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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Stockett
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konnte die Baumwipfel sehen.«
    »Du wirst mal Gehirnchirurgin! Der Dachboden von einem Haus steht für den Kopf.«
    Mutter frühstückte schon zeitig im Esszimmer und ging dann ins Fernsehzimmer, um zu sticken oder Briefe an Missionare in Afrika zu schreiben. Von ihrem grünen Ohrensessel aus konnte sie jeden im Haus so ziemlich überall hingehen
sehen. Es war beängstigend, was sie in dem Sekundenbruchteil, bis ich an dieser Tür vorbei war, alles an mir wahrnahm. Ich flitzte immer vorbei, weil ich mich wie eine Dartscheibe fühlte, ein großes rotes Zentrum, auf das Mutter schwirrende Wurfpfeile schleuderte.
    »Eugenia, du weißt doch, in diesem Haus wird kein Kaugummi gekaut.«
    »Eugenia, geh und betupfe diesen Pickel mit Alkohol.«
    »Eugenia, geh sofort nach oben und bürste dein Haar glatt, stell dir vor, wir bekommen überraschend Besuch.«
    Ich lernte, dass man sich auf Socken unauffälliger bewegen konnte als in Schuhen. Ich lernte, die Hintertür zu nehmen. Ich lernte, Hüte zu tragen, mir die Hände vors Gesicht zu halten, wenn ich am Esszimmer vorbeiging. Aber vor allem lernte ich, einfach in der Küche zu bleiben.
     
    Ein Sommermonat draußen auf Longleaf konnte sich jahrelang hinziehen. Ich hatte keine Freundinnen, die jeden Tag rüberkamen – wir wohnten zu weit draußen, um irgendwelche weißen Nachbarn zu haben. In der Stadt brachten Hilly und Elizabeth sämtliche Wochenenden damit zu, sich gegenseitig zu besuchen, während ich nur jedes zweite Wochenende woanders übernachten oder jemanden dahaben durfte, so sehr ich auch murrte. Ich nahm Constantine zwar manchmal als selbstverständlich hin, aber die meiste Zeit wusste ich wohl doch, was ich an ihr hatte.
    Mit vierzehn fing ich an zu rauchen. Ich klaute Marlboros aus dem Päckchen, das Carlton in seiner Kommodenschublade liegen hatte. Er war fast achtzehn, und niemand hatte etwas dagegen, dass er im Haus rauchte, wo er wollte, und auch wenn er mit Daddy draußen auf den Feldern war. Daddy rauchte manchmal Pfeife, aber keine Zigaretten, und Mutter rauchte im Gegensatz zu den meisten ihrer Freundinnen gar nicht. Sie sagte, vor siebzehn dürfe ich nicht rauchen.

    Also verschwand ich immer in den Garten und setzte mich in die Reifenschaukel, wo ich von der riesigen alten Eiche verdeckt war. Oder ich beugte mich spätabends zum Rauchen aus meinem Dachzimmerfenster. Mutter hatte zwar Adleraugen, aber einen schlechten Geruchssinn. Constantine hingegen merkte es sofort. Sie verengte die Augen und lächelte leise, sagte aber nichts. Wenn Mutter sich der hinteren Veranda näherte, während ich mich in der Reifenschaukel versteckte, kam Constantine herausgerannt und schlug mit dem Besenstiel auf das eiserne Treppengeländer.
    »Was machen Sie da, Constantine?«, fragte Mutter dann, aber inzwischen hatte ich die Zigarette schon ausgedrückt und den Stummel in das Loch im Baumstamm geworfen.
    »Nur den alten Besen hier sauber, Miss Charlotte.«
    »Dann finden Sie bitte eine Methode, es leiser zu tun. Oh, Eugenia, bist du über Nacht schon wieder gewachsen? Was soll ich nur tun? Geh, zieh ein Kleid an, das dir passt.«
    »Ja, Ma’am«, sagten Constantine und ich gleichzeitig und lächelten uns kurz an.
    Oh, es war wunderbar, jemanden zu haben, mit dem man Geheimnisse teilen konnte. So wäre es wohl, wenn ich eine Schwester oder einen Bruder mit weniger Altersabstand hätte, dachte ich. Aber es war nicht nur das. Es hieß auch, eine Person zu haben, die einen auffing, wenn sich die eigene Mutter wieder einmal halb totgesorgt hatte, weil man unglaublich groß, kraushaarig und seltsam war. Eine Person, deren Augen einfach nur wortlos sagten: Ich finde dich gut so.
    Trotzdem war sie nicht immer nur lieb zu mir. Als ich fünfzehn war, hatte eine Neue in der Schule mit dem Finger auf mich gezeigt und gefragt: »Wer ist denn der Storch da?« Selbst Hilly hatte sich das Grinsen verkneifen müssen, ehe sie mich davonlotste, als hätten wir nichts gehört.
    »Wie groß bist du, Constantine?«, fragte ich, außerstande, meine Tränen zu verbergen.

    Constantine sah mich mit zusammengekniffenen Augen an. »Wie groß bist du?«
    »Eins achtzig«, jammerte ich. »Ich bin jetzt schon größer als der Basketballtrainer der Jungen.«
    »Na und? Ich bin eins dreiundachtzig, also hör auf, dir leidzutun. «
    Constantine ist die einzige Frau, zu der ich je aufschauen musste, um ihr in die Augen zu sehen.
    Was einem an Constantine außer ihrer Größe als Erstes auffiel, waren

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