Gute Nacht, Peggy Sue
liegenbleiben und wie geblendet in den Himmel starren. Dann wurde ihr allmählich bewußt, daß jemand ihren Namen rief, daß jemand ihr das Haar aus den Augen strich, ihr Gesicht streichelte.
»M. J.! Sieh mich an. Ich bin hier!
Sieh mich an!
«
Langsam richtete sie den Blick auf Adam. Er starrte auf sie herab, Panik in den Augen.
Er hat Angst,
dachte sie verwundert.
Warum bloß?
»M. J.!«, brüllte er. »Komm schon! Sag was!«
Sie versuchte zu sprechen, aber alles, was sie herausbrachte, war ein Flüstern: »Adam?«
Die Anspannung in seinen Zügen schmolz zu einem Lächeln. »Dem Himmel sei Dank! Du bist in Ordnung …«
Er beugte sich tiefer, küßte ihre Stirn, ihren Mund. »Bleib nur ruhig liegen! Es wird alles wieder gut werden …«
Durch den Nebel ihrer Verwirrung hörte sie schnelle Schritte und lautes Rufen: »Ist mit ihr alles in Ordnung?«
»Was ist passiert?« fragte sie.
»Nicht bewegen. Es kommt ein Krankenwagen …«
»
Was ist passiert?
« Sie richtete sich mühsam auf. Die plötzliche Bewegung verursachte ihr Schwindelgefühle, Alles um sie herum drehte sich: die Schaulustigen auf der Straße, der Schutt, der sich auf dem Rasen ausgebreitet hatte. Dann sah sie, was von ihrem Haus noch übrig war. Mit einem Blick erstarrte alles zur schrecklichen Gewißheit.
Die Front des Hauses war komplett eingestürzt, so daß die Innenwände bloßlagen wie bei einem offenen Puppenhaus. Stoffetzen, die Füllung der Polstercouch und zerbrochenes Mobiliar waren bis zur Einfahrt geschleudert worden. Direkt über ihr baumelte ein leerer Bilderrahmen am Ast eines Baumes.
»Jesus, Lady«, murmelte jemand aus der Menge. »Haben Sie den Gashahn aufgedreht gelassen oder was?«
»Mein Haus«, flüsterte M. J. In ihrer aufkeimenden Wut stolperte sie auf die Beine. »Was haben die mit
meinem Haus
gemacht?«
Dann, als sei die Zerstörung noch nicht groß genug, schoß die erste Flamme dort in die Höhe, wo einst die Küche gewesen war.
»Zurück!« schrie Adam. »Alle zurück!«
»
Nein!
« M. J. taumelte vorwärts. Wenn es ihr gelang, den Gartenschlauch anzustellen, wenn die Wasserleitungen noch intakt waren, konnte sie retten, was noch zu retten war. »Laß mich!« schrie sie und stieß Adam weg. »Es brennt sonst ab!«
Nach zwei Schritten bereits hatte er sie gepackt und zerrte sie in Richtung Straße. Wütend wehrte sie sich gegen ihn, aber er hielt sie an den Armen fest, hob sie hoch und trug sie vom Haus weg.
»Es verbrennt doch!« kreischte sie.
»Du kannst es nicht retten, M. J.! Die Gasleitung ist leck!«
Die Flammen schossen plötzlich höher, züngelten am einsturzgefährdeten Dach. Das Feuer hatte sich unten bereits bis ins Wohnzimmer ausgebreitet und knisterte in den Überresten ihres Mobiliars. Rauchsäulen wirbelten empor und trieben die Menge der Schaulustigen über die Straße zurück.
»Mein Haus!« schluchzte M. J, und sank gegen Adam.
Er zog sie an sich, schlang die Arme fest um sie, als wolle er sie vor dem Anblick und der Geräuschkulisse der Zerstörung schützen. Als die ersten Wagen der Feuerwehr mit Sirenengeheul eintrafen, klammerte sie sich noch immer an ihn, das Gesicht gegen seine Hemdbrust gepreßt. Das Zischen der Flammen und die Schreie der Feuerwehrleute schienen in eine ferne, andere Welt zu gehören. Ihre Wirklichkeit, die einzige, die wichtig war, war das regelmäßige Schlagen von Adams Herzen, der feste Halt seiner Arme.
Erst als er sie sanft freigab und ihr etwas ins Ohr murmelte, wurde sie widerwillig in die Realität zurückgestoßen. Sie sah den Blick von zwei Männern in Uniform auf sich gerichtet. Der eine war ein Polizist, der andere trug das Abzeichen der Feuerwehr von Albion an der Jacke.
»Was ist passiert?« fragte der Polizist.
Sie schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht.«
»Sie war gerade erst nach Hause gekommen«, sagte Adam.
»Wir sind reingegangen und dann noch mal kurz raus. In dem Augenblick ist das Haus in die Luft geflogen. Sie hat das Schlimmste abbekommen. Ich habe hinter ihr gestanden …«
»Haben Sie Gas gerochen?«
»Nein.« Adam schüttelte energisch den Kopf. »Kein Gas.«
»Sind Sie sicher?«
»Absolut. Erst nach der Explosion hat es zu brennen angefangen.«
Der Polizist und der Feuerwehrmann sahen sich an. Es war ein bedeutungsvoller Blick, den M. J. instinktiv als beängstigend empfand.
»Es war eine Bombe, stimmt’s?« meinte sie.
Sie sagten kein Wort. Das war auch nicht nötig. Ihr Schweigen war beredt genug.
Es
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