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Gute Nacht Jakob

Gute Nacht Jakob

Titel: Gute Nacht Jakob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans G. Bentz
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erklärte Opapa beiläufig und mit mehrfachem Räuspern: »Habe da Samstag kleine Familienfeier — sozusagen — meine drei Neffen aus Österreich kommen. Hätte sie gern bei Ihnen untergebracht.«
    Der Bauch versicherte, aus seinen tiefsten Tiefen grollend, daß ihm das ein Vergnügen wäre.
    Opapa räusperte sich erneut: »Also... für die beiden Jungen einfache Einzelzimmer.«
    Der Wirt erklärte, er werde sich der Knaben persönlich annehmen. Opapa lächelte nachsichtig:
    Nun, Knaben seien es nicht gerade, der eine Oberförster, der andere Rittmeister bei den Windischgrätz-Dragonern.
    Der Bauch sagte: »Oh!« und dann lachten sie beide.
    Ja, sagte Opapa, setzte den Kneifer auf und warf einen sorgenvoll strengen Blick auf den Gewerberat, da sei nun noch der dritte!
    Jetzt platzte die Bombe! Mir lief es kalt über den Rücken, und ich verschluckte mich an meiner Limonade.
    »Sicher Oberst oder Forstrat?« erkundigte sich der Bauch, charmant blinzelnd.
    Gewaltiges Räuspern Opapas: »Nein, mein ältester Neffe ist Generalleutnant Leopold von Wiedenhof, Divisionskommandeur, Kavallerist.«
    Der Bauch machte »Aaahh!« und der Mund blieb eine Weile offen, so daß ich fünf Goldzähne darin zählen konnte.
    »Fürstenzimmer natürlich!« flüsterte er dann.
    »Natürlich«, sagte Opapa.
    Der Oberkellner, der schon die ganze Zeit hinter ihm gestanden, brauchte nur nach vorn zu fallen, um an seinem Ohr zu sein.
    »Fellner, Fürstenzimmer für Seine Durchlaucht und Exzellenz, den Herrn Generalleutnant...«
    »Das wäre alles«, erklärte Opapa und stand auf. Der Gewerberat riß vor ihm die Tür auf.

    Und dann kamen die drei. Ferdl begrüßte uns fröhlich, aber ziemlich flüchtig, und machte sich gleich auf den Weg, um bei den verschiedenen Kusinen und Schwägerinnen eingeladen zu werden. Onkel Gustl war rauh, aber kameradschaftlich zu mir, schoß mit dem Luftgewehr und spielte sehr nett mit Jakob, der ihm gegenüber eine geradezu hündische Ergebenheit an den Tag legte.
    Onkel Poldi aber wurde von uns mit Beschlag belegt, was mir sehr gut gefiel, denn er verehrte die Mama, die er unentwegt ausführte, und die infolgedessen nie dazu kam, Schularbeiten mit mir zu machen. Jakob und ich kamen auch bei ihm zu unserem Recht. Jakob durfte Onkel Poldis Goldschnüre und Medaillen beklopfen und brachte ihn nur einmal etwas in Verlegenheit, als er ihm ein Stück Watte aus dem Ohr zog. Ich war für einen Tag der Stern der Klasse und wurde selbst vom Lateinlehrer gut behandelt, weil mich Onkel Poldi mit der Mama von der Schule abholten.
    Dann aber kam Opapa an die Reihe. Er lud Onkel Poldi und mich zu einem >Bummel Unter den Lindem ein.
    Zu diesem Zweck wurde eine Autodroschke engagiert, gesteuert von einem schnapsnasigen Individuum namens Zimmer, dessen Standplatz vor der Kneipe gegenüber war. Das heißt, nur sein Benzinvehikel mit dem hutkoffergroßen Motor stand davor. Zimmer saß innen in der Kneipe, und man mußte ihn herausholen. Er war dann immer ziemlich brummig, und man mußte sich die Tür zu der muffig riechenden Polstergruft selbst aufmachen. Als Zimmer jedoch die Uniform sah, erwachten dunkle Erinnerungen an verschollene Jahrzehnte als herrschaftlicher Kutscher in ihm. Er rannte um seine Benzinjolle herum, riß die Tür auf und klappte sie ehrfürchtig hinter uns zu. Erst dann begann er seine Freiübungen an der Motorkurbel, bis ein gewaltiges Donnern und Schütteln, verbunden mit einer blauen Auspuffwolke, die in den Wagen hineindrang, den Erfolg seiner Bemühungen anzeigte. Zimmer nahm Platz, hieb den ersten Gang in die Kulissenschaltung, die außen am Wagen war, und los ging es.
    Am Brandenburger Tor ließ Opapa halten. Links lag der Tiergarten, rechts breitete sich Unter den Linden aus. Onkel Poldi, um den sich ein halbes Dutzend staunender Gassenjungen versammelt hatte, wollte lieber in den Tiergarten, weil dort geritten wurde, aber Opapa bestand darauf, ihn ins Café Kranzler einzuladen, das an der Ecke der Linden und der Friedrichstraße lag. Onkel Poldi, der — wie ich jetzt annehme — genau wußte, worum es Opapa ging, erklärte sich höflich einverstanden, und so durchschritten wir zu dritt das Tor. Gleich hinter dem Tor war die Wache. Die Mannschaft saß drinnen. Davor standen ihre Gewehre in Pyramiden zusammengestellt, und vor den Pyramiden stand ein Soldat auf einem kleinen Podest und paßte auf.
    Opapa schritt gleichgültig plaudernd einher. Seine Hand hatte er leicht über Poldis Arm gelegt. An seiner

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