Gute Nacht, Peggy Sue
eingeschaltet hat, als die Haustür geöffnet wurde. Die Initialzündung hat eine Zündschnur entfacht, die in exakt sechzig Sekunden abgebrannt ist und dann die Sprengladung gezündet hat. Muß eine ziemlich beeindruckende Menge an TNT gewesen zu sein.«
Adam runzelte die Stirn. »Sechzig Sekunden? Das erklärt, warum sie nicht sofort hochgegangen ist.«
Beamis nickte. »Eine Bombe mit Zeitzünder und Verzögerung. So konstruiert, daß die Bombe erst hochgeht, wenn das Opfer wirklich im Haus ist.«
»Die machen keine halbe Sachen. Wer sie auch sein mögen«, fügte Shradick mit vollem Mund hinzu.
Adam lehnte sich zurück. Die Information traf ihn wie ein Schlag. Bis jetzt hatte er auf eine einfache Erklärung gehofft. Einen fehlerhaften Gasbrenner vielleicht; ein normales Leck in der Gasleitung, dessen Geruch er nicht bemerkt hatte. Aber es gab eindeutige Beweise. Jemand wollte M. J.s Tod. Und diese Leute scheuten keine Mühe, um ihr Ziel zu erreichen.
Beamis Enthüllungen hatten ihn so geschockt, daß er gar nicht bemerkt hatte, daß M. J. inzwischen ins Eßzimmer gekommen war. Erst als er den Kopf hob, sah er sie. Sie schien in einem seiner ältesten Bademäntel völlig zu versinken und brachte den Duft von Seife und Shampoo mit herein. Der Ausdruck von Niedergeschlagenheit war verschwunden. M. J. war wieder die alte. Sie sah von einem zum anderen.
»Hast du gehört, was Lou gesagt hat?« fragte Adam.
Sie nickte. Dann holte sie tief Luft. »Schätze, es ist Zeit, den Tatsachen ins Auge zu sehen. Da versucht doch jemand tatsächlich, mich umzubringen.«
Nach kurzem Schweigen sagte Adam: »Sieht ganz so aus.«
Die Arme vor der Brust verschränkt, begann M. J. langsam im Zimmer umherzuwandern. Sie dachte nach.
Ein Bild vollkommener Ruhe,
überlegte Adam. Bis auf die Hände. Er sah, daß sie zitterten. Sie blieb vor dem Fenster stehen und blickte auf den Rasen und die Bäume im gleißenden Sonnenlicht.
»Glauben Sie mir, M. J.«, sagte Beamis, »die vom Revier in Bellemeade arbeiten mit Hochdruck daran. Ich habe mit den Leuten von der Kripo gesprochen. Sie prüfen alle Möglichkeiten …«
»So, tun sie das?« fragte sie.
»Da müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. Vielleicht ist es jemand, gegen den Sie als Gutachterin vor Gericht ausgesagt haben. Oder ein Exfreund. Mann, die haben sich sogar Ed vorgeknöpft.«
»Ed?« Sie lachte. Es war ein wildes, verzweifeltes Lachen.
»Ed schafft es nicht mal, einen Videorecorder zu programmieren. Geschweige denn eine Bombe.«
»Okay, dann ist es vermutlich nicht Ed gewesen. Jedenfalls nicht persönlich. Trotzdem wurde er verhört.«
Sie drehte sich um und sah Beamis an. »Dann sind sich also alle einig? Es war ein Mordversuch?«
»Zweifelsfrei. Man muß sich ja nur Ihr Haus ansehen. Oder vielmehr das, was davon übrig ist.«
Sie blickte erneut zu den Bäumen. »Es ist wegen denen.«
»Wegen wem?«
»Wegen Nicos Biagi, wegen der namenlosen Frauenleiche. Der Grund ist das, was in den Projects passiert.«
»Sie haben vielleicht noch andere Feinde«, erwiderte Beamis. »Und Sie haben Ihre Handtasche verloren. Schon vergessen? Einer dieser Punks hätte in ihr Haus einbrechen …«
»… und eine Bombe mit einem Zünder einbauen sollen, die mit einer Verzögerung von sechzig Sekunden hochgeht?« Sie schüttelte den Kopf. »Wo sollten die TNT herhaben? Vom Kaufmann an der Ecke? Lou, diese Punks waren Kinder. Die geben sich nicht mit komplizierten Bomben ab. Und was sollten sie für ein Motiv haben?«
»Keine Ahnung.« Beamis seufzte resigniert. »Sie haben Sie überfallen …«
»Aber sie haben uns nicht umgebracht. Sie hatten die Gelegenheit, aber sie haben’s nicht getan.« Sie wandte sich an Adam. Ihre grünen Augen blitzten.
Gott, ist sie furchtlos,
dachte er.
Fantastisch.
»Sag schon was, Adam!« fuhr sie ihn an.
Er sah Beamis an. »Sie hat recht, Lieutenant. Diese Kids haben keine Ahnung von komplizierten Zündmechanismen. Die Bombe klingt verdammt nach High-Tech. Wer sie auch gebaut hat, er versteht was von seinem Handwerk.«
»Ein Profi«, bemerkte Shradick.
Das Wort genügte, um M. J. bleich werden zu lassen. Adam sah, wie sie das Kinn reckte, sah, wie ihre Lippen schmal wurden. Sie hatte also doch Angst. Und das war gut so. Schweigend ging sie zum Tisch und setzte sich ihm gegenüber. Der Bademantel öffnete sich ein Stück. Erst in diesem Moment wurde ihm klar, daß sie darunter nackt war. Wie wehrlos sie aussah! Man hatte ihr alles
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