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Gute liegt so nah...

Gute liegt so nah...

Titel: Gute liegt so nah... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Higgins
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es sich auch alles unverkrampfter anfühlen.
    Abends kam meine Mutter vorbei und brachte chinesisches Essen mit, das wir direkt aus den Pappschachteln in meiner Küche aßen und dabei über die Herstellung knuspriger Kuchenkrusten plauderten.
    „Ich weiß, du verträgst es nicht, aber ich habe die besten Krusten mit Schweineschmalz hinbekommen, statt mit Backmargarine. Und alles muss gut gekühlt sein“, predigte meine Mutter, wobei ihre Augen tatsächlich einen beinah religiösen Glanz bekamen. „Du musst rasch arbeiten, wenn es schön flockig werden soll, denn andernfalls wird das Gluten … es wird nicht schön.“
    „Kühl und schnell, verstanden.“ Ehrlich gesagt hoffte ich, meine Mom würde alles machen, sodass ich ihr nur zuzuschauen und mich hinterher bei ihr zu bedanken bräuchte.
    „Woher kommt das plötzliche Interesse an Kuchen eigentlich?“, fragte sie schlau und knabberte vornehm an einem Maiskolben.
    „Ach, ich koche ein Abendessen für, äh, einen Freund, und da wir Sommer haben, dachte ich, ein Kuchen sei ganz nett. Eben der Jahreszeit entsprechend.“ Genau genommen war noch gar keine Blaubeerzeit, weshalb ich fast zehn Dollar für die Beeren hatte bezahlen müssen. Aber das war ein kleiner Preis, um Joe eine Freude zu bereiten.
    „Ein Freund? Das ist schön.“ Mom lächelte, ich wurde rot. Sie stellte keine weiteren Fragen, denn das musste sie auch nicht. Meine gute alte Mom wusste ohnehin alles.
    Genau wie ich es mir erhofft hatte, kümmerte meine Mom sich komplett um die Zubereitung des Kuchens und forderte mich auf, ihr beim ersten Mal einfach nur zuzuschauen. Geschickt rührte sie den Teig an, mischte die Beeren und den Zucker und erklärte mir alles, während ich ihr am Küchentresen gegenüber saß und ein Corona trank.
    „Ich liebe dich, Mom“, unterbrach ich ihren Vortrag über Eier versus Milchglasur. Sie sah unvermittelt auf, und ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    „Oh, Millie, Schätzchen. Ich habe dich auch lieb.“ Sie umarmte mich mit ihren Teighänden. „Und ich bin so glücklich, dich in der Nähe zu haben.“ Ehe sie weitersprach, schob sie den Kuchen in den Ofen. „Seit Trish fort ist …“ Sie beendete den Satz nicht.
    Seit Trish fort war, litt meine Mutter unter Einsamkeit, und ich war zu sehr damit beschäftigt gewesen, Joe nachzustellen, um es zu bemerken. Ich hatte sie nur deshalb angerufen, weil ich etwas von ihr wollte, und dafür schämte ich mich jetzt. Trish hatte viele Fehler, aber sie war eine gute Tochter.
    „Lass uns nächste Woche etwas unternehmen“, schlug ich vor. „Shoppen in Providence.“
    „Oh, Liebes, das wäre toll! Wir könnten gemeinsam zu Mittag essen.“
    „Du darfst mir sogar ein Outfit aussuchen, jetzt, wo ich nicht mehr so pummelig bin“, bot ich ihr an. Lange Zeit war es für meine zierliche, schlanke Mutter eine bittere Pille gewesen, dass sie eine übergewichtige Tochter gezeugt hatte, die acht Jahre lang nur in Krankenhauskluft herumlief.
    „Ich kann es kaum erwarten“, sagte sie. „Nun muss ich aber heim und mir das Spiel der Red Sox anschauen. Daddy und ich haben sie gestern gesehen, da haben sie gewonnen. Jetzt hat er Angst, sie könnten verlieren, wenn ich nicht dabei bin, um sie anzufeuern.“ Sie verdrehte die Augen, und wir lachten beide über den Aberglauben meines Vaters, mit dem es ihm allerdings ernst war. „Lass die Temperatur noch fünfzehn Minuten bei zweihundert Grad, dann dreh sie herunter auf hundertundfünfzig und lass den Kuchen noch weitere vierzig Minuten im Ofen. Ruf an, falls du Fragen hast.“ Mom wusch sich die Hände und umarmte mich noch einmal. „Und Millie … ich hoffe, er weiß es zu schätzen.“
    „Danke, Mom“, sagte ich gerührt.
    Nachdem sie gegangen war, rief ich die fabelhaften P-town-Boys an, um mir Tipps für mein Outfit zu holen. Ich hatte Mitch und Curtis schon seit einer Weile nicht mehr gesehen, da sie alle Hände voll mit dem Peacock zu tun hatten, aber wir verabredeten uns für demnächst.
    „Bring den Jungen mit“, befahl Curtis. „Wir wollen ihn kennenlernen.“
    „Mal sehen, wie es läuft.“ Es wäre bestimmt lustig, Joe meinen Freunden vorzustellen, wie das bei echten Paaren üblich ist. Irgendwann würde ich ihn sogar offiziell meinen Eltern vorstellen. Mein Dad würde sich freuen, dass ich mit einem Handwerker zusammen war, und alle würden Joes Charme erliegen. Schon bald würde er ein echter Teil meines Lebens sein, nicht mehr nur eine Fantasie, der ich

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