Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
Vom Netzwerk:
leicht nach vorn neigt. »Alles ist den Bach runtergegangen. Auseinandergefallen. Stück für Stück. Der Motor ist nicht mehr gelaufen.«
    »Wie war ihre Familiensituation?«
    »Situation? Abgesehen von der Tatsache, dass mein Vater tot war und meine Mutter ohne Chance auf Heilung im Koma lag?«
    »Entschuldigen Sie, ich hätte mich klarer ausdrücken sollen. Ich meine, waren Sie verheiratet, gab es noch andere Verwandte?«
    »Ich hatte eine Frau. Bis es ihr zu viel wurde, dass alles den Bach runtergeht.«
    »Kinder?«
    »Nein. Und das war gut so. Oder vielleicht auch nicht. Alles Geld von meinem Vater haben seine Enkel bekommen – die Kinder meiner Schwester.« Mellani setzte ein Lächeln auf, das nicht frei von Bitterkeit war. »Und wissen Sie, warum? Wirklich komisch. Meine Schwester war ein ziemlich verkorkster Mensch, total ängstlich. Ihre Kinder sind beide manisch-depressiv, hyperaktiv, zwanghaft, alles, was das Herz begehrt. Also fand mein Vater, dass es mir gut geht, dass ich der Gesunde in der Familie bin, wohingegen sie jede Hilfe brauchen, die sie kriegen können.«
    »Stehen Sie in Verbindung mit Ihrer Schwester?«
    »Meine Schwester ist tot.«
    »Das tut mir leid, Paul.«
    »Schon seit mehreren Jahren. Fünf, sechs? An Krebs. Tot sein ist vielleicht gar nicht so schlecht.«
    »Warum sagen Sie das?«
    Wieder ein bitteres Lächeln, das in Trauer endete. »Sehen Sie? Fragen, Fragen.« Er starrte auf die Tischplatte, als wollte er etwas in trübem Wasser erkennen. »Die Sache ist, Geld hat meinem Vater sehr viel bedeutet. Es war das Wichtigste überhaupt für ihn. Verstehen Sie?«
    Seine Trauer spiegelte sich in Kims Augen. »Ja.«
    »Mein Therapeut hat mir erklärt, dass die Geldobsession meines Vaters der Grund war, warum ich Steuerberater wurde. Steuerberater machen schließlich nichts anderes, als Geld zu zählen.«
    »Und als er alles der Familie Ihrer Schwester vermacht hat?«
    Wieder hob Mellani die Hand. Diesmal mimte er die langsame Fahrt eines Autos hinunter in ein tiefes Tal. »Durch die Therapie bekommt man so viel Einblick, so viel Klarheit, aber es bleibt die Frage, ob das immer so gut ist.« Es war keine Frage.
    Als sie eine halbe Stunde später aus Paul Mellanis tristem Büro auf den sonnenbeschienenen Parkplatz kamen, hatte Gurney das verstörende Gefühl, aus einem dunklen Kino ins helle Tageslicht zu treten – ein Wechsel von einer Welt in eine andere.
    Kim atmete tief durch. »Mann, das war …«
    »Trostlos? Düster? Krank?«
    »Bloß traurig.« Sie wirkte mitgenommen.
    »Sind dir die Daten auf den Zeitschriften im Empfangsbereich aufgefallen?«
    »Nein, warum?«
    »Alle schon mehrere Jahre alt, nichts Aktuelles. Und weil wir gerade von Daten reden, ist dir klar, was für eine Jahreszeit wir haben?«
    »Worauf willst du hinaus?«
    »Die letzte Märzwoche. Weniger als drei Wochen bis zum 15. April, der Frist für Steuererklärungen. In dieser Zeit müsste ein Steuerberater in Arbeit versinken.«
    »Oh, natürlich, du hast recht. Das heißt, er hat keine Mandanten mehr. Zumindest nicht mehr viele. Aber was macht er dann da drin?«
    »Gute Frage.«
    Die Rückfahrt nach Walnut Crossing dauerte fast zwei Stunden. Gegen Ende stand die Sonne tief am Himmel und blendete Gurney so, dass er kaum noch durch die schmutzige Windschutzscheibe schauen konnte – was ihn zum dritten oder vierten Mal in dieser Woche daran erinnerte, dass ihm die Reinigungsflüssigkeit ausgegangen war. Doch noch mehr als das irritierte ihn seine zunehmende Abhängigkeit von Notizen. Wenn er sich die Sachen nicht aufschrieb …
    Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen trüben Gedanken. Erstaunt erkannte er Hardwicks Namen auf dem Display.
    »Ja, Jack?«
    »Das Erste war leicht. Aber glaub nicht, dass das deine Schulden verringert.«
    Gurney brauchte ein wenig, um sich auf seine Anfrage vom Vormittag zu besinnen. »Du meinst die Geschichte von Mr. Meese-Montague?«
    »Genau genommen Mr. Montague-Meese, doch mehr darüber in Bälde.«
    »In Bälde?«
    »Ja, in Bälde. Heißt so viel wie gleich . Eins von Shakespeares Lieblingsworten. Immer wenn er gleich gemeint hat, hat er in Bälde gesagt. Ich erweitere mein Vokabular, damit ich mich mit mehr Selbstvertrauen mit intellektuellen Schnüfflern wie dir unterhalten kann.«
    »Gute Idee, Jack. Bin stolz auf dich.«
    »Okay, das ist jetzt erst der Anfang. Später kommt vielleicht noch mehr Schlaues dazu. Also: Die betreffende Person wurde am 28. März 1989 im St.

Weitere Kostenlose Bücher