Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
…«
Sie schüttelt den Kopf, schließt die Augen. »Tut mir leid, Skeeter.«
Die Zeit des Streitens ist vorbei. »O-kay«, seufze ich.
Mutter zieht den Block unter der Decke hervor, aus der unsichtbaren Tasche, die sie sich in jedes Kleidungsstück hat einnähen lassen, um darin Anti-Kotzpillen und Papiertaschentücher aufzubewahren. Und diktatorische kleine Listen. Schwach, wie sie ist, überrascht mich die ruhige Hand, mit der sie auf die »Keinesfalls tragen«-Liste schreibt: »Graue, unförmige, maskulin geschnittene Hose.« Sie lächelt befriedigt.
Es klingt makaber, aber als Mutter klar wurde, dass sie mir, wenn sie tot ist, nicht mehr sagen kann, was ich anziehen soll,
ersann sie dieses geniale, über den Tod hinausreichende System. Sie geht davon aus, dass ich mir allein keine neuen, unpassenden Kleidungsstücke kaufen werde. Vermutlich hat sie recht.
»Immer noch kein Erbrechen?«, frage ich, weil es vier Uhr ist und Mutter zwei Schälchen Brühe getrunken und sich heute noch nicht übergeben hat. Normalerweise hat sie um diese Zeit schon mindestens dreimal gekotzt.
»Kein einziges Mal«, sagt sie, schließt dann aber die Augen und ist binnen Sekunden eingeschlafen.
Am Neujahrstag komme ich herunter, um die glücksbringenden Schwarzaugenbohnen aufzusetzen. Pascagoula hat sie gestern Abend eingeweicht und mich instruiert, wie ich sie mit der Schweinshaxe in den Topf tun und dann die Flamme anstellen muss. Es ist im Grunde ein aus zwei Schritten bestehender Prozess, aber alle scheinen nervös, weil ich ihn ausführe. Ich muss daran denken, dass Constantine immer am ersten Januar kam, um die Glücksbohnen für uns zuzubereiten, obwohl es ihr freier Tag war. Sie machte einen ganzen Topf, gab dann aber jedem Familienmitglied nur eine einzige Bohne auf den Teller und beobachtete, ob wir sie auch aßen. Sie konnte manchmal ganz schön abergläubisch sein. Dann spülte sie das Geschirr und ging wieder nach Hause. Pascagoula hat nicht angeboten, an ihrem freien Tag zu kommen, und da ich annehme, dass sie ihn mit ihrer eigenen Familie verbringt, habe ich sie auch nicht darum gebeten.
Wir sind alle traurig, dass Carlton heute Morgen wieder fahren musste. Es war schön, meinen Bruder hier zu haben, mit ihm reden zu können. Das Letzte, was er zu mir sagte, ehe er mich umarmte und wieder an die Uni fuhr, war: »Brenn bloß das Haus nicht ab.« Dann setzte er noch hinzu: »Ich rufe morgen an, um zu hören, wie es ihr geht.«
Nachdem ich die Flamme wieder abgestellt habe, gehe ich auf die Veranda. Daddy lehnt am Geländer, lässt Baumwollsamen
in seiner Hand kreisen. Er starrt auf die kahlen Felder, die noch einen Monat auf die Aussaat warten müssen.
»Daddy, kommst du essen?«, frage ich. »Die Bohnen sind fertig.«
Er dreht sich um, und sein Lächeln ist schmal, lange durch nichts mehr genährt worden.
»Diese Medizin, die sie jetzt kriegt …« Er mustert seine Baumwollsamen. »Ich glaube, sie wirkt. Sie sagt immer wieder, es geht ihr besser.«
Ich schüttle fassungslos den Kopf. Das kann er doch nicht wirklich glauben.
»Ihr war jetzt in zwei Tagen nur einmal schlecht …«
»Oh, Daddy. Nein … das ist nur … Daddy, sie hat den Krebs immer noch.«
Aber da ist so eine Leere in Daddys Augen, und ich frage mich, ob er mich überhaupt gehört hat.
»Ich weiß, du könntest Besseres mit deiner Zeit anfangen, Skeeter.« Er hat Tränen in den Augen. »Aber es vergeht kein Tag, an dem ich nicht Gott dafür danke, dass du hier bei ihr bist.«
Ich nicke, habe ein schlechtes Gewissen, weil er glaubt, es wäre meine Entscheidung gewesen. Ich umarme ihn und sage: »Ich bin auch froh, dass ich hier bin, Daddy.«
Als der Club in der ersten Januarwoche wieder aufmacht, ziehe ich meinen Tennisrock an und schnappe mir meinen Schläger. Ich gehe durch die Snackbar, ignoriere Patsy Joiner, meine Extennispartnerin, die mich hat fallen lassen, und drei andere Mädels, die an den schwarzen Eisentischen sitzen und rauchen. Sie stecken die Köpfe zusammen und tuscheln, als ich vorbeilaufe. Ich werde nicht zu dem League-Treffen heute Abend gehen und überhaupt zu gar keinem mehr. Vor drei Tagen habe ich kapituliert und schriftlich den Rücktritt von meinem Amt erklärt.
Ich schlage den Tennisball gegen die Übungswand, tue mein Bestes, an gar nichts zu denken. In letzter Zeit habe ich mich wiederholt beim Beten ertappt, obwohl ich nie sonderlich gläubig war. Ich flüstere endlos lange Sätze zu Gott, flehe um
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