Gute Geister - Stockett, K: Gute Geister - The Help
Gleiche für mich getan hat.
Ein mit Baumwolle beladener Laster rumpelt auf der Landstraße vorbei. Der Neger auf dem Beifahrersitz beugt sich heraus und starrt mich an. Ich habe ganz vergessen, dass ich ein weißes Mädchen in einem dünnen Nachthemd bin. Ich habe gerade einen Brief, ja vielleicht sogar eine Ermutigung, aus New York City erhalten, und ich sage den Namen laut vor mich hin: »Elaine Stein.« Ich bin noch nie einer Jüdin oder einem Juden begegnet.
Ich renne die Zufahrt entlang, versuche den Brief davon abzuhalten, in meiner Hand zu flattern. Ich will nicht, dass er zerknittert. Ich haste die Stufen hinauf, während Mutter schreit, dass ich diese vulgären mexikanischen Männerschuhe ausziehen soll, und mache mich daran, jedes einzelne gottverdammte Thema aufzulisten, das mich auf der Welt aufregt, vor allem all die Dinge, die sonst niemanden zu beschäftigen scheinen. Elaine Steins Worte sind heißes, flüssiges Silber in meinen Adern, und ich tippe, so schnell ich kann. Am Ende ist es eine spektakulär lange Liste.
Am nächsten Tag bin ich so weit, meinen ersten Brief an Elaine Stein abzuschicken, die Ideen, die ich für lohnende journalistische Themen halte: die hohe Analphabetenrate in Mississippi, die große Zahl alkoholbedingter Autounfälle in unserem Landkreis, die begrenzten Arbeitsmöglichkeiten für Frauen.
Erst nachdem ich den Brief abgeschickt habe, geht mir auf, dass ich wohl die Themen ausgesucht habe, von denen ich glaube, dass sie sie beeindrucken werden, und nicht die, die mich wirklich interessieren.
Ich hole tief Luft und ziehe die schwere Glastür auf. Ein feminines Glöckchen klimpert. Eine weniger feminine Vorzimmerdame mustert mich. Sie ist sehr dick und scheint auf dem kleinen hölzernen Schreibtischstuhl nicht sonderlich bequem zu sitzen. »Willkommen beim Jackson Journal. Was kann ich für Sie tun?«
Ich habe den Termin vorgestern gemacht, keine Stunde, nachdem ich Elaine Steins Brief erhalten hatte. Ich bat um ein Vorstellungsgespräch, falls sie irgendeinen Job zu vergeben hätten. Ich war verblüfft, dass sie mich so schnell sehen wollten.
»Ich möchte bitte zu Mister Golden.«
Die Vorzimmerdame watschelt in ihrem zeltartigen Kleid nach hinten. Ich bemühe mich, meine zitternden Hände unter Kontrolle zu bringen. Ich linse durch die offene Tür in einen kleinen, holzgetäfelten Raum. Drinnen sitzen vier Männer in Anzügen, hämmern auf Schreibmaschinen ein und kratzen mit Bleistiften über Papier. Sie sind krummschultrig und hager, drei haben nur noch einen Haarkranz. Das Zimmer ist neblig von Zigarettenrauch.
Die Vorzimmerdame kommt wieder, eine Zigarette zwischen den Fingern, und winkt mich mit dem Daumen zu sich. »Kommen Sie mit.« Trotz meiner Nervosität geht mir nur die alte Collegeregel durch den Kopf: Ein Chi-Omega-Mitglied läuft nie mit einer Zigarette herum. Ich folge ihr durch den Raum mit glotzenden Männern und den Qualm zu einem dahinterliegenden Büro.
»Tür zu!«, brüllt Mister Golden, sobald ich die Tür aufmache und eintrete. »Lassen Sie nicht den ganzen verdammten Rauch hier rein.«
Mister Golden erhebt sich hinter seinem Schreibtisch. Er ist etwa fünfzehn Zentimeter kleiner als ich, schlank, jünger als meine Eltern. Er hat lange Zähne, ein verächtliches Grinsen und das pomadisierte schwarze Haar eines Fieslings.
»Noch nicht gehört?«, sagt er. »Letzte Woche haben sie verkündet, dass Zigaretten tödlich sind.«
»Das habe ich nicht mitbekommen.« Ich kann nur hoffen, dass es nicht auf der Titelseite seiner Zeitung stand.
»Teufel nochmal, ich kenne hundertjährige Nigger, die jünger aussehen als diese Idioten da draußen.« Er setzt sich wieder hin, aber ich bleibe stehen, weil es sonst keinen Stuhl im Raum gibt.
»Also, lassen Sie mal sehen.« Ich reiche ihm meinen Lebenslauf und ein paar Artikel, die ich auf dem College geschrieben habe. Ich bin damit groß geworden, dass das Journal auf dem Küchentisch lag, aufgeschlagen bei der Landwirtschafts- oder Sportseite. Aber ich bin kaum je dazu gekommen, es selbst zu lesen.
Mister Golden schaut sich meine Unterlagen nicht nur an, er korrigiert mit einem roten Kuli darin herum. »Drei Jahre Redakteurin der Schülerzeitung an der Murray High, zwei Jahre Redakteurin beim Rebel Rouser, drei Jahre Herausgeberin des Chi-Omega-Rundbriefs, Hauptstudienfächer Englisch und Journalismus, Abschluss als Viertbeste … Verdammich, Mädchen«, knurrt er, »haben Sie sich denn nie
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