Gute Nacht: Thriller (German Edition)
auch dort, in seinem ersten Studienjahr.«
»Wie? Freundin … Söhne von späteren Opfern … Letztes Studienjahr … Erstes Studienjahr …? Von wem reden wir hier eigentlich?«
»Eine Dartmouth-Studentin, die zufälligerweise Larry Ster-
nes Freundin war, wurde vom Würger getötet, als Jimi Brewster sein erstes Studienjahr in Dartmouth absolviert hat.«
Wieder wurde Hardwick still. Gurney konnte sich förmlich ausmalen, wie in Hardwicks Gehirn die Lichter blinkten. Schließlich räusperte er sich. »Soll ich da irgendeine Bedeutung herauslesen? Ich meine, na und, verdammt noch mal! Im Jahr 2000 werden zwei Menschen aus Familien im nördlichen Teil von New York von einem Serienkiller erschossen. Und zufälligerweise hat zehn Jahre vorher, im Jahr 1990, der Sohn eines dieser späteren Opfer eine große akademische Einrichtung besucht, als die Freundin vom Sohn eines weiteren späteren Opfers von einem Serienmörder erwürgt wurde. Zugegeben, es klingt bizarr, aber wahrscheinlich kann man viele schlichte Zufälle so hindrehen, dass sie bizarr klingen. Ich seh einfach nicht, was es bedeuten soll. Ziehst du in Erwägung, dass Jimi Brewster der White-Mountain-Würger war?«
»Dafür gibt es keinen Anlass. Aber könntest du ein bisschen rumstöbern – vielleicht in den alten Fallakten, falls sie noch zugänglich sind – und die grundlegenden Fakten zusammensuchen, damit ich die Frage abhaken kann?«
»Was für grundlegende Fakten?«
»Erst mal Näheres über Vorgehensweise, Opferprofil, irgendwelche Anhaltspunkte, die auf einen Zusammenhang mit Brewster deuten.«
»Erst mal?«
»Vielleicht sollten wir auch den damaligen leitenden Ermittler ausfindig machen, um zu erfahren, ob Jimi Brewsters Name jemals bei der Untersuchung aufgetaucht ist.«
Ein langes Schweigen folgte.
»Bist du noch dran, Jack?«
»Ich bin da. Überlege gerade, dass mir deine kleinen Anfragen allmählich ziemlich auf den Sack gehen.«
»Kann ich gut verstehen.«
»Ist da nicht bald ein Ende in Sicht?«
»Wie gesagt, die Zeit wird ganz schön knapp. Das Ende ist also in Sicht. So oder so. Ich hab vielleicht nur noch einen Tag.«
»Wofür?«
»Um die Sache aufzuklären. Oder für immer darunter begraben zu werden.«
Wieder Stille, wenngleich nicht ganz so lang. Hardwick nieste, dann schnäuzte er sich. »Der Fall des Guten Hirten wird seit zehn Jahren untersucht. Und du willst ihn in den nächsten vierundzwanzig Stunden lösen?«
»Wahrscheinlich bleibt mir keine andere Wahl. Übrigens hat Jimi Brewster Kim erzählt, dass er ein Alibi für die Morde des Guten Hirten hat. Weißt du da zufällig was drüber?«
»So was vergisst man nicht. Der Mord an Brewster senior war der letzte, bei dem das BCI die Hinterbliebenen verständigt hat. Der Arzt wurde in Massachusetts erschossen, aber sein Sohn hat hier gewohnt, also durften wir ihn informieren. Kurz darauf hat das FBI staatenübergreifend die Ermittlungen übernommen.«
»Warum vergisst man so was nicht?«
»Die Tatsache, dass Jimis Alibi zugleich ein Motiv lieferte – zumindest was seinen Vater angeht. Als die ersten vier Morde begangen wurden, saß Jimi wegen LSD -Besitzes im County-Gefängnis und konnte die Kaution nicht aufbringen, weil sein Vater jede Hilfe verweigerte mit der Begründung, dass er ruhig mal zwei Wochen in einer Zelle schmoren soll. Schließlich bezahlte eine Exfreundin von Jimi die Kaution. Er hat geschäumt vor Wut, als er freikam – ungefähr drei Stunden vor dem Tod seines Vaters.«
»Wurde er als Verdächtiger betrachtet?«
»Eigentlich nicht. Die Vorgehensweise bei Dr. Brewster war exakt gleich wie bei den anderen. Jimi hätte sie nicht nachahmen können, weil die Einzelheiten damals noch nicht veröffentlicht worden waren.«
»Dann können wir Jimi wohl ausschließen.«
»Anscheinend. Irgendwie schade. Er würde nämlich gut zu einem von den Punkten auf deiner Liste passen.«
»Welchem Punkt?«
»Die Frage, ob alle Opfer des Guten Hirten gleich wichtig waren. Also, wenn Jimi sie auf irgendeine Weise alle getötet hätte, dann wäre sein Vater derjenige, auf den
es ankam, während es die anderen nur so nebenher erwischt hat – weil sie die Automarke seines Vaters fuhren und ihm deshalb mit seinem verdrehten Denken genauso verachtenswert vorkamen. Mehrfachziele.« Er hielte inne. »Ach, scheiß drauf. Was rede ich da eigentlich. Das ist doch sowieso alles nur Psychogelaber.«
39
Blut und Schatten
Als Madeleine erschöpft und gereizt von ihrer
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