Gute Nacht: Thriller (German Edition)
sinken. Allerdings brachten sie Gurney auf andere Möglichkeiten, die er lieber für sich behielt, zumindest fürs Erste, weil sie Kims emotionalen Zustand sicher wieder verschlechtert hätten.
»Vorhin hast du Robby Meese erwähnt.« Gurney zögerte kurz. »Ich hab mich gefragt, wie viel Kontakt hatte er mit Jimi Brewster?«
»Nicht viel.«
»Aber er hat doch bei dem Film, den du mir geschickt hast, die Kamera bedient.«
»Stimmt, aber Robby und Jimi hatten keinen guten Draht zueinander. Das war genau die Zeit, als sich zum ersten Mal Robbys Unsicherheit gezeigt hat.«
»Wie?«
»Je mehr Robby mit den Teilnehmern an meinem Projekt zu tun hatte, desto mehr war er auf ihre Anerkennung aus. Da habe ich auf einmal eine Seite an ihm bemerkt, die mir neu war. Schleimerisch, geldgeil. Ich glaube, Jimi hat das auch gesehen. Und so ein Verhalten war ihm total zuwider.«
»Bei wem hat Robby sich eingeschleimt?«
»Bei allen eigentlich. Bei Eric Stone, bis er rausfand, dass Eric bis zum Hals in Schulden steckte. Dann bei Ruthie, die zugänglich war und genug Geld hatte, um für ihn interessant zu sein.« Sie schüttelte den Kopf. »Dieser schmierige kleine Scheißer – dabei hat er das in den ersten Monaten unserer Bekanntschaft total geschickt geheim gehalten.«
Gurney wartete stumm, bis sie nach einem tiefen Atemzug fortfuhr.
»Roberta hatte natürlich haufenweise Geld von dem Sanitärmarkt ihres Vaters, wirkte aber eher einschüchternd als zugänglich. Trotzdem hat er sie immer wieder angerufen. Und zuletzt noch Larry, auch mit einer Menge Geld aus seiner großen Verschönerungspraxis. Aber ich glaube, Larry hat Robby sofort durchschaut, hat gemerkt, wie versessen er auf Aufmerksamkeit war, und empfand vielleicht sogar Mitleid mit ihm. Warum reden wir eigentlich über diese Dinge? Robby hat Ruthie und Eric nicht umgebracht. Dazu ist er nicht fähig. Er ist ein Arsch, doch nicht diese Art von Arsch. Was bringen uns also diese Diskussionen?«
Gurney wusste keine Antwort – das Klingeln seines Telefons auf der Anrichte ersparte ihm weitere Fragen. Er hoffte, dass es Lieutenant Bullard mit ihrer Einschätzung zum Brewster-Film war.
Auf dem Display blinkte Hardwicks Name. »Davey, alter Knabe, ich weiß nicht, ob dir das klar ist, aber du hast dich in einen Riesenfurz im Aufzug verwandelt.«
»Hat sich jemand beschwert?«
»Beschwert? Wenn du ein drohendes Verfahren wegen schwerer Brandstiftung, bei dem du so richtig durch die Mangel gedreht wirst, als eine Form von Beschwerde bezeichnen möchtest, dann würde ich sagen, Ja, da hat sich jemand beschwert.«
»Trout will die Sache mit der Scheune wirklich verfolgen?«
»Nominell hat die Abteilung Brandursachenermittlung des BCI die Verantwortung, doch die regionale FBI -Außenstelle hat ernsthaftes Interesse bekundet. Sie bieten jede nur erdenkliche Unterstützung an, um deine Finanzen zu prüfen. Um rauszufinden, ob du irgendwie in der Klemme steckst und das Geld aus einer Brandschutzversicherung vielleicht gut gebrauchen könntest – zum Beispiel wegen Problemen mit Spielsucht, Krediten, Gesundheit, Freundinnen.«
»Drecksack«, knurrte Gurney. Er fing an, vor dem Esstisch auf und ab zu laufen.
»Was hast du denn erwartet? Du drohst dem Kerl, ihm in aller Öffentlichkeit die Hosen runterzuziehen, da muss er natürlich reagieren.«
»Dass er reagiert, wundert mich nicht, ich hab bloß nicht damit gerechnet, dass mir die Zeit so schnell davonläuft.«
»Weil du das gerade erwähnst … Hast du – abgesehen davon, dass du inzwischen so ziemlich alle Leute vergrätzt hast – inzwischen schon irgendwelche Fortschritte bei der großen Enthüllung der verborgenen Wahrheit gemacht?«
»Das klingt, als würde ich nach etwas suchen, das es nicht gibt.«
»Hab ich nicht gemeint. Wollte nur hören, ob du bereits am Ziel bist.«
»Das merke ich erst, wenn es so weit ist. Erst mal hätte ich eine Frage. Was weißt du über den White-Mountain-Würger?«
Kurzes Zögern. »Irgend so eine alte Geschichte, oder? Vor fünfzehn Jahren? In New Hampshire?«
»Eher zwanzig Jahre. In und im Umkreis der Stadt Hanover.«
»Richtig. Jetzt fällt es mir wieder ein. Fünf oder sechs Frauen mit Seidentüchern erwürgt, relativ kurzer Zeitraum. Warum fragst du?«
»Ein Opfer des Würgers war mit dem Sohn von einem späteren Opfer des Guten Hirten befreundet. Hat im letzten Jahr in Dartmouth studiert. Und zufälligerweise war der Sohn eines weiteren Hirten-Opfers zu dieser Zeit
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