Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
in einer Pension wohnst, wo es nach seltsamen Kochereien riecht und Strümpfe aus den Fenstern hängen. Und wenn das Geld weg ist, was dann? Wovon willst du leben?« Und dann legte sie sich einen kalten Lappen auf die Stirn und zog sich für den Rest des Tages ins Bett zurück.
Und jetzt steht sie da, die Hand am Verandageländer, und wartet, dass ich das tue, was die dicke Fanny Peatrow als letzte Rettung getan hat. Meine Mutter schaut mich an, als wäre ich einfach unfassbar – mein Aussehen, meine Größe, mein Haar. Mein Haar kraus zu nennen, wäre untertrieben. Es ist die reinste Drahtwolle, eher wie Schamhaar denn wie Haupthaar, aber weißblond und so brüchig wie Heu. Meine Haut ist hell, und wenn sie auch manche Leute sahnefarben nennen, kann ich doch schlichtweg bleich aussehen, wenn ich ernst bin, was ich fast immer bin. Außerdem ist da so ein leichter Knorpelhöcker auf meiner Nase. Aber meine Augen sind kornblumenblau wie die von Mutter. Man sagt mir immer, sie seien mein größtes Plus.
»Es geht doch nur darum, dass du dich in eine Situation begibst, wo du mit Männern zusammenkommst, damit …«
»Mama«, sage ich, einfach nur um dieses Gespräch zu beenden, »wäre es denn wirklich so schlimm, wenn ich nie einen Mann fände?«
Mutter umklammert ihre bloßen Arme, als fröre sie. »Nicht, Eugenia, sag so etwas nicht. Jede Woche sehe ich in der Stadt wieder einen Mann, der über eins achtzig groß ist, und denke: Wenn Eugenia sich doch nur bemühen würde …« Sie presst sich die Hand auf den Magen, als hätten schon meine bloßen Worte ihre Magengeschwüre verschlimmert.
Ich schlüpfe aus meinen flachen Schuhen und gehe die Verandastufen hinunter, während Mutter mir nachruft, was mir
droht, wenn ich nicht sofort die Schuhe wieder anziehe: Ringelflechte, Moskito-Enzephalitis! Der unausweichliche Tod durch Schuhlosigkeit. Der Tod durch Mannlosigkeit. Mich schaudert. Es ist dieses verlorene Gefühl, das ich habe, seit ich vor drei Monaten mit dem College fertig geworden bin. Ich bin an einem Ort gelandet, wo ich nicht mehr zu Hause bin. Ganz sicher nicht hier bei Mutter und Daddy, und vielleicht noch nicht mal bei Hilly und Elizabeth.
»… du bist jetzt dreiundzwanzig, in dem Alter hatte ich schon Carlton junior …«, sagt Mutter.
Ich stehe unter der rosa Kreppmyrte und betrachte Mutter auf der Veranda. Die Taglilien haben ihre Blüten verloren. Es ist schon fast September.
Ich war kein niedliches Baby. Als mein älterer Bruder Carlton mich nach meiner Geburt zum ersten Mal sah, erklärte er dem ganzen Krankenhauszimmer: »Das ist kein Baby, das ist ein Skeeter!« Und weil ich mit meinen zweiundsechzig Zentimetern – der Rekord im Baptist Hospital – und meinen dünnen Gliedmaßen tatsächlich wie ein Moskito aussah, blieb der Name an mir hängen. Später, als ich eine spitze, gekrümmte Nase bekam, passte er noch besser. Mutter verbrachte mein ganzes Leben damit, die Leute dazu zu bringen, mich bei meinem richtigen Namen Eugenia zu nennen.
Mrs Charlotte Boudreau Cantrelle Phelan mag keine Spitznamen.
Mit sechzehn war ich nicht nur nicht hübsch, ich war auch peinlich groß. So groß, dass ich mich für die Klassenfotos in die letzte Reihe zwischen die Jungen stellen musste. So groß, dass meine Mutter ihre Abende damit zubrachte, Säume herauszulassen, Pulloverärmel langzuziehen, mir für Schulbälle, zu denen mich niemand als Begleiterin wollte, das Haar glatt zu striegeln und mir schließlich auf den Kopf zu drücken, als ob sie mich in die Zeit zurückschrumpfen könnte, da sie mich
ermahnen musste, gerade zu stehen. Als ich siebzehn war, hätte meine Mutter mich lieber an apoplektischer Diarrhö leiden als gerade stehen sehen. Sie war eins sechzig groß und Vize-Miss-South-Carolina gewesen. Sie befand, dass in einem Fall wie meinem nur eins half.
Mrs Charlotte Phelans Handbuch des Männerfangs, Regel Nummer eins: Ein hübsches, zierliches Mädchen sollte seine Vorzüge durch Make-up und gute Haltung betonen, ein großes hässliches hingegen durch einen Treuhandfonds.
Ich maß eins achtzig, hatte aber fünfundzwanzigtausend Baumwolldollar auf meinem Treuhandkonto, und wer die darin liegende Schönheit nicht erkannte, der war bei Gott ohnehin nicht intelligent genug, um zur Familie zu gehören.
Mein Kinderzimmer liegt im Dachgeschoss meines Elternhauses. Es hat zuckergussweiße Wandleisten, rosa Stuckengelchen und eine Tapete mit minzgrünen Rosenknospen. Es ist eigentlich
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