Gute Nacht: Thriller (German Edition)
dieses Zeug in Pisse verwandelt.« Er stakste aus dem Zimmer.
Zwei Minuten später kam er zurück, setzte sich auf die Lehne seines Sessels und redete weiter, als hätte es keine Unterbrechung gegeben. »Wenn du wissen willst, wie Maxie tickt, solltest du bei dem berühmten Mafiavorfall in Buffalo anfangen.«
»Berühmt?«
»Zumindest bei uns Hinterwäldlern. Bullen aus New York City wie du haben wahrscheinlich noch nie davon gehört.«
»Was ist da passiert?«
»In Buffalo gab es einen Mafiatypen namens Frankie Benno, der die Wiederauferstehung von Heroin im westlichen Teil des Staates New York organisiert hat. Das war allgemein bekannt, aber Frankie war schlau und vorsichtig und ließ sich von einer Handvoll Politiker decken. Maxie reagierte genervt und steigerte sich in die Sache rein. Er war entschlossen, Frankie zu einem Verhör zu bestellen, obwohl er nichts Konkretes gegen ihn in der Hand hatte.
Um eine Entscheidung zu erzwingen, wollte er ›den Scheißer so lange piesacken, bis er einen Fehler macht‹. Das waren Maxies letzte Worte zu seiner Frau, bevor er sich auf den Weg machte zu einem bekannten Stammlokal von Frankies Leuten in einem Haus, das Frankie gehörte.«
Gurneys erster Gedanke war, dass es ein ziemlich kniffliges Vorhaben schien, den Scheißer so lange zu piesacken, bis er einen Fehler machte. Der zweite Gedanke erinnerte ihn daran, dass er das häufig selbst gemacht und es bloß anders genannt hatte: »den Verdächtigen unter Druck setzen, um seine Reaktionen zu beobachten«.
Hardwick fuhr fort. »Angezogen wie ein Gangster betritt Maxie das Restaurant. Er geht direkt in das Hinterzimmer, in dem Frankies Männer immer rumlungern, wenn sie nicht damit beschäftigt sind, jemandem den Schädel einzuschlagen. In dem Zimmer sind zwei Mafiosi, die sich gerade Linguine mit Muschelsoße reinziehen. Maxie marschiert auf sie zu und holt eine Knarre und eine kleine Wegwerfkamera raus. Er erklärt den beiden, dass sie die Wahl haben: Sie können sich mit rausgeblasenem Hirn fotografieren lassen oder beim gegenseitigen Blasen. Liegt ganz bei ihnen. Sie können sich frei entscheiden. Sie haben zehn Sekunden Zeit zum Überlegen. Entweder sie packen sich gegenseitig am Schwanz, oder ihr Hirn tropft von der Wand. Zehn … neun … acht … sieben … sechs …«
Mit funkelnden Augen und sichtlich begeistert beugte sich Hardwick zu Gurney vor. »Aber Maxie steht ziemlich nah vor ihnen – zu nah –, und einer von den Typen reißt ihm die Knarre weg. Maxie weicht zurück und fällt auf den Arsch. Die Mafiosi wollen ihm die Scheiße aus dem Leib prügeln, doch plötzlich beendet Maxie die Gangsternummer und schreit, dass das alles bloß ein Schwindel, dass er nur ein Schauspieler ist. Er erzählt, dass ihn jemand geschickt hat und dass sowieso niemandem was passiert wäre, weil die Waffe gar nicht echt ist, sondern ein Spielzeug. Inzwischen flennt er fast. Die Mafiosi untersuchen die Pistole. Tatsächlich, es ist eine Attrappe. Jetzt wollen sie natürlich wissen, was da los ist, wer ihn beauftragt hat und so weiter. Maxie schwört, er weiß nichts, bloß dass er sich am nächsten Tag mit dem Typen treffen soll, um ihm die Kamera mit den Blowjob-Fotos zu geben und dafür fünftausend Dollar zu kassieren. Einer von den zweien geht raus zu einer Telefonzelle auf der Straße – das war noch vor der Handyzeit. Als er wieder zurück ist, erklärt er Maxie, dass sie ihn mit nach oben nehmen, weil Mr. Benno beunruhigt ist. Maxie sieht aus, als würde er sich gleich in die Hose scheißen, und bittet sie, ihn laufen zu lassen. Doch sie bringen ihn rauf. Oben ist ein gepanzertes Büro. Stahltüren, Schlösser, Kameras. Höchste Sicherheitsstufe. Frankie Benno wartet dort mit zwei weiteren Mafiosi. Als sie Maxie ins Allerheiligste bringen, bedenkt Frankie ihn mit einem langen, bohrenden Blick. Dann mit einem fiesen Grinsen, anscheinend hatte er gerade eine klasse Idee. Er blafft: »Ausziehen!« Maxie wimmert wie ein Baby. Frankie sagt: »Zieh dich aus und gib mir die Scheißkamera.« Maxie überlässt ihm die Kamera und weicht zurück an die Wand – möglichst weit weg von diesen Typen. Er zieht das Jackett und das Hemd aus, dann lässt er die Hose fal-
len. Die Schuhe hat er noch an. Also setzt er sich auf den Boden und fängt an, die Hose nach unten zu schieben, bis sie in einem Knäuel um seine Fußgelenke hängt. Frankie fordert ihn auf, sich zu beeilen. Seine vier Kollegen grinsen. Plötzlich zieht Maxie die
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