Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
ohne viel Aufhebens erledigen lässt.
»Hör zu«, sagt Stuart, nachdem wir beide eine Weile geschwiegen haben. »Ich wollte das bislang nicht ansprechen, aber … ich weiß, was die Leute hier in der Stadt reden. Über dich. Und es ist mir egal. Ich wollte nur, dass du das weißt.«
Mein erster Gedanke ist das Buch. Er hat etwas gehört. Mein ganzer Körper spannt sich an. »Was hast du gehört?«
»Du weißt schon. Von diesem Streich, den du Hilly gespielt hast.«
Ich entspanne mich etwas, aber nicht ganz. Ich habe darüber mit niemandem geredet außer mit Hilly selbst. Ich frage
mich, ob Hilly ihre Drohung, ihn anzurufen, tatsächlich wahr gemacht hat.
»Und mir ist klar, was die Leute daraus machen … dass sie dich für so eine linke Spinnerin halten, die in diesen ganzen Blödsinn verwickelt ist.«
Ich mustere meine Hände, noch immer misstrauisch, was er gehört haben könnte, und auch ein bisschen gereizt. »Woher willst du wissen«, frage ich, »in was ich verwickelt bin?«
»Weil ich dich kenne, Skeeter«, sagt er sanft. »Du bist viel zu gescheit, um dich in so was hineinziehen zu lassen. Und das habe ich ihnen auch gesagt.«
Ich versuche zu lächeln. Egal, was er über mich zu wissen glaubt – ich kann nicht umhin, dankbar dafür zu sein, dass da jemand ist, dem so viel an mir liegt, dass er für mich eintritt.
»Wir brauchen nicht mehr darüber zu reden«, sagt er. »Ich wollte nur, dass du’s weißt. Weiter nichts.«
Am Samstagabend sage ich Mutter gute Nacht. Ich habe einen langen Mantel an, damit sie nicht sieht, was ich darunter trage. Ich lasse das Licht aus, damit sie keinen Kommentar zu meinem Haar abgeben kann. An ihrem Zustand hat sich wenig geändert. Es scheint nicht schlimmer zu werden – das Erbrechen wird immer noch in Schach gehalten –, aber ihre Haut ist aschfahl. Die Haare fallen ihr aus. Ich halte ihre Hände, streichle ihre Wange.
»Daddy, du rufst im Restaurant an, wenn du mich brauchst?«
»Mache ich, Skeeter. Geh und amüsier dich.«
Ich steige in Stuarts Wagen, und er fährt mich zum Essen ins Robert E. Lee. Der Raum leuchtet von Abendkleidern und roten Rosen, silbernes Vorlegebesteck klickt auf silbernen Platten. Es liegt freudige Erregung in der Luft, das Gefühl, dass nach Kennedys Tod jetzt endlich wieder so etwas wie Normalität herrscht: 1964 ist ein neues, noch junges Jahr. Viele Blicke gehen in unsere Richtung.
»Du siehst … anders aus«, sagt Stuart. Ich spüre, dass er diese Bemerkung schon den ganzen Abend mit sich herumträgt, und er scheint eher verwirrt als beeindruckt. »Das Kleid ist so … kurz.«
Ich nicke und streiche mir das Haar zurück. So wie er es immer getan hat.
Heute Morgen habe ich Mutter erklärt, ich wolle shoppen gehen. Aber sie sah so müde aus, dass ich es mir schnell anders überlegte. »Vielleicht sollte ich doch lieber nicht gehen.«
Aber es war schon draußen. Mutter schickte mich das dicke Scheckbuch holen. Als ich damit wiederkam, riss sie einen Blankoscheck heraus und gab mir dann noch einen Hundert-Dollar-Schein, der sich zusammengefaltet in einem Seitenfach ihres Portmonees befand. Allein schon das Wort shoppen schien sie belebt zu haben.
»Sei mir bloß nicht sparsam. Und keine Hosen. Lass dir von Miss LaVole helfen.« Sie legte den Kopf wieder in die Kissen. »Sie weiß, wie sich junge Mädchen kleiden sollten.«
Aber die Vorstellung von Miss LaVoles runzligen, nach Kaffee und Mottenkugeln riechenden Händen an meinem Körper war mir zuwider. Ich fuhr durch die Innenstadt, auf den Highway 51, Richtung New Orleans. Ich fuhr gegen das schlechte Gewissen an, weil ich Mutter so lange allein ließ. Immerhin wusste ich ja, dass Doktor Neal am Nachmittag kommen würde und Daddy den ganzen Tag bei ihr war.
Drei Stunden später ging ich ins Maison Blanche in der Canal Street. Ich war schon unzählige Male mit Mutter hier gewesen und zweimal mit Elizabeth und Hilly, aber dennoch war ich wie gebannt von den endlosen weißen Marmorböden, den Meilen von Hüten und Handschuhen und den gepuderten Damen, die so fröhlich aussahen, so gesund. Noch ehe ich eine Verkäuferin ansprechen konnte, sagte ein dünner Mann: »Kommen Sie, es ist alles oben« und bugsierte mich mit dem Lift in den dritten Stock, in eine Abteilung namens JUNGE DAMENMODE.
»Was ist das hier?«, fragte ich. Da waren Dutzende Frauen und Rock ’n’ Roll im Hintergrund und Sektgläser und Lichtergefunkel.
»Emilio Pucci, Schätzchen. Endlich!« Er
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