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Gute Nacht, mein Geliebter

Titel: Gute Nacht, mein Geliebter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inger Frimansson
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Winbladh im Kreise der engsten Verwandten.
    Ihr Bruder leitete ein Hotel in der Stadt. Hans Peter nahm dort die Stelle eines Nachtportiers an. Das war natürlich keine besonders gute Idee, nicht für jemanden, der gerade geheiratet hatte und von dem erwartet wurde, dass er seiner jungen Ehefrau den Hof machte, wie es sich für einen frisch verheirateten Mann gehört.
    Kinder bekamen sie folgerichtig auch keine, und mit der Zeit stellten sie ihre sexuellen Aktivitäten gänzlich ein.
    »Wir haben eine andere Art von Beziehung«, pflegte er zu denken, der festen Überzeugung, dass sie der gleichen Ansicht war. Das war sie nicht. An einem Samstagabend, ziemlich genau vier Jahre nach ihrer Hochzeit, teilte sie ihm mit, dass sie sich scheiden lassen wolle.
    »Ich habe einen anderen Mann getroffen«, sagte sie, zupfte nervös an ihrem Ohrläppchen und duckte sich ein wenig wie vor einem Schlag.
    Er blieb vollkommen ruhig.
    »Bernt und ich passen zusammen. Auf eine ganz andere Art als du und ich. Wenn wir ehrlich sind, haben wir eigentlich kaum gemeinsame Interessen außer der Literatur, und von Literatur allein kann man nicht leben.«
    Trauer überkam ihn, leicht und flatternd, kam und verschwand dann wieder.
    Sie berührte ihn, ihre kleine, verfrorene Hand legte sich um seinen Hals. Er schluckte, schluckte.
    »Du bist ein feiner Kerl«, flüsterte sie. »Es ist nicht so, als würde mit dir was nicht stimmen … Aber wir sehen uns ja fast nie und Bernt und ich, wir haben uns einfach …«
    Hans Peter nickte.
    »Verzeih mir, sag, dass du mir verzeihst.«
    Jetzt weinte sie, die Tränen liefen ihr die Wangen herab, blieben an der Kinnspitze hängen, verloren den Halt und wurden vom Pullover aufgesaugt, ihre Nase war rot und glänzend.
    »Da gibt es wohl im Grunde nichts zu verzeihen«, sagte er mit belegter Stimme.
    Sie schluchzte auf.
    »Dann bist du nicht wütend auf mich?«
    »Eher enttäuscht, würde ich sagen, darüber, dass es nicht ging.«
    »Vielleicht braucht man ja ein wenig mehr … Feuer?«
    »Ja, vielleicht.«
     
    Bereits am nächsten Tag zog sie aus der Wohnung aus. Nahm nur das Notwendigste mit, fuhr zu Bernt nach Hause. Später in dieser Woche kehrte sie mit einem Transporter zurück, den sie an einer Tankstelle gemietet hatte. Das verblüffte ihn. Sie war nie gerne Auto gefahren.
    Er half ihr hinunterzutragen, was ihr gehörte. Die meisten Möbel und Haushaltssachen durfte er behalten. Bernt hatte bereits ein komplett eingerichtetes Heim. Er wohnte in einem Reihenhaus auf dem Blomsterkungsväg.
    »Darf ich dir wenigstens eine Tasse Kaffee oder etwas anderes anbieten?«, fragte er, als sie fertig waren. Eigentlich wollte er das gar nicht, eigentlich wollte er, dass sie sich auf den Weg machte, damit er allein sein konnte. Er hatte keine Ahnung, warum er das gesagt hatte, die Worte kamen einfach aus seinem Mund.
    Sie zögerte kurz, nahm dann an.
    Gemeinsam saßen sie auf dem Sofa, aber als sie den Arm um ihn legen wollte, entzog er sich ihr.
    Sie schluckte.
    »Dann bist du also doch scheißsauer auf mich?«
    Es war das erste Mal, dass er sie fluchen hörte. Er war so überrascht, dass er in Gelächter ausbrach.
     
    Ein paar Jahre später traf er die beiden in Åkermyntan, mit Einkaufstüten beladen. Sie hatten ein paar Kinder dabei, sie nannte ihre Namen, aber er vergaß sie sofort wieder.
    Ihr neuer Mann war groß und kräftig gebaut, hatte einen Bauch, der sich deutlich abzeichnete. Er trug eine Jogginghose.
    »Dickwanst«, dachte Hans Peter, aber ohne Aggression.
    Liv war beim Friseur gewesen, ihr Haar jetzt lockig.
    »Komm doch mal auf einen Drink vorbei«, schlug sie vor. Der Mann neben ihr nickte.
    »Klar, mach das. Wir wohnen drüben in Backlura, nimm einfach den Bus, den 119er.«
    »Ja«, sagte er unverbindlich.
    Liv griff nach dem Ärmel seiner Jacke.
    »Ich möchte nicht, dass wir uns ganz aus den Augen verlieren«, sagte sie.
    Er sah zu den ungeduldigen Gesichtern der Kinder hinab. Das eine war ein Mädchen, es betrachtete ihn abweisend.
    »Nein«, antwortete er. »Das werden wir schon nicht.«
     
    Von Zeit zu Zeit machte seine Mutter ihm Vorwürfe. Sie hatte sich Enkelkinder gewünscht. Sie sprach es nie offen aus, aber es kam vor, dass sie auf ein Kind in einer Zeitung zeigte und einen traurigen Kommentar abgab. Oder das Fernsehen: Mit Vorliebe schaltete sie den Fernsehapparat immer dann ein, wenn es Zeit für die Kinderstunde war, Werwiewas, Wiesoweshalbwarum.
    Das machte ihn rasend. Aber er

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