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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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und winkte sie mit seinem Glas ins Haus. Mit zusammengekniffenen Augen schielte er zum grauen Himmel. »Immer dieses unfreundliche Wetter.«
    Gurney forschte in Getz’ Gesicht nach irgendwelchen Anzeichen, dass die Bemerkung vielleicht humorvoll gemeint war, doch er wurde nicht fündig.
    Die Innenausstattung des Hauses war genauso aggressiv modern und kantig wie das Äußere – überwiegend Leder, Metall, Glas, kalte Farben, geweißte Eichenböden.
    »Was möchten Sie trinken, Detective?«
    »Nichts.«
    »Nichts. Aha. Und Sie, Ms. Corazon?« Er verlieh dem Namen eine übertrieben spanische Färbung, die zusammen mit seinem Grinsen wie eine lüsterne Liebkosung wirkte.
    »Einfach ein Glas Wasser vielleicht.«
    »Wasser.« Nickend wiederholte er das Wort, als hätte sie eine interessante Bemerkung gemacht. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.« Mit seinem Glas deutete er auf einen Sitzbereich vor einem Fenster in Kathedralengröße. Noch während er sprach, flog plötzlich eine junge Frau in einem hautengen schwarzen Trikotanzug auf unheimlich leisen Rollerblades durch den weiten Raum und verschwand durch eine Tür in der hinteren Wand.
    Getz schritt voran zu einer Gruppe von sechs Sesseln aus gebürstetem Aluminium, die einen ovalen Acryltisch umstanden. Über seinen Mund zog die Imitation eines Lächelns, dem jede Wärme fehlte.
    Nachdem sie sich an den niedrigen Tisch gesetzt hatten, schoss die Skaterin erneut durchs Zimmer und verschwand durch eine andere Tür. »Claudia«, verkündete Getz augenzwinkernd, als würde er ein Geheimnis preisgeben. »Niedlich, oder?«
    »Wer ist das?« Anscheinend hatte die Vorführung Kim ein wenig aus der Fassung gebracht.
    »Meine Nichte. Sie wohnt vorübergehend bei mir. Sie skatet gern.« Er machte eine Pause. »Aber jetzt zum Geschäft.« Wie um zu unterstreichen, dass die Zeit für Small-Talk vorbei war, verflüchtigte sich das Lächeln. »Ich hab großartige Neuigkeiten für Sie. Die Mordwaisen haben in unserer Zuschauerumfrage super abgeschnitten.«
    Kim wirkte eher verwirrt als erfreut. »Umfrage? Wie haben Sie …«
    Getz unterbrach sie. »Wir haben ein hauseigenes System zum Testen von Programmkonzepten. Wir realisieren einen aussagekräftigen Ausschnitt der Sendung und stellen ihn über Podcast einer repräsentativen Zuschauergruppe vor, von der wir ein Echtzeitfeedback bekommen. Die Vorhersagegenauigkeit ist fantastisch.«
    »Und was für Material haben Sie verwendet? Meine Interviews mit Ruth und Jimi?«
    »Ausschnitte. Aussagekräftige Ausschnitte. Und ein paar Zusatzinformationen zum besseren Verständnis.«
    »Aber diese Interviews wurden mit meinen Amateurkameras gedreht. Sie waren nicht gedacht für …«
    Getz lehnte sich über den Tisch. »Wie sich rausgestellt hat, ist das Amateurhafte in diesem Fall perfekt. Manchmal ist dieser unfertige Stil exakt das Richtige. Er wirkt ehrlich. Genau wie Ihre Persönlichkeit. Ernst. Offen. Jung. Unschuldig. Wissen Sie, auch das haben wir von unseren Testzuschauern erfahren. Eigentlich dürfte ich Ihnen das gar nicht erzählen, doch ich tu es trotzdem. Weil ich möchte, dass Sie mir vertrauen. Die Leute lieben Sie. Sie sind absolut begeistert von Ihnen! Ich glaube also, dass wir da eine Zukunft vor uns haben. Wie finden Sie das?«
    Kim stand der Mund offen. »Ich weiß nicht. Ich meine … die haben schließlich nur den Ausschnitt eines Interviews gesehen.«
    »Garniert mit einer Prise Erklärungen, Denkanstößen – so wie wir es für die richtige Sendung machen würden. Falls es Sie interessiert, der Testlauf für ausgewählte Podcast-Nutzer ist als einstündige Sendung mit vier Programmkonzepten aufgebaut – jeweils dreizehn Minuten. Die Testsendung heißt Hopp oder Top. Manche Leute finden das plump. Aber es gibt einen guten Grund dafür. Es spricht den Bauch an.« Getz intonierte das Wort mit vertraulicher, fast ehrfürchtiger Intensität. »Wollen Sie das Geheimnis für den Erfolg von RAM News erfahren? Das ist es. Wir sprechen den Bauch an. Früher dachten die Sender, Nachrichten sind Nachrichten, und Unterhaltung ist Unterhaltung. Darum haben sie mit ihren Nachrichtenabteilungen Verlust gemacht. Sie glaubten, bei Nachrichten geht es um nackte Fakten, die man so langweilig wie möglich präsentieren muss.« Voller Nachsicht für die menschliche Neigung zu wahnhaftem Denken schüttelte Getz den Kopf.
    Gurney lächelte. »Anscheinend haben es alle falsch gemacht.«
    Wie ein Lehrer, der sich über einen scharfsinnigen

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