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Gute Nacht Jakob

Gute Nacht Jakob

Titel: Gute Nacht Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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Lokomotive kam. Ich steckte drei Stück Seife in meine Hosentasche, wusch mich mit einem vierten und trocknete mir jede Hand mit einem anderen Handtuch ab, das ich dann mit lässiger Grandezza in den dafür bestimmten Drahtkorb warf. Neben mir schnurrte die Rolle, Jakob, eingewickelt in Toilettenpapier, kämpfte vor Wonne krähend mit wilden Schnabelhieben. Die Fetzen schaukelten in dem leichten Luftzug, der durch die Fensterritze fegte. Es war wie im Schneegestöber, nur nicht so kalt. Wir waren glücklich.
    Jetzt rüttelte man wieder an der Tür, und draußen war ein dumpfes Gebrabbel.
    »Wer ist denn hier?« fragte eine tiefe, autoritätgeladene Männerstimme.
    »Besetzt!« antwortete ich, meine Stimme so tief wie möglich machend.
    »Armleuchter!« schrie Jakob voller Wonne.
    Draußen hörte ich den pickligen Lümmel petzen: »Da ist so ‘n Kleener drauf, mit ‘ner Krähe!«
    »Mit was?« fragte die tiefe Stimme.
    »Mit ‘ner Krähe, mit ‘ner zahmen!«
    Ich knöpfte mir schnell die Hose ab und setzte mich hin.
    »Mach auf, du Kleiner da drin!« dröhnte die Bärenstimme.
    »Kann noch nich, bin noch nich fertig!« Was machte ich um Gottes willen mit Jakob? Er hampelte auf dem Rand vom Waschbecken und versuchte die Tropfen abzufangen, die aus dem Hahn quollen. Er hatte Durst, der arme Kerl. Da quietschten plötzlich die Bremsen, Jakob kugelte vom Waschbecken und flatterte auf meine Schulter, die Bewegung des Zuges wurde langsamer. Große Schatten glitten draußen vor der Milchglasscheibe vorbei. Stimmen: »Gepäckträger... Gepäckträger...« Jetzt hielten wir: eine Station!
    Im gleichen Augenblick sah ich voller Entsetzen, wie sich der Riegel an der Tür hob. Man schloß von außen auf! Ich sprang auf, versuchte mit der einen Hand das Hemd in die Hose zu stecken und mit der anderen die Tür zuzuhalten. Vergebens, sie ging auf. Davor ragte der Turmbau des Kontrolleurs, sein roter Bart schien sich zu sträuben, seine Augen funkelten satanisch unter der Dienstmütze.
    »Was machst du eigentlich hier?« fragte er. Und mit einem Blick in das Papiergestöber: »Na, das sieht ja schön aus! Und was ist das denn? Was soll die Krähe?«
    Hinter ihm ein Bündel von Gesichtern, dazwischen die schadenfrohe Fratze des Pickligen.
    »Es ist keine Krähe«, sagte ich, dem Weinen nahe. »Jakob heißt er. Er ist ganz zahm und tut niemandem was!« (Wenn man jetzt noch die Seife in meiner Tasche fand, wurde ich bestimmt erschossen. Abgesehen von dem Klecks, den der Riese sicher noch auf seiner Mütze hatte!)
    »Soso!« sagte er jetzt und strich sich den Bart.
    »Ich will zu meiner Mama!« erklärte ich.
    Der Riese streckte die Hand aus: »Na, denn komm mal mit!«
    Ich bückte mich: »Können Sie Jakobs Bauer nehmen, bitte
    schön?«
    »Na, meinetwegen!« Es verschwand fast in seiner Riesentatze.
    »Das Bauer ist nämlich für Jakob zu klein«, haspelte ich atemlos, während ich in seinem Schlepptau durch das Gewühl des Ein- und Aussteigens gezerrt wurde, »und der Jakob ängstigt sich so drin. Er ist nämlich immer frei ‘rumgelaufen, und zu Hause darf ich ihn auch frei laufen lassen... und er macht sich den Schwanz und die Flügel kaputt, weil es zu klein ist...«
    Während der ganzen Zeit sah ich mich verzweifelt um, ob ich mich irgendwie losreißen und woanders verstecken könnte. Aber dieses Ungeheuer würde mich überall aufstöbern.
    Jetzt mußten wir einen Moment halten, weil ein Koffer den Weg versperrte. Der Zug fuhr langsam wieder an. Der Riese drehte sich zu mir um: »Du hast ihn wohl sehr lieb, deinen Jakob?«
    »Furchtbar lieb!« Nanu? Was war denn das? Der sah ja plötzlich ganz freundlich aus! In diesem Augenblick kam die Mama. Sie blieb mit ausgebreiteten Armen jenseits des Koffers stehen: »Ja, wo bist du denn? Ich suche dich überall und bin schon halb wahnsinnig!« (Mütter sind manchmal wie Hühner!)
    Der Koffer wurde vom Gang weg in das Innere des Abteils gezogen. Die Mama stürzte sich auf mich: »Jetzt sperrst du ihn aber sofort wieder ein und kommst mit! Ich danke Ihnen, Herr Kondukteur!« Sie wühlte in ihrer Handtasche, nahm ein silbernes Geldstück heraus — ein silbernes, eine ganze Mark! — und steckte das dem Kondukteur zu. Der nahm den Käfig in die linke Hand und salutierte. Dann sah er mich einen Augenblick überlegend an und wandte sich zu meiner Mutter: »Der Kleine kann sich ja ins Dienstabteil setzen. Wenn er dort den Vogel unter Aufsicht hält, braucht er ihn nicht einzusperren!«
    Ich

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