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Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help

Titel: Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathryn Stockett
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ihre Augen. Sie waren hellbraun, verblüffend honigfarben im Kontrast zu ihrer dunklen Haut. Ich habe sonst nie honigfarbene Augen bei einem farbigen Menschen gesehen. Aber an Constantine gab es sowieso unendlich viele verschiedene Farbtöne. Ihre Ellbogen waren tiefschwarz, im Winter mit trockenem, weißem Staub bepudert. Die Haut an den Armen, im Nacken und im Gesicht war ebenholzfarben. Ihre Handflächen waren zwischen Orange und Ocker, und ich fragte mich, ob ihre Fußsohlen auch so waren, aber ich habe sie nie barfuß gesehen.
    »Dies Wochenend sind wir zwei Hübschen ganz allein«, sagte sie lächelnd.
    Es war das Wochenende, an dem Mutter und Daddy mit Carlton wegfuhren, die Louisiana State University und die Tulane University in New Orleans besichtigen, weil Carlton nächstes Jahr aufs College gehen würde. Am Morgen hatte Daddy das Klappbett in der Küche aufgestellt, neben Constantines »Bad«. Da schlief sie immer, wenn sie bei uns übernachtete.
    »Guck mal, was ich besorgt hab«, sagte sie und zeigte auf die Besenkammer. Ich ging hin und machte die Tür auf, und da steckte in Constantines Umhängetasche ein fünfhundertteiliges Puzzle vom Mount Rushmore. Puzzeln war unsere Lieblingsbeschäftigung, wenn sie über Nacht blieb.
    An diesem Abend saßen wir stundenlang da, knabberten
Erdnüsse und sortierten die Puzzleteile auf dem Küchentisch. Draußen wütete ein Sturm, was es umso gemütlicher machte, hier drinnen zu sitzen und die Randteile herauszusuchen. Die Birne der Küchenlampe wurde schwächer und dann wieder heller.
    »Welcher ist der da?«, fragte Constantine, während sie durch ihre schwarzumrandete Brille den Schachteldeckel musterte.
    »Das ist Jefferson.«
    »Ah. Und der?«
    »Das …« Ich beugte mich hinüber. »Ich glaube, das ist … Roosevelt.«
    »Ich erkenn nur Lincoln. Er sieht aus wie mein Daddy.«
    Ich hielt verblüfft inne, ein Puzzleteil in der Hand. Ich war vierzehn und hatte nie irgendwo eine schlechtere Note als ein A gehabt. Ich war intelligent, aber ich war so naiv, wie man nur sein kann. Constantine legte den Schachteldeckel hin und betrachtete wieder die Puzzleteile.
    »Weil dein Daddy so … groß war?«, fragte ich.
    Sie lachte belustigt. »Weil mein Daddy weiß war. Die Größe hab ich von meiner Mama.«
    Ich legte das Puzzleteil hin. »Dein … Vater war weiß, und deine Mutter war … farbig?«
    »Yep«, sagte sie lächelnd und fügte zwei Teile zusammen. »Da, guck’s dir an. Hab zwei Passende gefunden.«
    Ich hatte so viele Fragen – Wer war er? Wo war er? Dass er nicht mit Constantines Mutter verheiratet war, war mir klar, denn das war verboten. Ich nahm eine Zigarette aus meinem Geheimvorrat, den ich mit an den Tisch gebracht hatte. Ich war vierzehn, fühlte mich aber sehr erwachsen, also zündete ich sie an. Im selben Moment verdüsterte sich die Birne der Deckenlampe zu einem lehmigen Braun und sirrte leise.
    »Oh, mein Daddy, der hatte mich gern! Hat immer gesagt, ich wär sein Liebling.« Sie lehnte sich zurück. »Er ist jeden Samstagnachmittag zu uns gekommen, und einmal hat er mir
einen Satz Haarbänder geschenkt, zehn Stück in zehn verschiedenen Farben. Mitgebracht aus Paris, aus japanischer Seide waren die. Ich hab immer auf seinem Schoß gesessen, ab dem Moment, wo er kam, bis er wieder los hat müssen, und Mama hat Bessie Smith laufen lassen, auf dem Victrola, das er ihr gebracht hatte, und er und ich, wir haben gesungen:
    It’s mighty strange, without a doubt
Nobody knows you when you’re down and out.«
    Ich hörte mit großen Augen zu, durchglüht von ihrer Stimme in dem Schummerlicht. Wenn Schokolade ein Klang gewesen wäre, dann der Klang dieser Stimme. Wenn ihr Gesang eine Farbe gewesen wäre, dann die Farbe dieser Schokolade.
    »Einmal hab ich geheult und gewütet, ich schätz, ich hatte eine ganze Latte Sachen, um mich drüber zu beschweren, arm sein, kalt baden, Zahnweh, was weiß ich. Aber er hat meinen Kopf festgehalten, mich die ganze Zeit an sich gedrückt. Wie ich hochgeguckt hab, hat er auch geweint und … das gemacht, was ich immer bei dir mach, damit du weißt, ich mein’s ernst. Hat seinen Daumen in meine Hand gedrückt und gesagt … es tut ihm leid.«
    Wir saßen da und starrten auf die Puzzleteile. Von Mutter aus sollte ich das bestimmt nicht wissen: dass Constantines Vater weiß war, dass er sich bei ihr entschuldigt hatte, weil alles war, wie es war. Das war etwas, was ich nicht zu wissen hatte. Es fühlte sich an, als

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