Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
könnt.«
»Worum geht es denn?«, frage ich. »Ist es wirklich so schlimm?«
Aibileen sieht mich an. Meine Augenbrauen heben sich.
»Wem würd sie das denn eingestehen?«, fragt Minny Aibileen. »Und sie wird auch nicht wollen, dass du erkannt wirst, Aibileen, oder Miss Leefolt, weil’s dann zu ihr nur noch ein Schritt ist. Ich sag dir, Miss Hilly ist unser bester Schutz.«
Aibileen schüttelt den Kopf, nickt dann. Schüttelt wieder den Kopf. Wir beobachten sie und warten.
»Wenn wir die fürchterlich schlimme Sache in das Buch reinschreiben und doch jemand draufkommt, dass das zwischen dir und Miss Hilly war, dann« – Aibileen erschauert – »bist du geliefert.«
»Das Risiko muss ich eingehen. Ich hab mich schon entschieden. Entweder es kommt rein, oder mein Teil kommt ganz raus.«
Aibileens Blick und Minnys Blick verhaken sich. Wir können Minnys Teil nicht herausnehmen, er ist das letzte Kapitel des Buchs. Er erzählt, wie es ist, in ein und derselben kleinen Stadt neunzehn Mal gefeuert zu werden. Und wie es ist, sich alle Mühe zu geben, die Wut drinnen zu behalten, es aber einfach nicht zu schaffen. Er beginnt mit den Regeln von Minnys Mutter für die Arbeit bei einer Weißen und geht bis zu Minnys Entlassung aus Missus Walters’ Haushalt. Ich möchte mich einmischen, halte aber den Mund.
Schließlich seufzt Aibileen.
»Okay«, sagt Aibileen kopfschüttelnd. »Dann erzähl’s ihr halt.«
Minny sieht mich mit schmalen Augen an. Ich hole Block und Bleistift heraus.
»Ich erzähl Ihnen das nur für das Buch, klar? Hier vertraut keiner jemand seine geheimsten Geheimnisse an.«
»Ich mache uns noch mal Kaffee«, sagt Aibileen.
Auf der Rückfahrt nach Longleaf schaudert mich beim Gedanken an Minnys Kuchengeschichte. Ich weiß nicht, was für uns sicherer wäre: sie ins Buch aufzunehmen oder nicht. Mal ganz davon abgesehen, dass ich sie morgen rechtzeitig fertig haben muss, um das Manuskript noch auf die Post zu bringen, da sich sonst alles um einen weiteren Tag verzögert und unsere Chancen, es zu schaffen, erst recht schwinden. Ich kann mir
Hillys zornrotes Gesicht vorstellen, ihren Hass auf Minny. Ich kenne meine alte Freundin gut. Wenn wir auffliegen, wird Hilly unsere erbittertste Feindin sein. Und selbst wenn wir nicht auffliegen, wird diese Geschichte in einem Buch Hilly so rasend machen, wie wir es noch nie erlebt haben. Aber Minny hat recht – es ist unsere beste Versicherung.
Alle paar hundert Meter schaue ich mich um. Ich halte mich genau an die Geschwindigkeitsbegrenzung und bleibe auf kleinen Straßen. Sie werden uns schlagen, mit Baseballschlägern, hallt es mir in den Ohren.
Ich schreibe die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag, verziehe immer wieder das Gesicht bei Details von Minnys Geschichte. Um vier Uhr nachmittags stopfe ich das Manuskript in eine Pappschachtel, die ich mit braunem Packpapier umwickle. Normalerweise würde die Sendung sieben oder acht Tage brauchen, aber irgendwie muss sie es in sechs Tagen nach New York schaffen.
Trotz meiner Angst vor der Polizei rase ich zur Post und renne hinein. Ich habe seit vorletzter Nacht kein Auge zugetan. Die Haare stehen mir buchstäblich zu Berge. Der Mann hinterm Schalter macht große Augen.
»Windig draußen?«
»Bitte. Geht das heute noch raus? Es muss nach New York.«
Er schaut auf die Adresse. »Der Auswärts-Lkw ist schon weg, Ma’am. Das muss bis morgen früh warten.«
Er stempelt die Sendung ab, und ich fahre wieder nach Hause.
Dort gehe ich sofort in die Speisekammer und rufe Elaine Steins Büro an. Ihre Sekretärin stellt mich zu ihr durch, und ich erkläre ihr mit heiserer, matter Stimme, dass ich das Manuskript heute abgeschickt habe.
»Die letzte Lektoratskonferenz ist in sechs Tagen, Eugenia. Es muss nicht nur bis dahin hier sein, ich brauche auch noch
Zeit, um es vorher zu lesen. Ich würde meinen, es ist höchst unwahrscheinlich.«
Da es nichts mehr zu sagen gibt, murmle ich nur: »Ich weiß. Danke für die Chance.« Und ich setze noch hinzu: »Frohe Weihnachten, Missus Stein.«
»Wir nennen es Hanukkah, aber danke, Miss Phelan.«
KAPITEL 28
Nachdem ich eingehängt habe, gehe ich auf die Veranda hinaus und starre in die Kälte. Ich bin so hundemüde, dass ich eben Doktor Neals Auto gar nicht bemerkt habe. Er muss gekommen sein, während ich auf der Post war. Ich lehne mich ans Geländer und warte, dass er aus Mutters Zimmer tritt. Durch die offene Vordertür kann ich sehen, dass ihre
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