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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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habe?«
    »Wann hast du es gesehen?«
    »Weiß nicht. Als ich weggegangen bin. Vor einer Stunde vielleicht.«
    »Und du weißt nichts darüber?«
    »Nur, dass es im Blumenbeet war. Ich dachte, du hast es da reingesteckt.« Längere Zeit herrschte Schweigen, während er den Pfeil und sie ihn anstarrte. »Glaubst du, hier geht jemand auf die Jagd?« Sie kniff die Augen zusammen.
    »Wir haben noch keine Jagdsaison.«
    »Vielleicht ein Betrunkener, der sich vertan hat.«
    »Angenehme Vorstellung.«
    Nach einem letzten bösen Blick auf den Pfeil zuckte sie die Achseln. »Du siehst wirklich müde aus. Setz dich doch.« Sie deutete auf den Tisch bei der Terrassentür. »Und erzähl mir, wie’s gelaufen ist.«
    Nachdem er alles geschildert hatte, auch Kims Bitte, sie am nächsten Tag gegen Bezahlung zu zwei Treffen zu begleiten, forschte er in Madeleines Gesicht nach einer Reaktion.
    Doch statt sich zu seinem Bericht zu äußern, wechselte sie das Thema. »Ich hatte auch keinen leichten Tag.« Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und legte die Hände vor dem Gesicht zusammen, um das Kinn auf die Daumen zu stützen. Dann schloss sie die Augen.
    Schließlich schlug sie sie wieder auf, nahm die Hände in den Schoß und setzte sich auf. »Kannst du dich an den Mathematiker erinnern, den ich mal erwähnt habe?«
    »Vage.«
    »Der Mathematikprofessor, der Patient in der Klinik war.«
    »Ach so, der.«
    »Ursprünglich wurde er zu uns überwiesen, weil er zum zweiten Mal betrunken am Steuer erwischt worden war. Hatte berufliche Probleme, bis irgendwann gar nichts mehr ging. Schlimme Scheidung, Entfremdung von den Kindern, Ärger mit den Nachbarn. Trostlose Prognose, Schlafstörungen, besessen von den negativen Aspekten jeder Situation. Brillanter Denker, aber gefangen in einer depressiven Abwärtsspirale. Er kam dreimal pro Woche zu Gruppensitzungen, dazu eine Einzelsitzung. Meistens war er auch bereit zu reden. Oder besser gesagt, sich zu beschweren und den anderen die Schuld an allem zu geben. Nie jedoch bereit, was zu tun. Nicht einmal das Haus zu verlassen, außer das Gericht hat es angeordnet. Wollte keine Antidepressiva nehmen, weil er damit akzeptiert hätte, dass seine geistige Chemie mit verantwortlich für seine anderen Probleme sein könnte. Irgendwie fast komisch. Er war entschlossen, alles auf seine Weise zu machen, und das hieß eben, nichts zu tun.« Sie lächelte matt und starrte aus dem Fenster.
    »Was ist passiert?«
    »Gestern Abend hat er sich erschossen.«
    Lange saßen sie still am Tisch und blickten hinaus zu den Bergen. Gurney fühlte sich merkwürdig losgelöst von Raum und Zeit.
    »Tja.« Sie drehte sie wieder zu ihm. »Die junge Dame möchte dich also engagieren. Und du musst nichts anderes tun als mitkommen und ihr dann sagen, wie sie sich angestellt hat?«
    »So hat sie es beschrieben.«
    »Du überlegst, ob vielleicht mehr dahinterstecken könnte?«
    »Nach dem heutigen Tag zu urteilen, könnte es ein paar verborgene Verwicklungen geben.«
    Sie bedachte ihn mit einem ihrer nachdenklichen Blicke, die sich immer anfühlten, als würde sie seine Seele erforschen. Dann setzte sie mit sichtlicher Mühe eine fröhliches Lächeln auf. »Wenn du die Sache übernimmst, werden sie bestimmt nicht lang verborgen bleiben.«

6
    Verborgene Verwicklungen
    Bei Sonnenuntergang setzten sie sich zu einem schweigsamen Abendessen mit Süßkartoffelsuppe und Spinatsalat. Danach machte Madeleine ein kleines Feuer in dem alten Holzkamin am hinteren Ende des Raums und ließ sich mit einem Buch in ihrem Lieblingssessel nieder. Inzwischen mühte sie sich mit Unterbrechungen schon fast ein Jahr durch diesen Wälzer: Krieg und Frieden.
    Er stellte fest, dass sie ihre Lesebrille nicht herausgeholt hatte und dass das Buch ungeöffnet in ihrem Schoß lag. Er empfand das Bedürfnis, etwas zu sagen. »Wann hast du das erfahren – das mit dem …?«
    »Dem Selbstmord? Heute am späten Vormittag.«
    »Jemand hat angerufen?«
    »Die Direktorin. Sie wollte, dass alle, die Kontakt mit ihm hatten, zu einer Besprechung kommen. Angeblich um Informationen auszutauschen und den Schock gemeinsam zu verdauen. Das war natürlich Unsinn. Es ging nur um Absicherung, Schadensbegrenzung, oder wie man es nennen möchte.«
    »Wie lang hat das Treffen gedauert?«
    »Keine Ahnung. Spielt das eine Rolle?«
    Er blieb ihr die Antwort schuldig, weil er nicht einmal wusste, warum er gefragt hatte. Scheinbar wahllos schlug sie das Buch auf und senkte den

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