unterwegs war. Ich fand, das passt doch auch irgendwie zusammen. Für alle sichtbar war ich der Großbauer, der die schönsten Kürbisse und fettesten Eier an den Mann brachte. Im Geheimen drehte ich aber an meiner Karriere als Schutzgelderpresser und Immobilienhai. Im echten Leben tarnen die Mafiosi ihre Geschäfte doch auch mit ehrenwerten Jobs, damit sie keinen Ärger mit der Polizei und dem Finanzamt bekommen. Naja, zumindest in den Filmen ist das doch so.
Schlimmer als die Spiele-Polizei und das Spiele-Finanzamt war meine Mutter. Puh, mitten in einer Schießerei kam sie auf einmal an und platzte in einen Drogendeal. Mir ist es gerade noch gelungen, die Browserfenster zu wechseln, und schon war ich wieder der anständige Bauer von nebenan: Mum, muss nur noch meine Farm aufräumen, komme gleich zum Essen!
Bei Mafia Wars war ich schnell zum Padre aufgestiegen, ich kannte mich ja schon aus. Die Geschäfte auf der Farm und im Mafiamilieu waren auch gar nicht so unähnlich. Die wichtigsten Sachen habe ich mir auch für echtes Geld gekauft, einfach, um schneller voranzukommen. Die Investitionen waren auch jeden Cent wert, ich war groß im Geschäft: Fette Autos, fette Knarren, fette Immobilien, that’s me! Ich war der Don, der Pate, all die Kleingangster in meiner Gang, hauptsächlich Leute aus meiner Klasse, die auch bei Facebook abhingen, mussten weit zu mir aufschauen.
Weiß nicht, ob es an meiner neuen Führungsrolle lag, aber ich bekam jetzt auch ab und zu Werbung für I Q-Tests und |202| die Poker-Handy-App geschaltet. Beim I Q-Test war ich nicht ganz so clever, ehrlich gesagt sogar knapp vor der Lernbehinderung. Das wollte ich so nicht auf mir sitzen lassen. Für
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