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Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Gute Nacht: Thriller (German Edition)

Titel: Gute Nacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Verdon
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durchblicken lassen, dass nichts davon stimmt und dass du genau das beweisen möchtest. Anders ausgedrückt, dass du den ganzen Fall platzen lassen willst.«
    Gurney atmete tief ein. »Dafür hatte ich einen guten Grund.«
    »Einen guten Grund?« Madeleine schien amüsiert. »Natürlich. Du hast immer einen guten Grund.«
    Er schloss kurz die Augen, wie um in der Dunkelheit nach der nötigen Geduld zu suchen. »Ich wollte Holdenfield so beunruhigen, dass sie sich mit dem verantwortlichen FBI -Agenten in Verbindung setzt, einem kalten Fisch namens Trout, und ihn so beunruhigt, dass er sich mit mir in Verbindung setzt.«
    »Warum sollte er das?«
    »Um rauszufinden, ob ich wirklich was über den Fall weiß, das ihn blamieren könnte. Und das würde wiederum mir die Gelegenheit geben rauszufinden, ob er was über den Fall weiß, das unter Verschluss gehalten wird.«
    »Wenn es dein Ziel war, Menschen zu beunruhigen, dann ist deine Strategie voll aufgegangen.« Sie deutete auf seinen Teller, der mit Garnelen und Reis beladen war. »Isst du das noch?«
    »Nein.« Er hörte selbst das Schroffe in seinem Ton und fügte hinzu: »Nicht gleich. Ich geh mal kurz raus, um frische Luft zu schnappen.«
    Er verzog sich in den Flur und schlüpfte in eine leichte Jacke. Als er durch die Seitentür hinaus in die Abenddämmerung trat, hörte er, wie Kyle mit leiser, vorsichtiger Stimme etwas zu Madeleine sagte.
    Die Worte waren fast unverständlich, nur zwei drangen bis an sein Ohr: »Dad« und »wütend«.
    Nachdem sich Gurney auf die Bank am Weiher gesetzt hatte, machte sich rasch Dunkelheit breit. Zerbrechliches Mondsilber hinter einer dichten Wolkendecke zeichnete die Welt um ihn herum in undeutlichen Konturen.
    Der Schmerz in seinem Unterarm war wieder da. Er kam
und ging ohne nachvollziehbaren Zusammenhang mit einer Bewegung, einer bestimmten Position oder der Muskelspannung des Arms. Die Empfindung verstärkte seine Frustration über Holdenfields Verhalten am Telefon, über seine eigene Aggressivität und über Kims heftige Reak-
tion.
    Zwei Dinge gingen ihm durch den Kopf – Dinge, die zueinander im Widerspruch standen. Einerseits war kühle und rigorose Objektivität immer die Grundlage für seinen Erfolg als Ermittler gewesen. Andererseits war es fraglich, ob er diese Objektivität jetzt überhaupt noch besaß. Er argwöhnte, dass seine langsame Genesung, das Gefühl der Verletzlichkeit und der Eindruck, auf dem Abstellgleis gelandet zu sein – die Furcht vor der Bedeutungslosigkeit –, eine Aufregung und Wut in ihm ausgelöst hatten, die sein Urteil trübten.
    Ohne erkennbare Wirkung auf den Schmerz rieb er sich den Unterarm. Es war fast, als säße der Ursprung woanders, vielleicht in einem eingeklemmten Nerv im Rücken, und als würde sein Gehirn die Entzündung falsch lokalisieren. Wie die Sache mit dem Tinnitus, wo das Gehirn eine neurale Störung als blechernes Pfeifen deutete.
    Doch trotz aller Selbstzweifel, trotz dieser nagenden Unsicherheit – wenn er alles, was er hatte, auf die eine oder die andere Seite hätte setzen müssen, hätte er dar-auf gewettet, dass irgendwas am Fall des Guten Hirten nicht stimmte, dass irgendetwas faul daran war. Sein fein ausgebildetes Gespür für Diskrepanzen hatte ihn noch nie im Stich gelassen, und er konnte sich nicht vorstellen …
    Sein Gedankengang wurde von einem Geräusch unter-
brochen, das wie Schritte klang und ungefähr aus der Richtung der Scheune kam. Als er hinüberspähte, bemerkte er ein Licht, das sich auf der Wiese zwischen der Scheune und dem Haus bewegte. Dann wurde ihm klar, dass jemand mit einer Taschenlampe in der Hand den Wiesenpfad zu ihm herunterkam.
    »Dad?« Es war Kyles Stimme.
    »Ich bin hier drüben«, rief Gurney. »Am Weiher.«
    Der Lichtstrahl glitt in seine Richtung und fand ihn. »Treiben sich hier in der Nacht irgendwelche Tiere rum?«
    Gurney lächelte. »Keine, die auf eine Begegnung mit dir scharf wären.«
    Wenig später stand Kyle neben der Bank. »Darf ich mich zu dir setzen?«
    »Natürlich.« Gurney rutschte ein wenig, um Platz zu machen.
    »Mann, das ist wirklich dunkel hier draußen.« Aus dem Wald auf der anderen Seite des Weihers drang ein Geräusch, als wäre etwas heruntergefallen. »Scheiße, was war das?«
    »Keine Ahnung.«
    »Bist du sicher, dass hier keine Tiere rumlaufen?«
    »Der Wald ist voller Tiere. Rehe, Bären, Füchse, Kojoten, Rotluchse.«
    »Bären?«
    »Schwarzbären. Normalerweise harmlos. Außer sie haben

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