Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
doch der Sinn des Lebens.« Sie schaut auf ihre Füße. Eine Sekunde stehen wir still da, eh sie wieder zur Treppe geht. Ich geh hinterher, seh, wie sie sich auf dem ganzen Weg runter am Geländer festklammert, wie wenn sie Angst hätt, dass sie sonst fällt.
Wie wir wieder im Esszimmer sind, schüttelt Miss Celia den Kopf. »Es ist schrecklich viel Arbeit«, jammert sie. »Die ganzen Schlafzimmer und die Böden.«
»Ja, Ma’am, es ist schon groß«, sag ich und denk, wenn sie mein Haus sehen würd, mit einem Kinderbett im Flur und einem Klo für sechs Hintern, würd sie wahrscheinlich wegrennen. »Aber ich hab viel Kraft.«
»… und dann noch das ganze Silber zu putzen.«
Sie macht einen Silberschrank auf, der so groß ist wie mein Wohnzimmer. Sie richtet eine Kerze, die schief auf einem Leuchter sitzt, und jetzt versteh ich, warum sie so zweifelnd guckt.
Nachdem Miss Hillys Lügen in der ganzen Stadt rum waren, haben drei Ladys hintereinander aufgelegt, sowie ich meinen Namen gesagt hab. Ich mach mich auf den Schlag gefasst. Sagen Sie’s schon, Lady. Sagen Sie, was Sie denken, wegen mir und Ihrem Silber. Mir ist zum Heulen, wenn ich mir vorstell, wie gut dieser Job für mich wär und wie Miss Hilly verhindert hat, dass ich ihn krieg. Ich starr aufs Fenster und hoff und bet, dass das nicht das Ende vom Vorstellungsgespräch ist.
»Ich weiß, die Fenster sind schrecklich hoch. Ich habe noch nie versucht, sie zu putzen.«
Ich lass den Atem raus. Fenster sind für mich ein tausendmal besseres Thema wie Silber. »Fenster schrecken mich nicht. Ich hab die von Miss Walters alle vier Wochen von oben bis unten geputzt.«
»Hatte sie nur ein Stockwerk oder zwei?«
»Na ja, eins … aber da gehört alles Mögliche dazu. So alte Häuser haben ja jede Menge Ecken und Winkel.«
Schließlich gehen wir wieder in die Küche. Wir starren beide auf den Tisch, aber keine von uns setzt sich hin. Ich werd so fickrig, dass ich am Kopf schwitz.
»Sie haben ein schönes großes Haus«, sag ich. »So weit draußen auf dem Land. Eine Menge zu tun.«
Sie fummelt wieder an ihrem Ehering rum. »Bei Miss Walters war es sicher einfacher, als es hier wäre. Ich meine, jetzt sind wir ja nur zu zweit, aber wenn wir mal Kinder haben …«
»Gibt’s, äh, noch andre Dienstmädchen, die für Sie in Frage kommen?«
Sie seufzt. »Es waren einige hier. Ich habe nur noch nicht … die Richtige gefunden.« Sie kaut an den Fingernägeln, guckt weg.
Ich wart, dass sie sagt, ich bin auch nicht die Richtige, aber wir stehen einfach nur da und atmen das Mehl ein. Schließlich spiel ich meine letzte Karte aus, flüster regelrecht, weil es das Einzige ist, was ich noch in der Hand hab.
»Ich bin ja von Miss Walters nur weg, weil sie ins Altenheim gekommen ist. Sie hat mich nicht gefeuert.«
Aber sie starrt nur auf ihre bloßen Füße. Ihre Fußsohlen sind schwarz, weil ihre Böden nimmer geschrubbt worden sind, seit sie in dieses große, dreckige Haus gezogen ist. Und es ist klar: Diese Lady will mich nicht.
»Tja«, sagt sie, »ich weiß es zu schätzen, dass Sie den ganzen Weg hier herausgefahren sind. Kann ich Ihnen wenigstens das Benzingeld geben?«
Ich nehm meine Handtasche und klemm sie untern Arm. Die Lady setzt ein fröhliches Lächeln auf, das ich ihr grad vom Gesicht klatschen könnt. Der Teufel hol Hilly Holbrook.
»Nein, Ma’am, können Sie nicht.«
»Ich wusste ja, es würde schwer sein, jemanden zu finden, aber …«
Ich steh da und hör mir an, wie sie tut, wie wenn’s ihr wer weiß wie leid tät, aber ich denk nur: Spucken Sie’s schon aus, Lady, damit ich Leroy sagen kann, wir müssen an den Nordpol ziehen, ins Nachbarhaus vom Weihnachtsmann, wo niemand Hillys Lügen über mich gehört hat.
»… und an Ihrer Stelle würde ich dieses große Haus auch nicht putzen wollen.«
Ich guck ihr ins Gesicht. Das ist jetzt bisschen viel, so zu tun, wie wenn Minny den Job nicht kriegt, weil Minny den Job nicht will.
»Wann hab ich gesagt, dass ich das Haus hier nicht putzen will?«
»Ist ja verständlich, fünf Mädchen haben mir schon erklärt, es sei zu viel Arbeit.«
Ich guck an meinen eins zweiundfünfzig großen fünfundsiebzig
Kilo runter, die beinah aus meiner Dienstmädchenkleidung platzen. »Zu viel? Für mich?«
Sie blinzelt mich ungläubig an. »Sie … Sie würden es machen? «
»Was denken Sie, warum ich den ganzen Weg hier raus kutschiert bin? Nur um Benzin zu verbrauchen?« Ich beiß die Zähne zusammen.
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