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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Stockett
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Namen gegeben. Er hatte im Vorbeifahren gesehen, wie eine tollwütige Katze ein kleines Mädchen anfiel. »Um ein Haar gefressen hat diese Katze sie«, erzählte er mir später. Er hatte die Katze getötet, das kleine Mädchen zum Arzt gebracht und dafür gesorgt, dass es einundzwanzig Tage lang Tollwutspritzen bekam.
    Ein kleines Stück weiter lag dann Constantines Haus. Es hatte drei Zimmer und keine Teppiche, und ich betrachtete immer das einzige Foto, das es dort gab, ein weißes Mädchen, erklärte sie mir, um das sie sich in Port Gibson zwanzig Jahre gekümmert hatte. Ich war mir ziemlich sicher, dass ich alles über Constantine wusste – sie hatte eine Schwester und war auf einer kleinen Pächtersfarm in Corinth, Mississippi, aufgewachsen. Ihre Eltern waren beide tot. Sie aß grundsätzlich kein Schweinefleisch, hatte Kleidergröße sechzehn und Schuhgröße zehn. Aber wenn ich auf das Milchzähnelächeln des Mädchens auf dem Foto starrte, fragte ich mich ein bisschen eifersüchtig, warum sie nicht auch ein Foto von mir da hängen hatte.
    Manchmal kamen zwei Mädchen von nebenan, um mit mir zu spielen, Mary Nell und Mary Roan. Sie waren so schwarz, dass ich sie nicht auseinanderhalten konnte und beide einfach nur Mary nannte.
    »Sei nett zu den kleinen farbigen Mädchen, wenn du dort bei ihnen bist«, sagte Mutter einmal zu mir, und ich weiß
noch, dass ich sie verdutzt angeschaut und gesagt habe: »Was denn sonst?« Aber Mutter hat es mir nie erklärt.
    Nach einer Stunde etwa kam Daddy dann mit dem Auto, stieg aus und drückte Constantine einen Dollar in die Hand. Constantine bat ihn kein einziges Mal herein. Schon damals war mir klar, dass wir hier in Constantines Reich waren und sie in ihrem eigenen Haus zu niemandem höflich sein musste. Danach ließ mich Daddy dann immer in den Farbigenladen gehen und mich etwas Kaltes zu trinken und Lutschbonbons kaufen.
    »Erzähl deiner Mama nicht, dass ich Constantine ein bisschen was extra gegeben habe.«
    »Okay, Daddy«, sagte ich. Das ist so ziemlich das einzige Geheimnis, das mein Daddy und ich jemals hatten.
     
    Als mich das erste Mal jemand hässlich nannte, war ich dreizehn. Es war ein reicher Freund meines Bruders Carlton, der bei uns war, um auf den Feldern Schießen zu üben.
    »Warum weinst du, Mädel?«, fragte mich Constantine in der Küche.
    Ich erzählte ihr tränenüberströmt, was der Junge über mich gesagt hatte.
    »Und? Bist du’s?«
    Ich blinzelte verdutzt und hörte für einen Moment auf zu weinen. »Bin ich was?«
    »Jetzt pass mal auf, Eugenia« – Constantine war die Einzige, die sich gelegentlich an Mamas Gebot hielt. »Hässlich ist was innendrin. Hässlich sind gemeine Leute, die andern wehtun. Bist du so eine?«
    »Weiß nicht. Ich glaube nicht«, schluchzte ich.
    Constantine setzte sich neben mich an den Küchentisch. Ich hörte ihre geschwollenen Gelenke knacken. Sie nahm meine Hand und drückte den Daumen fest in meine Handfläche. Das hieß, wie wir beide wussten: Hör zu. Hör mir gut zu.

    »Jeden Morgen, bis dass du tot unter der Erde liegst, musst du das entscheiden.« Constantines Gesicht war so nah an meinem, dass ich ihr schwarzes Zahnfleisch sehen konnte. »Du musst dich fragen: Will ich glauben, was die dummen Leute heut über mich sagen werden?«
    Sie drückte den Daumen immer noch in meine Handfläche. Ich nickte. Ich war gerade gescheit genug, um zu verstehen, dass sie weiße Leute meinte. Und obwohl mir immer noch zum Heulen war und ich wusste, dass ich sehr wahrscheinlich hässlich war, redete sie doch zum ersten Mal mit mir, als wäre ich mehr als nur das weiße Kind meiner Mutter. Mein ganzes Leben lang hatte man mir gesagt, wie ich über Politik, Farbige, meine Rolle als Mädchen zu denken hatte. Aber jetzt, da Constantines Daumen in meine Handfläche drückte, begriff ich, dass ich wirklich die Wahl hatte, was ich glauben wollte.
     
    Constantine kam um sechs Uhr zur Arbeit und in der Erntezeit schon um fünf, damit sie Daddy Maisbrötchen mit Wurstsauce machen konnte, ehe er hinaus auf die Felder ging. Fast jeden Morgen, wenn ich herunterkam, stand sie in der Küche, und in dem Radio auf dem Küchentisch lief Prediger Green. Sobald sie mich sah, lächelte sie. »Morgen, schönes Mädchen!« Ich setzte mich dann an den Küchentisch und erzählte ihr, was ich geträumt hatte. Sie behauptete, Träume sagten die Zukunft voraus.
    »Ich war im Dachzimmer und habe auf die Farm hinuntergeschaut«, erzählte ich. »Ich

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